Drei Milliardäre und ihr Wettlauf ins All – Wer wird gewinnen?

Elon Musk will zum Mars, Jeff Bezos zum Mond und Richard Branson mit Touristen ins All. Manch einer sagt, dass sie lieber die Erde retten sollten.

Von Simon Worrall
Veröffentlicht am 14. Apr. 2018, 06:00 MESZ

Sie sind alle unfassbar reich, sie sind alle männlich und sie haben ihren Blick zu den Sternen gerichtet. Elon Musk will zum Mars fliegen. Jeff Bezos von Amazon träumt von einer Mondkolonie. Richard Branson will unter der Virgin-Flagge einen luxuriösen Weltraumtourismus etablieren.

Was motiviert diese Männer? Und sollten sie ihre Milliarden nicht lieber ausgeben, um diesen Planeten zu einem besseren Ort zu machen? Christian Davenport, Autor von “The Space Barons” (dt. Die Weltraum-Barone) sprach mit uns über die starke Konkurrenz zwischen den Milliardären und ihre verschiedenen Ansichten zur Erkundung des Kosmos und erklärt, warum Frauen im Bereich Weltraum noch immer so unterrepräsentiert sind.

Foto von Hachette Book Group

Zwei der Milliardäre, um die sich Ihr Buch dreht – nämlich Jeff Bezos und Elon Musk –, könnten nicht unterschiedlicher sein, was ihren Charakter und ihren Ansatz zur Erkundung des Weltalls angeht. Erzählen Sie uns etwas über deren Persönlichkeit und Pläne.

Sie sind sehr verschieden. Elon Musk ist ein Marketinggenie, das eine Menge Aufmerksamkeit von den Medien bekommt. Einen Großteil dieser Aufmerksamkeit generiert er selbst. Im Gegensatz dazu ist Jeff Bezos viel ruhiger und zurückgezogener. Sein Projekt Blue Origin gibt sich seit vielen Jahren sehr verschwiegen. Die meisten Leute wissen gar nicht, dass es schon seit dem Jahr 2000 existiert – und genau so will es Bezos.

Elon war von Anfang an sehr öffentlich und hat versucht, eine Menge Aufmerksamkeit zu bekommen. 2003 hat er ein Modell seiner Falcon-One-Rakete in der National Mall in Washington vorgeführt und so versucht, die Aufmerksamkeit der NASA auf sich zu ziehen. Er war von Anfang an auf Aufmerksamkeit aus und hat sein Unternehmen sehr schnell vorangebracht. Bezos‘ Motto ist eher: „Langsam bedeutet reibungslos und reibungslos bedeutet schnell“. Er gibt sich damit zufrieden, sehr bedacht und geduldig zu sein. Er nimmt sich Zeit, um seine Schritte methodisch durchzuführen, abseits des Rampenlichts und der öffentlichen Aufmerksamkeit.

Eine Motivation dieser Weltraum-Barone ist der Glaube daran, dass die Erde auf ihre Auslöschung zusteuert. Deshalb wollen sie ihre ganz private „Stairway to Heaven“. Sollten sie ihre Milliarden nicht wie Bill Gates investieren, um diesen Planeten zu verbessern?

Das ist eine sehr gute Frage. Gerade Elon Musk hat gesagt, dass wir einen Reserveplan brauchen, wenn es ein Ausrottungsereignis geben sollte, wenn beispielsweise ein Asteroid die Erde treffen sollte und die Menschheit den Weg der Dinosaurier geht. Dann sollten wir eine Sicherung für die Menschheit haben, so wie man eine Computersicherung auf einer Festplatte macht.

Jeff Bezos sieht das etwas anders. Er sagt, Plan B sollte darin bestehen sicherzustellen, dass Plan A funktioniert: dass die Erde geschützt und erhalten wird. Das erreicht man, indem man in den Weltraum fliegt, weil die Erde begrenzte Ressourcen hat. Es gibt nur eine finite Menge von Kohle und Brennstoff und Gas – aber der Weltraum hat grenzenlose Ressourcen.

Aber ich denke, darüber kann man diskutieren: Ist der Weltraum wirklich die beste Möglichkeit, um ihr Geld zu investieren? Ihre Motivationen sind unterschiedlich. Da gibt es die Motivation, etwas Besseres für die Menschheit zu tun, es gibt wirtschaftliche Motivationen, es gibt die Rivalität zwischen ihnen und dann gibt es da noch das simple Ziel, einfach nur um des Abenteuers willen in den Weltraum zu reisen.

Der dritte Weltraum-Baron hat die Sex Pistols bei seiner Plattenfirma unter Vertrag genommen und hat das Motto „Screw it, let’s do it“ (dt. „Scheiß drauf, machen wir‘s“). Erzählen Sie uns was über Richard Branson und sein Programm Virgin Galactic.

