Wie uns eine kleine Fliege bei Hochwasser helfen soll

Die Larven der Schwarzen Soldatenfliege fressen Plastik und dienen als nachhaltiges Tierfutter. Nun haben Forschende herausgefunden, dass die Insekten noch darüber hinaus nützlich sind – als Wasserspeicher oder Bioplastik.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 28. Aug. 2023, 09:47 MESZ
Nahaufnahme einer Fliege auf einem Holzbrett.

Die Schwarze Soldatenfliege könnte wahre Nachhaltigkeitswunder vollbringen: Forschende haben herausgefunden, dass ein Stoff in ihrem Exoskelett Wasser speichern und als Plastikersatz dienen kann.

Foto von Wirestock Creators / Adobe Stock

Die Zukunft ist circa anderthalb Zentimeter groß und hat einen Lebenszyklus von ungefähr sechs Wochen. Die Rede ist von der Schwarzen Soldatenfliege (Hermetia illucens) – einer wahren Umweltschützerin, die künftig für mehr Nachhaltigkeit auf der Welt sorgen könnte. 

Bislang werden die fett- und proteinhaltigen Larven der Fliege bereits erfolgreich als ressourcenschonendes Futtermittel für Tiere eingesetzt – und wirken damit der Abholzung der Regenwälder für den Sojaanbau oder die Viehzucht sowie der Überfischung der Ozeane entgegen. Dazu können die Larven sogar als Plastikmüllschlucker dienen, denn die kleinen Würmchen fressen wortwörtlich alles.

Die gefräßigen Larven der Schwarzen Soldatenfliege werden auch in Deutschland bereits zu ressourcenschonendem Tierfutter verarbeitet.

Foto von JakaSuryanta / Adobe Stock

Die Schwarze Soldatenfliege selbst galt dagegen bisher als eher unspektakuläres Lebewesen. Doch Chemiker*innen von der Texas A&M University in den USA konnten nun das Gegenteil beweisen. Im Exoskelett der Fliegen befindet sich nämlich ein besonders wertvolles Biomolekül: Chitin, ein ungiftiges Polymer auf Zuckerbasis. Dieses kann nicht nur zu 100 Prozent abbaubarem Bioplastik umgewandelt werden, sondern auch zu einer Art Speicher für jede Menge Wasser. Damit könnten die Fliegen die Zukunft verändern.

Natürlicher Wasserspeicher: Hydrogel gegen Hochwasser

Über ihren Forschungserfolg sprachen die US-amerikanischen Forschenden um die Chemikerin Karen Wooley auf einer Tagung der Amerikanischen Chemischen Gesellschaft in San Francisco. Das Team extrahierte zunächst das sehr reine, weiße Chitin aus dem Exoskelett der Schwarzen Soldatenfliege und wandelte es in Chitosan um – ein Rohstoff für Biokunststoffe. 

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    Aus dem Chitosan konnte Hongming Guo, ein Kollege Wooleys, schließlich ein superabsorbierendes Hydrogel herstellen. Das Besondere daran: Es kann in nur einer Minute das 47-fache seines eigenen Gewichts an Wasser aufnehmen und könnte daher vor allem bei künftigen Extremwetterereignissen wie Hochwasser zum Einsatz kommen. Das Hydrogel absorbiert das überschüssige Wasser und speichert es – daraufhin kann es in Dürrezeiten in der Landwirtschaft auf die Äcker aufgebracht werden. Da das Gel langsam zerfällt, dient es sogar als Pflanzendünger.

    Bioplastik aus Fliegen

    Doch das ist nicht die einzige Superpower, die das Insekten-Chitin besitzt. Das Team will daraus nun Biokunststoffe wie Polycarbonate oder Polyurethane herstellen, die in der Natur restlos abgebaut werden können. Dazu müssen die Chemiker*innen das Biomolekül in seine Einzelteile – die sogenannten monomeren Glucosamine – zerlegen. 

    Sollte es den Forschenden gelingen, aus den Überresten der Fliege Bioplastik herzustellen, könnte das eine Revolution für die Umwelt und das Klima bedeuten. Denn bislang wird Kunststoff aus Erdöl hergestellt. Die Fliegen lassen sich dagegen klimaneutral und umweltfreundlich züchten – auch in Deutschland. 

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