Pinke Seen: So entsteht die einzigartige Färbung
Die pink-roten Gewässer kommen weltweit vor. Damit sich Wasser pink färbt, müssen bestimmte Vorraussetzungen erfüllt sein.
Pinke Seen, wie dieser hier in der Nähe von Melbourne/ Australien sind ein optisches Highlight. Damit sich Wasser pink färbt, müssen bestimmte Vorraussetzungen erfüllt sein.
Pinke Seen sind ein einzigartiges Naturphänomen, das jedoch weltweit vorkommt. So finden sich die eindrucksvollen, pinken Gewässer in Australien, Mexiko, Kanada, Bolivien, Aserbaidschan, sowie im Senegal oder auf der Krim. Wer in Europa ein pinkes Gewässer live erleben will, kann zu den „Salinas de Torrevieja“ nach Spanien oder den "Salins du Midi" in Frankreich reisen.
Mikroorganismen erzeugen pinke Färbung
Für die Entstehung und den Fortbestand von pinken Seen müssen einige natürliche Vorraussetzungen erfüllt sein, erklärt der Umweltmikrobiologe Torsten Thomas, Professor am Centre for Marine Science and Innovation der School of Biological, Earth and Environmental Sciences an der University of New South Wales in Sydney: „Ein Grund für die pink-rote Färbung der Gewässer sind Mikroorganismen. Die zwei dominanten Organismen, die in solchen pinken Seen gefunden werden, sind die eukaryotische Mikroalge Dunaliella salina und die Haloarchaeen. Archaeen bilden neben den Eukaryoten und den Bakterien die dritte Domäne des Lebens. Sie sind ebenfalls Mikroorganismen, deren Gruppe der Haloarchaeen in extrem salzhaltigen Wasser vorkommen.“
Haloarchaeen wurden lange auch als Halobakterien bezeichnet, weshalb oft, nicht korrekt in der Bezeichnung, Bakterien für die pinke Färbung der Seen verantwortlich gemacht werden. „Die einzellige, eukaryontische Zelle der Alge ist nah verwand mit menschlichen Körperzellen. Archaeen sind zwar auch einzellige Mikroorganismen, doch sie unterscheiden sich strukturell stark von Bakterien“, so der Umweltmikrobiologe.
Die pinke Färbung wird demnach nicht von Bakterien, sondern Eukaryoten und Archaaen erzeugt. Die eukaryotische Mikroalge Dunaliella salina ist an das Leben in sehr salzhaltigen Gewässern angepasst und speichert unter den richtigen Vorraussetzungen große Mengen an β-Karotin. Sie ist photosyntetisch aktiv und braucht deshalb relativ viel Licht. „Während die Mikroalgen β-Karotine anreichern, das selbe Pigment das wir beispielsweise aus der Möhre kennen, haben Haloarchaeen ein anderes rotes Pigment: das ein Rhodopsin, das ähnlich wie das Pigment in unseren Augen ist. Je nachdem welcher Organismus in einem See dominant ist, verändert sich die Schattierung der Farbe: Manchmal sind die Seen ein bisschen mehr Pink, manchmal ein bisschen mehr rötlich gefärbt“.
Die Mikroorganismen gelangen über natürliche Verstreuungsprozesse in die Seen, wie Prof. Thomas erklärt: „Mikroorganismen verbreiten sich relativ schnell und einfach. Fliegt zum Beispiel ein Vogel, der ein bisschen davon an seinen Füßen hat, von einem See zum nächsten, sind die Seen infiziert. Zudem können die Organismen auch im Meer eine zeitlang überleben und von dort aus in einen Salzsee übertragen werden. So gelangen die Mikroorganismen zum Beispiel in Lagunen, die bei Hochwasser mit Salzwasser überschwemmt wurden.“
Um für eine pinke Färbung der Gewässer zu sorgen, müssen die Mikroorganismen lange genug leben, um sich massenhaft zu vermehren und die Pigmente in ausreichender Menge zu produzieren. Für ein zahlreiches Vorkommen müssen wiederum vier Grundvorraussetzungen erfüllt sein: Ein sehr hoher Salzgehalt im Wasser, relativ hohe Temperaturen, viel Licht und ausreichend vorhandene Nährstoffe.
Hoher Salzgehalt und hohe Temperaturen
Die meisten pinken Seen liegen in der Nähe des Meeres. Nur so kann die Bedingung des hohen Salzgehaltes im Wasser erfüllt werden. „Werden Lagunen vom Meer abgetrennt, oder fliesst in Überschwemmungsgebieten salzhaltiges Wasser ein, trocknen die entstandenen Seen bei hohen Temperaturen durch Verdunstung aus. Damit steigt der Salzgehalt weit über den des Meeres an, und die zwei verantwortlichen Arten von Organismen können dort anwachsen“, so der deutsche Wissenschaftler aus Sydney.
Weisse Salzberge der "Salins du Midi" bei Aigues-Mortes in der Camargue: Nach der Salzernte fliesst wieder frisches Salzwasser in die Salinen und die pinke Färbung lässt nach - solange bis der Salzgehalt im Wasser durch Verdunstung wieder steigt.
Deshalb kommt eine pinke Färbung neben den natürlich entstandenen Gewässern auch oft in den angelegten Salzbecken der Salinen vor, wie auch in den spanischen Salinas de Torrevieja. Teilweise finden sich die von den Mikroorganismen produzierten Farbstoffe, auch in Form einer pinken Färbung im Salz wieder.