Branson hat alle möglichen verrückten Abenteuer bestritten. Er ist für die Vermarktung seiner globalen Marke Virgin in einem Ballon über den Pazifik geflogen und wollte in Südkalifornien landen. Stattdessen ist er auf einem gefrorenen See in Kanada abgestürzt. Ein anderes Mal wollte er von Maine aus den Atlantik überqueren und im Vereinigten Königreich landen. Aber sein Pilot ist mit dem Fallschirm abgesprungen, sodass Richard die Maschine ganz allein landen musste.

Virgin Galactic will Touren in den Weltraum anbieten und hat dafür ein cooles, sexy Raumfahrzeug namens Spaceship 2 gebaut, das mit einem Mutterschiff verbunden ist. Das würde auf 10.600 bis 12.000 Meter Höhe fliegen, dann würde der Pilot die Triebwerke anwerfen und schon schießt man ins Weltall. Die Tickets kosten um die 250.000 Dollar, aber letztendlich soll der Ticketpreis sinken, damit auch normale Leute ins Weltall reisen können. Dann könnte man seinen Gurt lösen, in der Kabine schweben, aus dem Fenster blicken und die Krümmung der Erde sehen – dieser alles verändernde Anblick, von dem Astronauten seit Jahrzehnten reden.

Das geht allerdings nicht so schnell, wie Branson sich das gedacht hat. Es gab ein paar Rückschläge und Verzögerungen, zum Beispiel durch den tödlichen Absturz 2014, bei dem ein Pilot ums Leben kam. Aber Virgin Galactic hat das Programm weiter vorangetrieben und wir könnten noch dieses Jahr den Start der ersten Flüge erleben.

Eine Rakete ist natürlich auch das ultimative phallische Symbol. Als ich Ihr Buch las, konnte ich nicht anders, als zu denken, dass das letzten Endes nur Schulhofprahlerei zwischen reichen Männern ist: „Meine ist größer als deine“. Oder bin ich da zu oberflächlich?

Wettbewerb ist natürlich der Schlüssel dazu. Unser Wettstreit mit der Sowjetunion hat uns in der Apollo-Ära auch zum Mond gebracht. Damals hat die NASA eine Menge Geld bekommen, war aber im Grunde ein Anhängsel des Pentagon. Der Wettlauf ins All war auf gewisse Weise ein Militärprogramm. Seitdem haben wir Astronauten zur ISS geschickt, aber die ist nur 400 Kilometer entfernt. Sie ist ein eindrucksvolles Ergebnis von Ingenieurskunst, aber nicht so ambitioniert wie eine Reise zum Mond.

Diese Milliardäre haben es geschafft, den Wettbewerb in die Weltraumindustrie zurückzubringen. Sie haben ein neues Rennen ins All gestartet. Zeitweise hat die Spannung zwischen ihnen auch zugenommen. Es gab Rechtsstreitigkeiten, den ein oder anderen Schlagabtausch auf Twitter und viel Hin und Her. Aber ich denke, letztendlich ist ihnen klar, dass sie einander brauchen, dass Wettbewerb etwas Gutes ist. Er wird sie effizienter, sicherer und innovativer machen.

Es hat definitiv auch was damit zu tun, eine große Rakete zu haben. Sie haben offensichtlich riesige Egos und Ambitionen – und es gibt keine größere Ambition als den Weltraum. Das ist eine große Herausforderung. Dafür braucht man nicht nur eine gewaltige Menge an Ressourcen, sondern auch Mut, weil die Chancen für einen Misserfolg so hoch sind.

BELIEBT

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    In Ihrem Buch werden überhaupt nur zwei Frauen (flüchtig) erwähnt. Eine von ihnen, Eva Branson, klingt wie eine richtige Lady. Erzählen Sie uns von ihr und verraten Sie uns, warum der Weltraumsektor so eine Herrenriege ist.

    Eva Branson ist Richards Mutter. Er hat mir erzählt, dass er sein Temperament größtenteils von ihr hat. Sie wollte im Zweiten Weltkrieg helfen und meldete sich als Segelfluglehrer. Dafür musste sie sich als Mann ausgeben. Nachdem Spaceship 2 abgestürzt war und Richard wieder an die Öffentlichkeit trat, um weiterzumachen und das neue Raumfahrzeug vorzustellen, war sie an seiner Seite. Sie hat einen großen Einfluss auf ihn.

    Warum das eine Herrenriege ist? Zumindest im Club der Milliardäre ist es das mit Sicherheit. Was die NASA angeht, fangen die Dinge langsam an, sich ein bisschen zu ändern. SpaceX und Boeing bereiten sich darauf vor, Astronauten zur ISS zu fliegen. Die NASA hat bereits vier Astronauten ausgewählt, die Besten der Besten, und einer davon ist eine Frau. Aber Sie haben recht. Nicht nur der Weltraum, sondern die Luft- und Raumfahrt an sich wird von Männern dominiert, was schon immer so war. Innerhalb der Industrie gibt es aber echte Bemühungen, um Frauen zu fördern. Die SpaceX-Präsidentin Gwynne Shotwell ist die Nummer 2 des gesamten Unternehmens und viele Leute schreiben ihr den Erfolg von SpaceX zu. Sie und Lori Garver, die ehemalige stellvertretende Leiterin der NASA, waren große Fürsprecherinnen für Frauen im Weltraumsektor.

