Stadt der Zukunft? Wie Dachbegrünung die Folgen des Klimawandels bremsen kann

Trockene Luft und sengende Hitze zwischen Häuserblocks: Das Leben in der Stadt kann im Sommer sehr belastend sein. Abhilfe könnte der verstärkte Bau von Dachbegrünungen sein. Erfahren Sie, wie effektiv begrünte Dächer die Lebensqualität steigern können.

Von Isabella Neber
Veröffentlicht am 10. Feb. 2023, 14:55 MEZ
Grüne Stadt der Zukunft

In der Zukunft könnten Städte weitaus grüner sein, als sie es heute sind. 

Foto von stock.adobe.com/Blue Planet Studio

Eine gute Infrastruktur und ein vielfältiges Kultur- und Freizeitangebot: Das Leben in der Stadt bietet noch immer viele Vorteile. Im Jahr 2021 lebten rund 77,5 Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands in Städten. Alleine in Berlin, Hamburg und München leben über sieben Millionen Menschen.

Städte werden im Sommer zu Hitzeinseln

Doch aufgrund der dichten Bebauung zeichnet sich der Lebensraum Stadt heute durch viele betonierte und asphaltierte Oberflächen aus - der Boden ist versiegelt, die natürliche Oberfläche fast vollständig abgeschlossen, was einen großen Einfluss auf das Klima in der Stadt nimmt. Die Sommermonate sind dort heißer und stickiger, die Luft trockener. Da die Hitzeperioden durch den Klimawandel tendenziell länger werden, verstärkte sich der Effekt in den letzten Jahren deutlich. Die Anzahl der Tage mit einem Lufttemperatur-Maximum von über 30 Grad Celsius steigt jährlich.

Die Tage mit einem Lufttemperatur-Maximum über 30 Grad Celsius nehmen zu. 

Foto von DWD

Städte entwickeln sich so im Sommer zu regelrechten Hitzeinseln. Ist die Temperatur in Städten ganzjährig etwa ein bis drei Grad höher als im Umland, so kann im Sommer ein Temperaturunterschied von bis zu 10 Grad Celsius plus in der Stadt gemessen werden. Dies beeinflusst die Lebensqualität enorm. 

Denn die zunehmende Hitzebelastung ist auch von gesundheitlicher Bedeutung: Das Risiko für Herzinfarkte und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt enorm. Hohe Außentemperaturen erweitern die Gefäße, der Blutdruck sinkt und es kommt zu Schwindel, Müdigkeit und Schwächegefühlen. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts sind im Sommer 2022 in Stadt und Land etwa 4500 Menschen infolge von Hitze in Deutschland gestorben. 

 Stadtentwicklung: Das kann Dachbegrünung bewirken

Eine große Aufgabe der zukünftigen Stadt- und Gebäudeplanung ist es, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Mehr Platz für Natur und Pflanzen kann dabei einen wichtigen Beitrag leisten. Grünanlagen werten Städte nicht nur auf, sie verbessern die Luftqualität und machen Städte lebenswert. Da es in der Stadt schwer ist, Platz für neue Grünanlagen und Parks zu schaffen, gibt es den Ansatz, bislang ungenutzte Flächen wie Hausdächer und Hausfassaden zu begrünen. 

Dachbegrünung hat gerade in nordischen Ländern wie Skandinavien und Island eine lange Tradition. Die bewachsenen Dächer kühlen im Sommer, schränken im Winter den Wärmeverlust ein und fügen sich dabei harmonisch in die Landschaft ein.

BELIEBT

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    Die begrünten Dächer fügen sich ideal in die norwegische Landschaft ein. 

