Diese Berlinerin wird die erste deutsche Frau im All – durch Zufall

Die 29-jährige Rabea Rogge soll in diesem Frühjahr auf Weltraummission gehen, als erste deutsche Frau der Geschichte. Wie die Doktorandin zufällig zur Raumfahrerin wurde, was die Arktis damit zu tun hat und wie sie sich auf die Zeit im All vorbereitet.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 28. Feb. 2025, 16:14 MEZ
Porträt von Rabea Rogge im Raumfahrt-Anzug.

Die Ingenieurin Rabea Rogge ist derzeit in Los Angeles und trainiert dort seit einigen Monaten mit SpaceX.

Foto von SpaceX

Rabea Rogge in diesen Wochen zu erreichen, ist eine Mission für sich. Sie ist gerade in Kalifornien damit beschäftigt, zu lernen, wie man ein Raumschiff steuert – und das kostet Zeit. Weil in den letzten Monaten so viele Medienanfragen bei ihr eingetrudelt sind, hat sie inzwischen eine PR-Agentur engagiert. 

Dass gerade so viele Menschen Fragen an diese junge Frau aus Berlin haben, hat einen einfachen Grund: Sie soll Anfang März als erste deutsche Frau unsere Atmosphäre verlassen, um im Orbit Experimente durchzuführen. Dabei promoviert die 29-Jährige eigentlich gerade in Norwegen in Elektrotechnik und beschäftigt sich mit arktischen Roboterbooten. Und doch: Nach etwa sieben Monaten Training ist es nun soweit – Rabea Rogge wird Deutschlands erste Frau im All. Dass sie dorthin fliegt, verdankt sie ihrer Leidenschaft für Weltraumforschung – und einem glücklichen Zufall. 

Rabea, du hast eigentlich Elektrotechnik studiert und forschst in Trondheim an autonomen Roboterbooten für die Arktis. Wie kommt es, dass du jetzt ins All fliegst?
Fram2 ist eine private Mission, geleitet vom Unternehmer und Abenteurer Chun Wang. Ich habe ihn im Frühjahr 2023 auf einem Expeditionstraining auf Spitzbergen kennengelernt. Auch Eric Philips war dabei, der ebenfalls mit ins All fliegen soll im März. Bei der fünftägigen Skiexpedition haben wir gelernt, wie man bei minus 20 Grad Celsius zeltet, sein Equipment handhabt und die verschiedenen Terrains in arktischen Gebieten traversiert. 

Klingt erstmal nicht nach Weltraum…
Zu der Zeit war ich im Studium an der ETH Zürich und hatte ein Satellitenteam, von dem ich so begeistert war, dass ich allen davon erzählt habe – ob sie es hören wollten oder nicht. So ging es los, dass ich mit Chun über Weltraumprojekte redete. Dass er mich ein halbes Jahr später fragt, ob ich bei einer astronautischen Mission mitfliegen will, hätte ich im Traum nicht gedacht.

Die drei- bis fünftägige Weltraummission Fram2 ist für das Frühjahr 2025 geplant. Mit einem gecharterten Crew-Dragon-Raumfahrzeug von SpaceX werden vier Personen erstmals aus einer Erdumlaufbahn über die Polarregionen der Erde fliegen. Teil der Crew sind der maltesische Unternehmer und Kryptowährungsinvestor Chun Wang, die norwegische Kamerafrau und Filmregisseurin Jannicke Mikkelsen, der australische Polarabenteurer Eric Philips und die deutsche Ingenieurin Rabea Rogge.

Zeichnung eines Segelschiffs.

Benannt wurde die Weltraummission nach dem historischen Polar- und Expeditionsschiff Fram, das wegweisende Expeditionen zu beiden Polarregionen der Erde unternommen hat. Auch Fram2 wird die Polarkreise erkunden – allerdings aus dem All.

Foto von Amundsen, Roald: The South Pole, Vol. I, first published by John Murray, London 1912. / Wikimedia Commons

Du hast keine spezielle Ausbildung in der Raumfahrt – warum hat er dich gefragt?
Unser Flug wird die erste astronautische Mission sein, die in einer Erdumlaufbahn über beide Pole führt. Chun hat unser Team so ausgewählt, dass wir alle einen anderen Blickwinkel auf die Polarregionen haben: Eric als Polarabenteuerer, Jannicke als Polarfilmemacherin und ich als Forscherin, die mit Robotern in der Arktis arbeitet. Dank unserer Erfahrungen mit extremen Umgebungen und unserer verschiedenen Hintergründe können wir uns gut ergänzen. Als Elektroingenieurin und Robotikexpertin hatte ich eine gute Grundlage, um das technische Training zu meistern. Und auch meine Erfahrung in der Durchführung von Operationen in verschiedenen extremen Situationen sowie an isolierten Orten wird mir auf der Mission sicher helfen. 

