Was Steine über Dinosaurier verraten: Geologe Prof. Dr. Andreas Mulch im Porträt

Urzeitliche Lebenswelten in einer Sedimentprobe? Prof. Dr. Andreas Mulch, Direktor des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseums Frankfurt, analysiert die geochemische Zusammensetzung von Gesteinen und Fossilien.

Von Jens Voss
Veröffentlicht am 27. Sept. 2019, 15:41 MESZ
Edmonds Urzeitreich: Rätselhafte Erdschichten unter der Lupe
Geochemiker und Geologe mit Leib und Seele: Prof. Dr. Andreas Mulch rekonstruiert urzeitliche Lebenswelten mit Hilfe versteinerter Erdschichten. Die untersuchten Sedimentproben verraten eine Menge über Klima und Vegetation der Dinosaurier-Ära.

Wer an Dinosaurier-Ausgrabungen denkt, hat meist versteinerte Knochen vor Augen, die von Wissenschaftlern in akribischer Arbeit zu einem möglichst vollständigen Skelett zusammengefügt werden. Doch das ist nur ein Bruchteil dessen, was die Geowissenschaften ausmacht. Wenn es um die Rekonstruktion urzeitlicher Lebenswelten geht, müssen unterschiedliche Forschungszweige an einem Strang ziehen. Andreas Mulch etwa nimmt fossile Erdschichten unter die Lupe. Für das Senckenberg-Grabungsprojekt „Edmonds Urzeitreich“ analysiert der Geologe die geochemische Zusammensetzung von Gesteinsproben. Damit lassen sich spannende Erkenntnisse über Klima und Vegetation der Dinosaurier-Ära gewinnen.

„Unsere ersten Isotopen-Analysen liefern beispielsweise Hinweise auf ein saisonales Klima in einer eher semiariden – also halbtrockenen – Klimazone am Rande eines spätkreidezeitlichen Hochlands im Westen der heutigen USA“, sagt der Direktor des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseums Frankfurt. Wie warm war es damals? Wie oft hat es dort vor rund 70 Millionen Jahren geregnet? Welche Auswirkungen hatten die klimatischen Bedingungen auf Edmontosaurus und sein Ökosystem? Mulch erklärt: „Durch Untersuchung spezifischer Parameter wie Niederschlag und Temperatur möchten wir Aussagen über die damalige Tier- und Pflanzenwelt treffen.“

Galerie: Zwischen Knochen und Kettensägen

Versteinerte Geheimnisse der Urzeit

Im Vergleich mit weiteren Indikatoren aus anderen Fachgebieten wie etwa der Paläobotanik lassen sich schließlich „robuste Aussagen über die Umweltbedingungen und auch über das Ernährungsverhalten der Dinosaurier treffen“, betont Mulch, zugleich stellvertretender Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und Professor an der Goethe-Universität in Frankfurt.

Als Wissenschaftler beschäftigt er sich neben dem aktuellen Edmontosaurus-Projekt vorrangig mit Rekonstruktionen des Klimas– vom Zeitalter direkt nach dem Aussterben der Dinosaurier bis heute. Für Mulch „ein echter Traumjob“, der laufend neue Überraschungen mit sich bringt. „Für mich gibt es kaum einen anderen Bereich, in dem man seine Neugier und Kreativität über das gesamte Leben hinweg erhalten darf“, betont der 46-Jährige. „Ich bin von ganzem Herzen Wissenschaftler.“

 

Prof. Dr. Andreas Mulch analysiert für das Senckenberg-Grabungsprojekt „Edmonds Urzeitreich“ die geochemische Zusammensetzung von Gesteinsproben.
Foto von Marleen Friess

Short Facts: Prof. Dr. Andreas Mulch

Forschungs- und Aufgabenbereich: Geologe, Direktor des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseums Frankfurt, stellvertretender Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Berufsweg: Seit 1999 Geologe. Nach mehreren Auslandsaufenthalten außerdem seit 2010 Professor für Paläoklimadynamik an der Goethe-Universität in Frankfurt

Beitrag zum aktuellen Edmontosaurus-Projekt „Edmonds Urzeitreich“: Geochemische Analysen zur Untersuchung des Habitats von Edmontosaurus (Klima und Vegetation) und des damaligen Klimas (Temperatur und Niederschlagsverteilung)

Technische Tools: Labore für sedimentologische, tektonische, geochemische Analysen

Wichtige Forschungsergebnisse: Sierra Nevada in Kalifornien: Sie prägt das Klima im Westen Nordamerikas schon viel länger als bisher vermutet. Als Gebirgskette hält sie den Niederschlag ab und führte so bereits vor mehr als 40 Millionen Jahren zu einem ausgeprägten Regenschatten. Mount Everest: Wir konnten zeigen, dass der höchste Berg der Welt bereits vor 15 Millionen Jahren seine dominante Höhe im Himalaya hatte. Zentral-Anden: Erkenntnis der vielfältigen Zusammenhänge zwischen Gebirgsbildung, Klimawandel und Änderungen der Biodiversität

Lieblingsfossil: Alle

Leidenschaften neben der Paläontologie: Musik

 

Edmonds Urzeitreich

Auf der Dinosaurier-Baustelle: Zwischen Knochen und Kettensägen

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