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    Begrünte Dächer können in Städten einen großen Beitrag zur Schaffung von Grünflächen leisten. Zusätzlich sparen Hausbewohner durch die gute natürliche Dämmung Energiekosten. Regenwasser wird zurückgehalten und kann langsam wieder verdunsten. Diese Luftbefeuchtung ermöglicht eine Abkühlung von bis zu drei Grad Celsius. Die Bindung von Regenwasser ist zugleich ein wichtiger Hochwasserschutz bei starken Regenfällen. Wegen ihrer vielfachen positiven Eigenschaften wurden Dachbegrünungen bereits im Jahr 2012 in einer Kosten-Nutzen-Analyse des Umweltbundesamts für konkrete Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel als sehr effektiv bewertet – Dämme gegen Überflutungen oder der Ausbau der Kanalisation schnitten bei der Bewertung im Verhältnis schlechter ab als Gründächer. 

    Auch die Lärmbelastung in Stadthäusern kann durch begrünte Dächer gemindert werden. Immergrüne, Laub tragende Pflanzen dämmen den Schall. Zudem leistet die Dachbegrünung einen wichtigen Beitrag gegen die Feinstaubbelastung in Großstädten: Ein Quadratmeter Dachbegrünung kann laut Umweltbundesamt jährlich bis zu fünf Kilogramm CO 2 binden und filtert pro Jahr ca. 0,2 Kilogramm Schwebeteilchen aus der Luft.

    Dachbegrünung als Lebensraum für Mensch und Tier

    Je nach Größe, Zugangsmöglichkeit und Dachart kann die Dachbegrünung so gestaltet sein, dass sie Menschen einen natürlichen Erholungs- und Rückzugsraum bietet. Bei dieser Art der Intensivbegrünung werden auf dem Dach Rasen, Stauden, Sträucher und sogar Bäume angepflanzt. Es können Sitzgelegenheiten im Grünen, sowie Platz für Hochbeete geschaffen werden.

    Des Weiteren bilden Gründächer einen wertvollen Lebensraum für Pflanzen und Tiere - wie gefährdete Vögel, Wildbienen, Schmetterlinge und Käfer. Wenn das Gründach nicht auch Menschen als Erholungsfläche dienen soll, reicht bei extensiver Dachbegrünung sogar eine Aufbaudicke von sechs bis zwanzig Zentimetern, um niedrigwüchsige Moose und Gräser anzupflanzen. Dies ist ideal geeignet für Garagen oder Hallen mit leichter Dachkonstruktion. Ein weiteres Plus: Extensiv begrünte Dächer sind sehr pflegeleicht. Bei der Planung eines Gründachs sollten jedoch immer Architekten und Gärtner herangezogen werden. Vor allem bei Flachdächern spielt die Belastbarkeit eine wichtige Rolle. 

    Das Dach der Skyline Plaza in Frankfurt am Main ist das ganze Jahr über grün.

    Foto von stock.adobe.com/Branko Srot

    Vorzeigeprojekt in Frankfurt am Main: Der Skyline Garden

    Nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen hat der Skyline Garden auf dem Dach der Skyline Plaza in Frankfurt am Main die Platin-Zertifizierung erhalten. Der rund 7.300 Quadratmeter große Dachgarten ist das ganze Jahr über begrünt. Sogar Kiefern, Platanen und Himalaya Birken wachsen auf dem Dach. Regenwasser wird in einer eigenen Zisterne zurückgehalten und zur Bewässerung der Pflanzen genutzt. Mitten in der Stadt können Besucher sich hier im Grünen erholen und die Aussicht auf den Europa-Boulevard genießen.

    Dachbegründung ist eine gute Möglichkeit, um das Stadtbild nachhaltig zu verändern und das Leben in Städten angenehmer zu machen. Biodiversität, Luftqualität und Mikroklima werden verbessert, Temperaturschwankungen besser ausgeglichen und zudem schenken Dachgärten den Stadtbewohnern als grüne Oasen einen erholsamen Ort im Freizeitbereich. Viele Kommunen und Städte bieten auch für Privatpersonen Förderprogramme zur Dach- und Fassadenbegrünung an. Die Stadt der Zukunft könnte somit viel grüner und naturnaher sein als heute. 

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