Wer profitiert von Big Data?
Als das menschliche Genom zum ersten Mal sequenziert wurde, waren bis zu diesem Zeitpunkt 3 Milliarden US-Dollar in dieses Forschungsprojekt geflossen. Heutzutage kostet das Ganze weniger als 2.000 Dollar und kann in einem Tag erledigt werden.
Der Wecker klingelt auf dem Smartphone und man drückt auf Schlummern. Aber in den Minuten zwischen Schlaf und Dusche ist jeder von uns alles andere als untätig. Man checkt den Kalender und bestätigt via Email ein Meeting. Ein Blick auf den Wetterbericht, die Fahrtstrecke in einer App überprüfen und dem Kollegen eine Textnachricht schreiben. Nach einer kurzen Onlinesuche zur weiteren Vorbereitung auf das Meeting scrollt man noch schnell durch die Tagesnachrichten, um einen Aufhänger für Gespräche an der Hand zu haben. Auch für einen Post in den Sozialen Medien ist noch Zeit. Bis der Wecker das zweite Mal klingelt, hat man schon einen riesigen Berg Daten produziert. Und das alles noch vor dem Aufstehen.
Die Welt wird immer vernetzter und wir generieren eine exponentiell wachsende Menge an digitalen Informationen – mehr als 2,5 Trillionen Bytes jeden Tag. In jeder Minute werden 16 Millionen Textnachrichten und 156 Millionen Emails verschickt und über Einhundert Millionen Fotos und Videos geteilt. Unser digitales Universum steuert rasant auf eine Größe von 44 Zettabyte zu (das sind 44 Billionen Gigabyte), von denen 90 Prozent während der letzten zwei Jahre produziert worden sind. Schon im Jahr 2005 erkannten einige Leute, dass in diesen ganzen Informationen Muster, Verbindungen und Erkenntnisse stecken, die nützlich und profitabel sind. Big Data (dt.: Massendaten) war geboren.
Der Begriff bezeichnet unfassbar große und komplexe Datensätze, die nicht mehr mit konventioneller Technik verarbeitet werden können. Ursprünglich bezog sich das „groß“ auf die drei Dimensionen volume (Umfang, Datenvolumen), velocity (Geschwindigkeit, mit der die Datenmengen generiert und transferiert werden) und variety (Bandbreite der Datentypen und –quellen). Um jedoch nützlich zu werden, braucht Big Data noch eine weitere Dimension: value (Wert). Data Science (dt.: Datenwissenschaft) wurde durch immer leistungsstärkere Computer, fortschrittlicher Software und komplizierten Algorithmen auf ein ganz neues Level gehoben. Von ihnen werden Terabytes, Petabytes und Exabytes von oft unstrukturierten Daten durchforstet, um ein winziges Körnchen wertvoller und überprüfbarer Information zu finden. Inzwischen ist das ein internationaler, 200 Milliarden Dollar schwerer Markt – aber wer profitiert eigentlich von Big Data?
Die anfallenden Kosten und die Komplexität machten Massendaten früher zur Domäne von Großunternehmen. Dank Cloud-Computing und kostenlos nutzbarer Technologien wie Hadoop ist der finanzielle Aufwand jedoch um ein Vielfaches gesunken. Massendaten stehen nun Organisationen fast jeder Größe zur Verfügung: Kleine Unternehmen, Staatsregierungen, Landwirte und internationalen Hilfsorganisationen können nun diese Macht nutzen, um ihre Ziele schnell und effizient zu erreichen. Big Data ist allgegenwärtig und das hat Einfluss auf unser Leben.
Der Einzelhandel war einer der ersten Sektoren, die sich Big Data zu Nutze gemacht haben. Das Einkaufserlebnis wurde so verändert, dass es die Erwartungen des technikaffinen Kunden erfüllte. Ausgestattet mit einer großen Menge an Information haben sich Händler bis ins Letzte mit den Bedürfnissen ihrer Kunden auseinandergesetzt. Das hilft ihnen dabei, Trends vorherzusehen, ein beliebtes Produkt auszuwählen, seine Verfügbarkeit zu gewährleisten, ihm einen wettbewerbsfähigen Preis zu verpassen und es dann an die richtigen Kunden zu vermarkten. Das geht so weit, dem Kunden Spezialangebote via Textnachricht zukommen zu lassen. Diese Angebote basieren auf dem Bewegungsprofil innerhalb eines Ladens. Der internationale Handelsriese Walmart hat nun die Initiative ergriffen und kürzlich ein Rechenzentrum gegründet, das pro Stunde 2,5 Petabyte an Informationen aus den Verkaufsläden verarbeiten kann. Die Warenhauskette Macy’s gibt an, dass die Nutzung von Massendaten zur Verbesserung der Kundeninteraktion zu einer Umsatzsteigerung von 10 Prozent der Verkäufe in den Geschäften geführt hat.