    Infolge des Facebook-Wahlskandals gibt es nun eine lebhafte Debatte darüber, wer das Internet kontrollieren sollte. Brauchen wir die gleiche Debatte nicht auch in Hinblick auf den Weltraum und dessen Regulation, damit er nicht zum Spielplatz einer Gruppe reicher Männer wird?

    Derzeit basiert das für fliegende Individuen auf dem Prinzip der Einwilligung nach erfolgter Aufklärung. Aber neben dem menschlichen Raumflug gibt es auch bereits die Befürchtung, dass der Weltraum zu voll wird. Da oben gibt es bereits eine Menge Trümmer. Und jetzt sprechen manche Unternehmen davon, Hunderte Satelliten in den Orbit zu bringen, und es existiert kein klares System zur Kontrolle. Wer spielt die Rolle des Weltraum-Verkehrspolizisten?

    Die Regierung versucht, sich mit all diesen Fragen zu beschäftigen. Aber die Technologie schreitet so schnell voran, dass sie jegliche Regularien hinter sich lässt. Vor ein paar Jahren fing der Kongress an, sich zu involvieren. Er hat ein Gesetz verabschiedet, laut dem US-Unternehmen, die womöglich in den Weltraum gehen und dort beispielsweise Bergbau an Asteroiden betreiben, die Rechte an allem haben, was sie dort abbauen. Wie das auf internationaler Ebene funktioniert, wurde noch nicht getestet. Bisher hat das nämlich noch niemand getan. Aber das ist etwas, auf das die internationale Weltraumgemeinschaft ihr Augenmerk gerichtet hat.

    Bezos will eine Mondkolonie bauen. Musk zieht es zum Mars. Wer wird als Erster ankommen? Wird der Igel den Hasen schlagen? Oder wird Branson die beiden kurz vorm Ziel noch ausstechen?

    Zwischen Virgin Galactic und Blue Origin gibt es ein Wettrennen darum, zahlende Touristen auf suborbitalen Reisen zum Rande des Luftraums zu fliegen. Da ist nicht klar, wer das als Erster schafft. Beide steuern als Termin noch dieses Jahr an. Elon und SpaceX befinden sich im Wettstreit mit Boeing darum, eine Besatzung zur ISS zu fliegen. Bezos baut eine riesige neue Rakete namens New Glenn, die SpaceXs Falcon 9 Konkurrenz machen wird.

    Wer gewinnen wird und wer nicht, das weiß ich nicht. Elon bekommt eine Menge Aufmerksamkeit und ist allen anderen weit voraus. SpaceX hat schon Milliarden Dollar Gewinn gemacht, indem es kommerzielle Missionen für das Pentagon und die NASA geflogen ist. Die sind mit der Falcon Heavy geflogen, einer riesigen neuen Rakete, die einen Tesla ins All gebracht hat, und Elon redet groß davon, zum Mars zu fliegen.

    Jeff macht sich die Rolle des Igels zu eigen, indem er ruhig und verschwiegen ist, sorgsam Schritt für Schritt vor sich hinarbeitet – aber wild entschlossen, wie er sagt. Er hat nicht annähernd so viel Aufmerksamkeit erhalten, aber ich würde ihn noch nicht abschreiben. Er geht das Thema Weltraum sehr leidenschaftlich und sehr ernsthaft an – und wenn die neue New Glenn fliegt, wird SpaceX echte Konkurrenz bekommen.

    Branson will suborbitale Touristenflüge veranstalten, was mehr in seine Sparte Freizeit und Entertainment passt. Sein Ziel ist es, eines Tages auch Direktflüge anzubieten, bei denen man binnen weniger Stunden von New York nach Tokio fliegen kann. Das Raumfahrzeug fliegt hoch bis über die Atmosphäre. Man reist unglaublich schnell und tritt dann wieder in die Atmosphäre ein und landet. Ich weiß aber nicht, ob seine Ambitionen für die bemannte Raumfahrt sich auch bis zum Mond oder Mars erstrecken.

    Wenn Sie wetten müssten, auf wen würden Sie Ihr Geld setzen?

    Da ist es schwer, sich für einen zu entscheiden. Elon hat eine ziemliche Erfolgsbilanz und Jeff hat so viel Geld, dass man ihn nicht abschreiben kann. Virgin Galactic hat einen ziemlichen Rückschlag erlitten, scheint aber daraus gelernt zu haben und macht Fortschritte. Derzeit lässt sich das also schwer sagen. Die Ambition und den Tatendrang haben sie alle – und, was genauso wichtig ist, sie haben das entsprechende Geld.

    Dieses Interview wurde zugunsten von Länge und Deutlichkeit redigiert.

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