Penisstudie: Die Frage nach der Größe ist komplex

Womöglich spielten weibliche Vorlieben eine Rolle bei der Evolution des männlichen Geschlechtsteils.

Von Christine Dell'Amore
Veröffentlicht am 31. Juli 2019, 14:24 MESZ
how mate choice affected a crucial male body part
Neben einem großen Penis hatte vor allem das Schulter-Hüfte-Verhältnis einen entscheidenden Einfluss darauf, als wie attraktiv Frauen eine männliche Silhouette bewerteten.
Foto von Patrik Giardino, Getty Images

Es mangelt heute nicht mehr an psychologischen Studien, in denen Frauen zu ihrer Präferenz für die männliche Penisgröße befragt wurden. Die Ergebnisse gestalteten sich aber oft durchwachsen: Einige Frauen gaben an, dass ihnen die Größe egal sei, während für andere das große Stück das bessere Stück war.

Allerdings sahen sich einige Frauen womöglich dazu genötigt, die politisch korrekte Antwort zu geben – dass Größe keine Rolle spielt. Das glaubt zumindest Brian Mautz, ein Biologe der kanadischen University of Ottawa, der eine eigene Studie zu dem Thema geleitet hat und in „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlichte.

2013 führten er und sein Team ein Experiment mit 105 australischen Frauen durch – ihr Durchschnittsalter lag bei 26 Jahren –, die sich jeweils 53 lebensgroße Bilder unterschiedlicher männlicher Silhouetten ansahen, die auf einen Bildschirm projiziert wurden.

Die grauen Gestalten unterschieden sich voneinander in ihrer Körpergröße, dem Verhältnis von Schulter- zu Hüftbreite (also ihrer Körperform) und der Länge ihres nicht erigierten Gliedes. In früheren Studien hatten Frauen insgesamt solche Männer als attraktiver bewertet, deren Schulter-Hüfte-Verhältnis größer war.

Die australischen Frauen in Mautz’ Studie wurden gebeten, die gezeigten Silhouetten auf einer Skala von 1 (am unattraktivsten) bis 7 (am attraktivsten) zu bewerten.

Auch diesmal stellte sich die Körperform wieder als größter Faktor für die männliche Attraktivität heraus. Dennoch spielte auch die Penisgröße eine wichtige Rolle.

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Allerdings gestaltete sich der Zusammenhang nicht linear. Will heißen: „Wenn die Penisgröße immer weiter ansteigt, bedeutet das nicht, dass damit auch die Attraktivität immer weiter steigt“, erklärte Mautz.

Ab einer Penisgröße von 7,6 Zentimetern (im nicht erigierten Zustand) nahm die Attraktivität laut den Bewertungen der Frauen wieder ab.

Darüber hinaus spielte auch die Körpergröße eine Rolle: „Große Männer mit großen Penissen waren im Vergleich zu anderen Beispielfiguren am attraktivsten“, sagte Mautz.

Warum Frauen größere Penisse bevorzugen, ist jedoch nicht ganz klar. Studien haben Mautz zufolge allerdings gezeigt, dass Frauen eine gewisse Größe vorziehen, weil damit auch ihre sexuelle Befriedigung steigen kann.

Die Evolution des Penis

Da frühe Menschen keine Kleidung trugen, waren die Penisse der Männer für die Frauen gut sichtbar. Falls sie ihre Partner also tatsächlich anhand der Größe des Genitals auswählten, ist es möglich, dass diese Entscheidungen die Evolution größerer Penisse begünstigten, wie es in Mautz’ Studie heißt.

„Wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass die weibliche Auswahl die Evolution der Penisgröße beeinflusste“, so Mautz, „aber heute wirkt sich die Größe zumindest auf die Attraktivität aus.“

Der Evolutionspsychologe Gordon Gallup Jr. schrieb in einer E-Mail hingegen, dass die Theorie des Teams einige Fallstricke aufweist.

Zum einen hätten frühere Studien gezeigt, dass „der nicht erigierte menschliche Penis kein verlässlicher Indikator für die Größe des erigierten Penis ist“, sagte Gallup. Der Forscher von der State University of New York in Albany war an Mautz’ Studie nicht beteiligt.

Theoretisch hätten die Frauen in den frühen Tagen der Menschheitsgeschichte die meisten Penisse wohl nur im nicht erigierten Zustand gesehen.

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    Darüber hinaus zeigen die Studienergebnisse auch, dass das Schulter-Hüfte-Verhältnis bei der Bewertung der Attraktivität wichtiger war, so Gallup. Er hat ebenfalls zur Evolution des Penis geforscht und kam zu der Erkenntnis, dass dessen Form von dem Wettbewerb um die Befruchtung der weiblichen Eizelle geprägt wurde.

    Bei seinen Nachforschungen entdeckte er, dass die leicht pfeilförmige Form des Genitals dazu geeignet ist, Sperma von Rivalen aus dem Fortpflanzungstrakt der Frau herauszuschaben.

    Des Weiteren zeigten Studien mit Modellen menschlicher Genitalien, dass durch ein tiefes Eindringen mehr fremdes Sperma aus der Scheide verdrängt werden kann als durch flacheres Zustoßen. Daher „könnten sich lange Penisse auch entwickelt haben, um das Sperma in den tiefsten Bereichen der Vagina abzusetzen und damit die Chance zu erhöhen, dass es von dort nicht entfernt wird“.

    Was auch immer der Grund für die Evolution großer Penisse ist – das entsprechende Forschungsfeld beschäftigt sich mit einer Frage, die viele Menschen vermutlich amüsant finden, gibt auch Mautz zu.

    „Es ist wichtig, Wissenschaft ernsthaft zu betreiben, und unsere Ergebnisse sind fundiert – das heißt aber nicht, dass man damit nicht auch Spaß haben kann.“

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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