Einmalige Muster: Wie entstehen unsere Fingerabdrücke?

Egal wie viele Menschen es auf diesem Planeten gibt – es gibt keinen Fingerabdruck zweimal. Eine neue Studie zeigt, welche biologischen Prozesse hinter den verschlungenen Mustern auf unseren Fingerkuppen stecken.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 17. Feb. 2023, 17:36 MEZ
Nahaufnahme der Rillen einer Fingerkuppe.

Sogar bei eineiigen Zwillingen unterscheiden sich die Fingerabdrücke – für die Kriminaltechnik im 19. Jahrhundert eine bahnbrechende Erkenntnis. Doch warum ist das so?

Foto von Pavel /Adobe Stock

Ende des 19. Jahrhunderts kam in der Kriminaltechnik ein neues Verfahren auf: Die Daktyloskopie. Sie bildet die Grundlage des sogenannten Fingerabdruckverfahrens, durch das Menschen anhand des Musters an ihren Fingerkuppen eindeutig ihrem zuvor hinterlassenen Fingerabdruck zugeordnet werden können. Sogar bei eineiigen Zwillingen unterscheiden sich diese Abdrücke – ein Indiz dafür, wie kompliziert die Prozesse sind, die zur ihrer Bildung führen.

Während Forschende bereits einige der Gene, die an der Bildung von Fingerabdrücken beteiligt sind, identifiziert haben, lagen vor allem die biochemischen Prozesse, die zu den individuellen Variationen führen, bislang im Dunkeln. Die Studie eines Forschungsteams von der University of Edinburgh hat die Suche nach dem Ursprung des Fingerabdrucks nun einen entscheidenden Schritt weitergebracht. Sie zeigt auf, dass bei der Musterbildung spezielle Signalmoleküle am Werk sind, die die Formierung der Abdrücke beeinflussen.

Die Ergebnisse der Forschung sind im Fachmagazin Cell erschienen.

Zusammenspiel aus Biologie und Anatomie

Unsere Fingerabdrücke setzen sich zusammen aus den Wirbeln, Bögen und Schleifen, die die sogenannten Papillarleisten, also Hautlinien, an unseren Fingerkuppen bilden. Sie entstehen bereits zwischen der zehnten und 14. Schwangerschaftswoche, sind Bestandteil unseres Tastsinns und helfen womöglich beim Greifen von Gegenständen. Doch warum sind sie bei jeder Person einzigartig?

Die verschiedenen Startpunkte spielen bei der Formation des Fingerabdrucks eine große Rolle. Ihr Abstand voneinander sowie die Größe und Form der Fingerkuppe sind mitverantwortlich für die einzigartigen Variationen der Rillen.

Foto von Glover et al.

Einzigartig sind sie laut der neuen Studie aus mehreren Gründen. Zunächst spielt die Anatomie der Finger eine wichtige Rolle: Die Linien, die den Fingerabdruck bilden, beginnen an drei bestimmten Punkten des Fingers zu wachsen: Am oberen Ende der Fingerkuppe, in ihrer Mitte und an der Linie zwischen der Fingerkuppe und dem mittleren Fingergelenk. „Die Rillenbildung erfolgt als eine Reihe von Wellen, die sich von variablen Initiationsstellen ausbreiten”, heißt es in der Studie. Deshalb sind auch Faktoren wie die Breite und Länge des Fingers entscheidend für den Fingerabdruck.

Fingerabdrücke folgen dem Turing-Mechanismus

Mit der Entdeckung dreier Signalmoleküle, die an der Bildung der Linien beteiligt sind, hat das Team um den Genetiker Denis Headon einen zusätzlichen entscheidenden Faktor aufgedeckt. Die Signalmoleküle EDAR, WNT und BMP bestimmen durch Informationen, die sie an die Zellen in den Fingerkuppen weitergeben, einerseits das Wachstum der Fingerrillen und andererseits, wie und in welchem Abstand diese wachsen.

Dabei arbeiten zwei der Moleküle – WNT und BMP – gegeneinander. Während eines von ihnen für die Bildung der kleinen Furchen zuständig ist, sorgt das andere für die Erhebungen in der Haut. Das dritte Molekül EDAR hilft bei der Bildung der Furchen und beeinflusst zusätzlich den Abstand der einzelnen Rillen zueinander. 

Durch diese Wechselwirkung zwischen den einzelnen Molekülen wirkt dann der sogenannte Turing-Mechanismus, der spontane Musterbildungen auf Grundlage eines selbstorganisierenden Systems beschreibt. Auch die Fellmuster von Zebras oder Giraffen werden auf dieser Grundlage gebildet. 

„Die individuelle Einzigartigkeit [von Fingerabdrücken] ergibt sich aus winzigen Elementen des Musters”, sagt Headon in einem Gespräch mit dem Fachmagazin Science. Gemeinsam mit der Anatomie des Fingers sorge die Wechselwirkung der Moleküle für genau diese winzig kleinen Variationen in unseren Fingerabdrücken.

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