Wie kann Big Data im Kampf gegen Krankheiten helfen?

Prognosen sind für die Behandlung einer Krankheit essenziell – egal, ob es sich um einen Ausbruch des Zika-Virus oder die Veranlagung einer Person für Krebs handelt. Big Data kämpft in diesem Krieg an vorderster Front.

Von Jon Heggie
Veröffentlicht am 18. Jan. 2019, 13:23 MEZ
Wie kann Big Data im Kampf gegen grosse Probleme helfen?

Es könnte ein Elternteil, Geschwister, Familienmitglied oder Freunde treffen. Es könnte Sie treffen. Fast jeder kennt jemanden, der Krebs hat oder hatte. Die Statistik ist ernüchternd: Bei einem von drei Männern in den USA ist die Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung wahrscheinlich. Krebs ist eine komplexe, oft schwierig zu behandelnde Krankheit und nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen der Welt. Durch fortwährende, globale Forschung ist die Sterberate von Krebspatienten in den USA um 23 Prozent gesunken. Allerdings gibt es Prognosen, dass die Zahl der Neuerkrankungen bis zum Jahr 2040 um 62 Prozent steigen wird. Wir könnten jedoch im Kampf gegen den Krebs eine starke, neue Waffe bekommen haben: Big Data.

Big Data (dt.: Massendaten; wörtl. „Große Daten“) ist wirklich groß. Der Begriff beschreibt Datenvolumen, die so unglaublich riesig und komplex sind, dass konventionelle Datenverarbeitung an ihnen scheitert. Daher mussten ganz neue Technologien entwickelt werden, um Massendaten zu sammeln, zu verwalten und zu analysieren. Diese ständig wachsende, 200 Milliarden US-Dollar schwere Industrie könnte einen wichtigen Beitrag leisten: Versteckt in den 2,5 Trillionen Bytes an Daten, die wir jeden Tag produzieren, lagern wertvolle Informationen. Eine sorgfältige Analyse dieser Daten könne verborgene Muster, Verbindungen und Einblicke liefern, die zur Verbesserung von so ziemlich allem genutzt werden können. Dazu zählt jedoch nicht nur die Gewinnmaximierung eines Unternehmens, sondern auch die Überlebenschancen einer erkrankten Person – auch bei Krebs.

Eine Möglichkeit zur Hilfe im Kampf gegen Krebs liegt in der schnellen Diagnose. Frühzeitige Erkennung kann bei Krebs die Chancen eines positiven Ausgangs um ein Vielfaches erhöhen. Eine Genomsequenzierung kostet in den USA nur noch etwa 2.000 Dollar. Mit ihrer Hilfe wird es möglich, die DNS eines Menschen auf einige genetische Biomarker zu untersuchen. Außerdem werden immer mehr Krankenakten digitalisiert, die dann nach Symptomen gescannt werden können, die auf Krebs hindeuten. Anschließend können spezifisch diagnostische Verfahren durchgeführt werden. Big Data kann außerdem globale Entwicklungen aufdecken, Risikogruppen identifizieren, oder versteckte Verbindungen finden, die dann zur Erforschung von Ursache oder Heilung genutzt werden können. Der Abgleich einer riesigen Anzahl von Variablen führte zur Erkenntnis, dass Desipramin, ein oft genutzter Wirkstoff in Antidepressiva, möglicherweise ein wirksames Mittel für kleinzelligen Lungenkrebs ist.

Wird eine genetische Mutation als Ursache für einen Krebstyp identifiziert, könnte das zu verbesserten Behandlungsmethoden führen. Da diese Krankheit sich jedoch ständig verändert, generiert die Sequenzierung eines Krebsgenoms eine unfassbar große Menge an Daten. Eine Analyse kann die Mutationen bestimmen, die hauptsächlich für die Produktion der Tumorzellen verantwortlich sind. Das ermöglicht wiederum die Entwicklung von Medikamenten, die gezielt diese bösartigen Mutationen angreifen und ausschalten. Durch Zusammenarbeit könnte diese Forschung in eine globale Datenbank verwandelt werden, mit deren Hilfe bestimmte Tumore erkannt und ihr Verhalten prognostiziert werden könnte. Das würde die Behandlung schneller und wirksamer machen.

