Bioplastik: Wie umweltfreundlich ist Kunststoff aus Pflanzen?
Haben Kunststoffverpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen eine bessere Ökobilanz als herkömmliches Plastik? Umweltorganisationen kommen zu einem eindeutigen Ergebnis.

Verpackungswahnsinn: Eigentlich braucht frisches Gemüse keine zweite Schale aus Plastik.
Die Idee klingt gut: Verpackungen aus natürlichen, nachwachsenden Rohstoffen – noch dazu kompostierbar. Ob Obst- und Gemüsebeutel, Joghurtbecher oder Kaffeekapseln: Tatsächlich finden sich immer mehr Produkte aus sogenanntem Bioplastik in den Supermarktregalen. Sind sie tatsächlich umweltfreundlicher? Lässt sich mit ihnen sogar das weltweite Plastikmüllproblem in den Griff bekommen?
Grundsätzlich wird bei der Herstellung und Entsorgung von Kunststoff aus Pflanzen weniger CO2 freigesetzt als bei herkömmlichem Plastik auf Erdölbasis, erklärt das das Umweltbundesamt. Fakt ist aber auch: Nicht überall, wo „Bio“ draufsteht, ist auch wirklich „Bio“ drin. Denn es gibt keine einheitliche Definition für Bioplastik.
Zum einen werden Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Kartoffeln oder Zuckerrohr als Bioplastik bezeichnet. Die Vorsilbe „Bio“ steht hier ausschließlich für „biobasiert“. Aus umweltfreundlichem Bioanbau müssen die verwendeten Pflanzen damit aber noch lange nicht stammen. Zum anderem können auch Kunststoffe aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl als „Bio“ deklariert werden, sofern sie biologisch abbaubar sind.
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Bioplastik: Reine Ressourcenverschwendung?
„Das Label führt also absolut in die Irre“, sagt Janine Korduan vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Bioplastik sei nicht umweltfreundlicher als herkömmliche Kunststoffe und sollte insbesondere im Verpackungsbereich vermieden werden. Laut BUND hat die schlechte Umweltbilanz von Bioplastik verschiedene Gründe.
Weil es meist für Einwegprodukte hergestellt werde, lande es schnell im Müll. Außerdem kämen die Rohstoffe überwiegend aus der industriellen Landwirtschaft. Um sie anzubauen, brauche man viel Wasser, Dünger und jede Menge Pestizide. Ein weiterer Problemfaktor: Für biobasierte Kunststoffe werden Landflächen genutzt, die zuvor für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung standen.
Ebenso schlecht schneidet Biokunststoff nach Ansicht des BUND beim Recycling ab. Wenn er die Natur gelange, verrotte er nicht oder nur schlecht. „Für die Umwelt bringt Bioplastik gar nichts“, so Korduan. „Die Herstellung verbraucht viele Ressourcen und bei der Zersetzung entstehen keine Pflanzennährstoffe. Das ist kein Recycling, sondern Ressourcenverschwendung.“
Auch Biokunststoff verrottet nicht einfach
Nicht weniger kritisch fällt die Bilanz des WWF aus: Biokunststoffe würden nur unter sehr speziellen Bedingungen abgebaut, die aber in der Natur nicht unbedingt gegeben seien. In den Ozeanen beispielsweise könnten viele dieser Materialien überhaupt nicht verrotten.
Selbst Biokunststoffe, die als „kompostierbar“ gekennzeichnet sind, dürfen in der Regel nicht einfach auf den Komposthaufen im Garten. Sie müssen in besonderen Anlagen kompostiert werden. Doch die seien bislang Mangelware, kritisiert der WWF.
„Auch deshalb sollte Biokunststoff nicht in die Natur gelangen“, unterstreicht der WWF und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: „Bioplastik ist weder geeignet, den Plastikstrudel im Meer zu dezimieren, noch das Mikroplastikproblem zu lösen.“
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Nicht umweltfreundlicher als herkömmlicher Kunststoff
Das Umweltbundesamt (UBA) fällt ein ähnliches Urteil. „Biobasierte Kunststoffe sind noch längst nicht umweltfreundlicher als herkömmliche Kunststoffe“, sagt UBA-Verpackungsexperte Gerhard Kotschik. Bei Kompostierbarkeit und Recycling spricht er sogar von einer „Mogelpackung“. Solange es keine ökologisch vernünftige Recylinglösung gibt, rät Kotschik, Biokunststoffe auf der Müllhalde zu verbrennen: „Die bei der Verbrennung freiwerdende Energie lässt sich so immerhin als Strom oder Wärme nutzen.“
Die eigentliche Lösung aber, darin sind sich Umweltorganisationen einig, könne nur lauten: So wenig Plastik wie möglich. Und wenn doch, dann Mehrweg statt Einweg.