Gute Lichtverhältnisse
Da die Mikroalgen photosynthetisch aktiv sind, brauchen sie relativ viel Licht. An pinken Seen, wie dem australischen „Lake Hillier“ oder den „Las Coloradas“ in Mexiko, sind die Lichtbedingungen weitestgehend konstant, weshalb sie fast durchgängig eine pinke Färbung zeigen. „Der Lake Hillier ist langfristig pink. Dort passen die Rahmenbedingungen demnach immer: Die Versorgung mit Nährstoffen funktioniert sehr gut, und die Mikroorganismen können gut überleben, auch wenn die anderen Umweltbedingungen wie Licht oder Temperatur nicht so ideal sind.“
An anderen pinken Seen, wie dem „Masazir Gol“ in Aserbaidschan und auch in Spanien, leuchtet das Wasser dagegen nur in den Sommermonaten extrem pink. Torsten Thomas erzählt zur Veranschaulichung von Seen in der Antarktis, „in denen die Archaeen auch vorkommen, jedoch nicht in hohen Zahlen, da es dort im Winter dunkel ist. Im Sommer könnten die Organismen unter den veränderten Lichtverhältnissen auch blühen und gedeihen, doch die Temperaturen sind dafür im allgemeinen zu niedrig, weshalb die Wachstumsraten sehr langsam sind. Es muss also immer eine Summe an Umweltbedingungen erfüllt sein: Ein hoher Salzgehalt und die richtige Temperatur, damit die Mikroorganismen schnell wachsen können; und genug Licht, damit die photosynthetischen Mikroalgen sehr aktiv sein können.“
Nährstoffe müssen zufließen
Wie alle Seen brauchen auch pinke Seen Nährstoffe, wie Stickstoff und Phosphate, um Lebewesen sowie Mikroorganismen das Leben zur ermöglichen. „Solche Nährstoffe sind ja mehr oder minder die Materie des Lebens“, merkt der Umweltmikrobiologe an. „Den Kohlenstoff bringen die Mikroalgen aus der Atmosphäre ins System, indem sie das Kohlendioxid fixieren. Den organischen Kohlenstoff können auch Archaeen nutzen. Zudem braucht man Stickstoff und Phosphat. Solche extrem pinken Seen, mit wirklich ganz dichten mikrobiellen Kulturen und dichten Zellzahlen, entstehen nur, wenn man Stickstoffe, Phosphate und andere Spurenelemente in den Seen hat, die natürlich, durch einen kleinen Fluss einlaufen oder vom Umland eingewaschen werden. Ist diese letzte Voraussetzung nicht erfüllt, werden diese pinken Seen auch nicht so weiterblühen.“
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Biotop und Badespaß
Wird ein pinker See nicht kommerziell genutzt, bietet er als natürliches Biotop einen Lebensraum für Mikroalgen, Haloarchaeen und auch für kleine Garnelenarten, die in der Lage sind, den hohen Salzgehalt zu tolerieren. Höhere Organismen wie Fische kommen mit dem hohen Salzgehalt nicht klar. Für Touristen bieten pinke Seen nicht nur ein einmaliges visuelles Erlebnis, sondern können auch zum Schwimmen genutzt werden. Dabei kann der hohe Salzgehalt positive Effekte auf den menschlichen Organismus haben. „Schwimmen kann man schon, man wird durch den größeren Auftrieb aber nicht tauchen können, sondern eher auf der Oberfläche gleiten, ähnlich wie im Toten Meer. Trinken darf man das Wasser natürlich nicht, wie man allgemein kein Salzwasser in großen Mengen trinken sollte, weil das zur Plasmolyse führt.“
Pinke Baggerseen in Deutschland?
Sind die Voraussetzungen oben erfüllt, kann ein See pink werden. „Dieses Phänomen kann nicht in jedem See auftreten, auch wenn die Vorstellung schön wäre“, verneint Prof. Thomas lachend. „Ein Baggersee oder Gartenteich in der Mitte von Deutschland wird nicht plötzlich pink. Insbesondere der hohe Salzgehalt und die hohen Temperaturen, sind einfach nicht gegeben.“
Um pinke Seen mit den eigenen Augen zu sehen, muss man also eine Reise tun. Lässt man die pinken Seen in Ruhe, stehen die Chancen gut, dass sie auch in den nächsten Jahrzehnten noch ihre Färbung behalten. „Nur wenn die Salzseen keinen natürlichen Wasserzufluss mehr haben, werden sie zu Salzkrusten. Sind sie komplett ausgetrocknet, ist auch die Mikrobiologie am Ende, denn auf purem Salz kann nichts wachsen. Es muss immer ein bisschen Wasser geben.“ Diese Gefahr läuft beispielsweise der Lake Retba (auch Lac Rosé genannt) im Senegal, der besonders während der Trockenzeit von November bis Juni in intensivem Pink leuchtet: Die Oberfläche des Salzsees am Atlantik ist in den letzten Jahrzehnten um einen Quadratkilometer geschrumpft.
Torsten Thomas ist Professor am Centre for Marine Science and Innovation der School of Biological, Earth and Environmental Sciences an der University of New South Wales in Sydney. Der deutsche Umweltmikrobiologe untersucht im Namen der Wissenschaft die Gewässer rund um die Welt.
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