Eine Aurora namens STEVE

In Kanada hat man eine neue Art von Aurora entdeckt. An der weiteren Forschung kann sich theoretisch jeder beteiligen.

Von Ramin Skibba
Veröffentlicht am 15. März 2018, 17:17 MEZ
STEVE und die Milchstraße
STEVE und die Milchstraße über dem Childs Lake in Manitoba, Kanada.
Foto von Krista Trinder

Die Polarlichter verzaubern Himmelsbeobachter schon seit Jahrtausenden, aber in den letzten Jahren haben wachsame Beobachter und Fotografen eine neue Art von Aurora entdeckt: eine kurzlebige, violette Plasmaschliere. Ihre faszinierende Entdeckung hat die Aufmerksamkeit von Weltraumforschern erregt, die gerade erst damit begonnen haben, das Phänomen zu untersuchen.

„Engagierte Aurorajäger, besonders aus dem kanadischen Alberta, waren mitten in der Nacht draußen, blickten nordwärts und machten wunderschöne Bilder. Dann sahen sie zufällig auch weiter südlich einen schmalen, violetten Bogen“, sagt Elizabeth MacDonald, eine Weltraumphysikerin am Goddard Space Flight Center der NASA in Maryland, USA. An der Entstehung dieser Art von Aurora sind andere physikalische Prozesse beteiligt.

MacDonald leitete ein Team, dass die Aurora beobachtete, indem es einen Swarm-Satelliten der ESA hindurchschickte. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass es sich um eine Manifestation beschleunigter und erhitzter geladener Teilchen von der Sonne handelt, die mit einem bestimmten Teil des Erdmagnetfelds in der Ionosphäre interagieren. Das Team veröffentlichte seine Ergebnisse in „Science Advances“.

Die zivilen Aurorabeobachter waren sich nicht ganz sicher, was genau sie da gesehen hatten, weshalb sie die seltsame Aurora einfach „Steve“ tauften. Der Name blieb hängen, und MacDonald und ihr Team schlugen das Backronym Strong Thermal Emission Velocity Enhancement (STEVE) vor. Wissenschaftler sind sich der Existenz geladener Teilchenströme in niedrigen Breitengraden schon länger bewusst. Dass diese Ströme allerdings Auroras hervorbringen können, die mit dem bloßen Auge zu sehen sind, war ihnen neu. Im Zeitalter der Smartphones und Digitalkameras, die mit dem Equipment mithalten können, das professionelle Wissenschaftler vor einigen Jahren zur Verfügung hatten, kann jeder am richtigen Ort diese seltenen Auroras einfangen, die etwa eine Stunde andauern.

Was ist das Besondere an STEVE?

Im Gegensatz zu roten, grünen und gelben Auroras, die wie ein langer, wallender Vorhang wirken, erscheint STEVE als langes, violettes Band am Himmel. Manchmal taucht die Aurora zusammen mit instabileren, grünen Formationen auf, die an einen Palisadenzaun erinnern. Mitunter hat man das Phänomen schon mit sogenannten „Proton Arcs“ (dt. Protonenbögen) verwechselt, aber STEVE ist schmaler und hat klarere Grenzen.

Stattdessen bringen MacDonald und ihre Kollegen STEVE mit einem „Subauroral Ion Drift“ in Verbindung, also einer Ionenströmung unterhalb der üblichen Polarlichtgrenze. Diese treten ungefähr 60 Grad über dem Äquator auf, wo die Ausrichtung des elektrischen und magnetischen Felds der Erde dafür sorgt, dass Ionen und Elektronen schnell von Osten nach Westen strömen und dabei erhitzt werden. Die Auroras scheinen saisonal aufzutreten und mit den Sonnenwinden zu korrelieren.

„Weil das eine neue Art ist, Phänomene zu beobachten, die mit dem Weltall zu tun haben, bietet sie auch eine neue Möglichkeit, diese zu untersuchen“, sagt Vassilis Angelopoulos, ein Weltraumphysiker der UCLA, der an der Studie nicht beteiligt war. „Citizen Scientists können sich auch daran beteiligen, sie zu triangulieren und ihre Höhe zu bestimmen.“

BELIEBT

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    Eine Auroraform namens STEVE über dem Minnewanka-See im kanadischen Alberta.
    Foto von Paulo Fedozzi

    Auf der Jagd nach dem Licht

    Da das Interesse an dieser Auroraform zugenommen hat, planen MacDonald und andere Wissenschaftler, sie eingehender zu untersuchen und herauszufinden, wie genau sie zustande kommt. Derweil werden engagierte Laien weiterhin die Augen offenhalten. Das ist nicht ganz unwichtig: Wenn mehrere Leute dieselbe Aurora von verschiedenen Orten aus beobachten, können Wissenschaftler mit Hilfe dieser Beobachtungen auf die Höhe des Phänomens schließen.

    Amateurastronomen auf der Jagd nach STEVE empfiehlt MacDonald, sich die App ihres Projekts Aurorasaurus herunterzuladen, die eine Benachrichtigung schickt, wenn die Aurora auftaucht.

    MacDonald zieht einen Vergleich zu den zahlreichen Beiträgen, die Laien und Amateure im Bereich der Ornithologie geleistet haben, wenn sie sagt: „STEVE zu finden, ist wie die Entdeckung einer neuen Vogelart.“

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    Video1:13

    Zeitraffer zeigt Polarlicht vom Weltraum aus

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