Millionen von Menschen wurden bereits wegen Krebs behandelt und einige Verfahren haben sich als wirksamer erwiesen als andere. Jeder Krebspatient generiert mindestens ein Terabyte an digitalen Daten. Die unzähligen Variablen von demografischen Merkmalen, Lebensstil und medizinischer Vorgeschichte erzeugen zusammen mit den Besonderheiten, die der Krebs bei jedem Patienten individuell aufweist, eine wahre Big-Data-Schatztruhe, die nur darauf wartet, analysiert zu werden. Es gibt zahlreiche Projekte, die aktiv die fragmentierten Informationen zusammentragen, die uns über Krebspatienten zur Verfügung stehen. So werden diese für Studien zugänglich. Die Verbindung von Ärzten mit Daten wird es ihnen ermöglichen, Behandlungspläne und Heilungsraten bei ähnlich gelagerten Fällen zu vergleichen. Das erlaubt das genaue Zuschneiden von Therapien mit den größten Aussichten auf Erfolg auf den betreffenden Patienten – und das kann Leben retten.

Big Data steht aber auch anderer Stelle in den Startlöchern, um Krankheiten zu bekämpfen: Es kann dabei helfen, Ausbrüche von Infektionskrankheiten einzudämmen und zu verstehen. Ein Teil der Hilfe besteht darin, Informationen zu analysieren, die aus den verschiedensten digitalen Quellen stammen. So können Verhaltensmuster erkannt werden, die möglicherweise mit dem Ausbruch einer Epidemie zusammenhängen. Ein vermehrtes Aufkommen von Suchmaschinenanfragen im Internet zu einer bestimmten Krankheit oder ihren Symptomen könnte auf einen Ausbruch hindeuten, wenn diese konzentriert in einem begrenzten geographischen Umkreis auftreten. Die Sozialen Medien können auf die Nennung einer Krankheit hin beobachtet werden (um so die Ausbreitung über eine Stadt, ein Land oder einen Kontinent zu verfolgen). Fast vier Milliarden Menschen nutzen das Internet und das erschafft eine riesige Informationsressource mit enormem Potenzial.

Zum heutigen Stand ist diese Methode mal mehr, mal weniger erfolgreich. „Google Flu Trends“ (dt.: Google Grippe Aktivität) war zunächst wegweisend in der Verfolgung der saisonal auftretenden Grippe. Allerdings verzerrte der weltweite Anstieg an Suchanfragen zum H1N1-Virus die lokalen Daten und lieferte falsche Ergebnisse, was letztendlich zur Beendigung des Projekts führte. In Brasilien wurden dagegen Daten von Twitter erfolgreich dazu genutzt, die Ausbreitung des Dengue-Fiebers zu kartographieren, und sogar seinen Übergang von bestimmten Städten auf anderen vorherzusagen. Auf ähnliche Weise haben Suchinformationen von Google und Twitter die Verbreitung des Zika-Virus in Lateinamerika schon Wochen vor der offiziellen Verlautbarung prognostiziert. Die Auswertung solcher Quellen muss noch verfeinert werden, aber sie könnten Experten wesentliche Hinweise liefern, auf deren Basis dann geforscht werden kann.

Auch hier sind Massendaten von großem Wert. Immer mehr Länder digitalisieren Krankenakten und diese können auf bestimmte Parameter überwacht werden, vom drohenden Ausbruch von Seuchen, bis hin zur Resistenz gegen Antibiotika. Schon heute melden viele Mitarbeiter des Gesundheitswesens Infektionskrankheiten an nationale Datenbanken und ein internationales Netzwerk von Freiwilligen stellt regelmäßige Updates zu Krankheiten zur Verfügung. Als noch wertvoller könnten sich die sechs Milliarden Smartphones erweisen, die wohl bis zum Jahr 2020 in Umlauf sein werden. Durch sie können mehr Menschen in mehr Ländern direkt über ihre Gesundheit befragt werden. Eine Analyse all dieser Daten kann nicht nur frühzeitige Warnungen vor Epidemien möglich machen, sondern den Krankheiten vielleicht sogar einen Schritt voraus sein.

Big Data hat sich als wichtiges Werkzeug im Gesundheitswesen erwiesen. Mit seiner Hilfe können nicht nur explodieren Kosten durch Optimierung und Entscheidungsfindung gesenkt werden; es kann auch vermeidbaren Krankheiten vorgebeugt, Epidemien eingedämmt und vielleicht sogar der Kampf gegen den Krebs gewonnen werden. Wir bewegen und rasend schnell auf ein digitales Universum mit 40 Zettabytes an Daten zu. Möglicherweise liegt die Heilung für einige der schlimmsten Krankheiten der Welt direkt vor uns – wir müssen uns nur einen Weg durch die Informationsflut bahnen.

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Dieser Inhalt wurde von unserem Partner bereitgestellt. Er spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung von National Geographic oder seinen Redaktionsmitarbeitern wider.

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