Die Fossilwälder der Antarktis

Einst trotzten uralte Bäume dem Wechsel aus ewiger Nacht und endlosen Sommern, bevor sie dem größten Massenaussterben der Erdgeschichte zum Opfer fielen.

Von Elaina Zachos
Veröffentlicht am 17. Nov. 2017, 16:57 MEZ
„260 Millionen Jahre altes Fossil entdeckt ... in der Antarktis“, lautet ein Tweet vom Scitech-Account.
Foto von @scitecho

Es war Sommer in der Antarktis, als sich Erik Gulbranson und John Isbell auf die Jagd machten.

Eingepackt in dicke Parkas, um sich vor den eisigen Temperaturen, den stürmischen Winden und den grellen Tagen mit 24 Stunden Sonnenlicht zu schützen, suchten sie mit einem internationalen Forscherteam nach Fossilien. Zwischen November 2016 und Januar 2017 erklommen sie die Hänge des Gebirges McIntyre Promontory hoch über den Eisfeldern und Gletschern. Sie durchkämmten das graue Sedimentgestein des Transantarktischen Gebirges nach Hinweisen. Am Ende der Expedition hatten sie 13 Fossilfragmente von Bäumen entdeckt, die mehr als 260 Millionen Jahre alt sind und aus der Zeit des größten Massensterbens der Erdgeschichte stammen.

Die Entdeckung der Fossilien ist ein Hinweis auf die grüne, bewaldete Vergangenheit des kältesten und trockensten Kontinents der Erde. 

EINE GRÜNE GESCHICHTE

„Der ganze Kontinent war deutlich wärmer und feuchter als heute“, sagt Bulbranson, ein Professor der Universität von Wisconsin-Milwaukee. Die Landschaft war dicht bewachsen und hätte ein Netzwerk aus nur ein paar widerstandsfähigen Pflanzenarten aufgewiesen, die ähnlich wie die borealen Wälder im heutigen Sibirien den extremen Bedingungen standhalten konnten.

„Seltsamerweise wären diese Gebiete nah an ihrem heutigen Breitengrad gewesen“, fügt er hinzu.

RETTUNG EINES STÜCKS ERDGESCHICHTE

Die Fossilien konservierten die biologischen und chemischen Eigenheiten der alten Bäume. Sie werden den Forschern dabei helfen, diese Ökosysteme in den höheren Breitengraden zu untersuchen und herauszufinden, warum einige Pflanzen das Massensterben überlebten, während andere das nicht schafften. Zudem wurden auch Mikroorganismen und Pilze in dem versteinerten Holz erhalten.

Die Fundstücke erinnern an die versteinerten Wälder im Yellowstone-Nationalpark, die entstanden, als der Ausbruch des Yellowstone die lebenden Bäume unter Asche und anderem Material begrub.

„Das sind im Grunde einige der am besten erhaltenen Fossilien des Planeten“, sagt Gulbranson. „Die Pilze im Wald wurden wahrscheinlich innerhalb von Wochen mineralisiert und versteinert, in manchen Fällen vermutlich sogar, als der Baum noch lebte. Solche Dinge geschehen unglaublich schnell. Man hätte es selbst beobachten können, wenn man dagewesen wäre.“

Die Forscher fanden heraus, dass die prähistorischen Pflanzen sich sehr rasch auf die wechselnden Jahreszeiten einstellen konnten, vermutlich im Laufe eines Monats. Heutige Pflanzen brauchen hingegen Monate für diesen Wechsel und speichern Wasser je nach Tageszeit unterschiedlich. Die Bäume der Vorzeit konnten jedoch schnell zwischen den ewig dunklen Wintern und den immer sonnigen Sommern wechseln.

„Irgendwie haben es diese Pflanzen geschafft, nicht nur vier bis fünf Monate in kompletter Dunkelheit zu überleben, sondern auch vier bis fünf Monate in immerwährendem Licht“, sagt Gulbranson. „Wir verstehen noch nicht vollständig, wie sie es geschafft haben, mit diesen Bedingungen fertig zu werden – nur, dass sie es irgendwie schafften.“

MASSENSTERBEN

Das Perm, die Zeitperiode vor 299 bis 251 Millionen Jahren, zeichnet sich durch die Entstehung des Superkontinents Gondwana aus. Die gigantische Landmasse, die aus mehreren Kontinenten bestand (darunter die Antarktis, Südamerika, Afrika, Indien, Australien und außerdem die arabische Halbinsel), war von Umweltextremen geplagt. Im Süden, der zwischen langen, dunklen Wintern und ewigen Sommern wechselte, dominierten Eiskappen, während der Norden großer Hitze und dem Wechsel der Jahreszeiten unterlagen.

Die prähistorischen Tiere lernten, mit diesem Extremen umzugehen, bis sich an der Perm-Trias-Grenze vor rund 252 Millionen Jahren das größte Massenaussterben der Erdgeschichte ereignete. Laut Gulbranson wurde es vermutlich durch vulkanische Aktivität im heutigen Sibirien ausgelöst. Das Ereignis löschte über 90 Prozent der Meereslebewesen und 70 Prozent der Landtiere aus und bereitete den Weg für die Dinosaurier.

BLICK IN DIE ZUKUNFT

Das Team möchte seine Forschungen in der Antarktis fortsetzen und in den kommenden Wochen auf den Kontinent zurückkehren. John Isbell und andere Forscher sind bereits auf dem Weg dorthin und Gulbranson wird am 23. November zu ihnen stoßen.

„Es ist definitiv noch immer ein rauer und schwieriger Ort für einen menschlichen Aufenthalt“, sagt Gulbranson.

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