Schon im Jahr 2012 kündigte die Obama-Regierung die Investition von 200 Millionen US-Dollar in Big-Data-Projekte an. Auf der ganzen Welt werden Massendaten genutzt, um die Regierungsarbeit effizienter zu machen. Ein Schlüsselfeld ist hier die Strafverfolgung. Die Software der automatisierten Nummernschilderkennung hilft dabei, verdächtige Fahrzeuge zu identifizieren, ihren Weg zu verfolgen und Kriminelle in Gewahrsam zu nehmen. Technologien zur Wahrscheinlichkeitsberechnung können Brennpunkte ermittelt und bestimmte Verbrechen können mit bestimmten Straftätern in Verbindung gebracht werden. Auf ähnliche Weise könnten die 20.000 allein in Manhattan installierten Kameras dazu beitragen, Terrorangriffe zu verhindern. Die schnelle Analyse des Videomaterials und die globale Überwachung von Onlineaktivitäten könnten hierbei das Zünglein an der Waage sein.
Auch Lebensmittel werden vom Feld bis auf den Teller von Massendaten begleitet. Unzählige Sensoren liefern Informationen über Böden, Ernten, Tiere und den Maschinenpark und revolutionieren damit die Landwirtschaft und landwirtschaftliche Prozesse. Das erlaubt nützliche Erkenntnisse über alles, vom Wetter bis zur Bodenqualität, wo welche Feldfrucht am besten wächst, und welche Eingriffe notwendig werden. Dazu zählen neben der punktgenauen Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln auch die künstliche Bewässerung. In den USA hat das Landwirtschaftsministerium bereits Big Data dazu genutzt, den Ertrag von Milchviehherden zu steigern. Dabei wurden die genetischen Merkmale von verfügbaren Bullen analysiert, um die herauszufiltern, deren weibliche Nachkommen mit hoher Wahrscheinlichkeit Hochleistungskühe werden.
Den aber wohl unbestritten größten Dienst erweisen die Massendaten dem Gesundheitswesen. Digitalisierte Krankenakten, Forschungsberichte und sogar Dinge wie Fitness-Tracker produzieren eine wahre Informationsflut, die nach Nutzbarem durchsucht werden kann. Dieses Wissen könnte einzelnen Personen oder sogar ganzen Bevölkerungsgruppen in Sachen weiterhelfen. Neben der Kostenreduktion – allein in den USA werden so Hunderte Millionen von Dollar gespart – können diese Analysen auch den Ausbruch von Epidemien prognostizieren, vermeidbare Todesfälle verhindern, die Lebensqualität steigern und das Erkennen, Verstehen und Behandeln von Krankheiten unterstützen. Ein Krebspatient generiert ein Terabyte an Daten und nimmt man die Daten verschiedener Patienten zusammen, kann die wirksamste Behandlung schneller und besser gefunden werden. Dieses Verfahren hat beispielsweise zu der Erkenntnis geführt, dass ein oft verordnetes Antidepressivum vielleicht zur Behandlung von genutzt werden könnte.
Im Moment werden nur etwa 0,5 Prozent der weltweit zugänglichen Daten tatsächlich analysiert und genutzt. Die Datenmenge verdoppelt sich nach jetzigem Stand alle zwei Jahre und es wird schwer werden, mit dieser rasanten Entwicklung Schritt zu halten. Aber die Technologie zum Auswerten von Massendaten entwickelt und verbessert sich stetig und damit auch das Versprechen auf noch viel mehr. Wir stehen erst ganz am Anfang, die Informationsflut in den Griff zu bekommen. Noch sind wir weit davon entfernt, ihr ganzes Potenzial auszuschöpfen, aber wir ernten bereits jetzt die ersten Früchte – für einzelne Personen, aber auch global gesehen. Die Prognose von Maschinenausfällen, selbständig lernende Roboter, Erkenntnisse und Einblicke in fast alles und in Echtzeit – die Möglichkeiten der Zukunft scheinen in Sachen Big Date ebenso grenzenlos und universell zu sein, wie die Daten selbst.
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