Für viele Menschen ist der Flug ins All ein Kindheitstraum. War das bei dir auch so?
Ich war tatsächlich eher das Dinosaurier-Kind – aber die Liebe zu Wissenschaft und Technik hatte ich schon früh. Ich erinnere mich an meinen ersten Roboter, einen R2D2 von Star Wars, den man programmieren konnte. So kam es, dass ich eine Ausbildung in Richtung Technologie verfolgt habe. Meine Begeisterung für Weltraumtechnologie und die Erkenntnis, wie viel sich in dem Bereich zurzeit ändert, kam über das schon erwähnte Satellitenteam, das ich zwischen Dezember 2021 und April 2023 geleitet habe. Als komplettes Amateurteam haben wir es damals innerhalb eines Jahres geschafft, einen Satelliten-Prototypen zu bauen, diesen auf einem Parabelflug zu testen und letztendlich einen Wettbewerb der European Space Agency (ESA) zu gewinnen. 

Es gibt immer mehr private Missionen wie Fram2. Wie stehen staatliche und private Raumfahrt zueinander?
In den letzten Jahren hat sich die Raumfahrt stark verändert. Früher dominierten staatliche Raumfahrtagenturen wie NASA oder ESA, doch heute treiben auch private Firmen die Innovation voran. Durch die Privatisierung des Weltraums können viel mehr Menschen ihre Ideen einbringen und neue Technologien für ein besseres Leben auf der Erde und außerhalb von ihr finden. Staatliche und kommerzielle Missionen stehen dabei nicht in Konkurrenz zueinander – sie ergänzen sich und ermöglichen uns mehr Zugang, um den Punkt zu erreichen, an dem die Raumfahrt für mehr Menschen verfügbar ist. 

An Bord werdet ihr zu viert sein. Wer übernimmt was im Raumschiff?
In dieser frühen Phase der privaten Raumfahrt reisen wir alle als aktive Astronauten und nicht als passive Mitfahrer. Chun ist unser Missionskommandant, Eric unser Missionsspezialist und Arzt, Jannicke ist unsere Fahrzeugkommandantin und ich bin als Pilotin dabei. Das bedeutet, dass ich die Systeme von Dragon gut verstehen muss und zusammen mit Jannicke Entscheidungen in Notfällen treffe. Durch meinen wissenschaftlichen Hintergrund bin ich außerdem für die Durchführung der Experimente verantwortlich. 

BELIEBT

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    Die vier Astronaut*innen von Fram2.

    Die vier Astronaut*innen von Fram2: Eric Philips, Jannicke Mikkelsen, Chun Wang und Rabea Rogge.

    Foto von Fram2 / X

    Was werdet ihr untersuchen?
    Wir wollen herausfinden, wie sich Menschen an extreme Umgebungen anpassen und wie wir den Zugang zum Weltraum aus medizinischer Sicht einfacher machen können. Dazu haben wir eine Vielzahl von Experimenten mit an Bord. Wir werden unter anderem das erste tragbare Röntgengerät ins All bringen, genetische Anpassung untersuchen und an mehreren Studien zur kognitiven Leistung teilnehmen. Diese Studien werden die kommenden Artemis-Missionen zum Mond und andere zukünftige Langzeitmissionen unterstützen. 

    Wie bereitet ihr euch auf Fram2 vor?
    Wir trainieren seit August 2024 in Kalifornien mit SpaceX und haben hier gelernt, wie man die Trägerrakete und das Raumfahrzeug handhabt. In einer Trainingskapsel in Hawthorne haben wir verschiedene Szenarien geprobt, die uns während der Mission begegnen könnten. Darüber hinaus üben wir auch für die wissenschaftlichen Experimente, die wir an Bord durchführen werden. Und wir absolvieren ein medizinisches Training, um uns auf die Auswirkungen der Raumfahrt auf unsere Körper vorzubereiten. Dazu gehört auch das klassische Zentrifugentraining, das man aus Filmen und Fernsehsendungen kennt – das war allerdings nicht schlimmer als eine Achterbahn. 

    Rabea Rogge beim Training.

    Rabea Rogge beim Training in Los Angeles.

    Foto von SpaceX

    Hast du manchmal auch Angst vor dem Flug ins All?
    Anfangs hatte ich definitiv Respekt davor. Es gibt so unglaublich viel zu beachten. So eine autonome Weltraumkapsel ist ein wahres Wunder der Technologie. Mittlerweile habe ich aber so viel von der herausragenden Arbeit der Ingenieure gesehen und wie hoch die Sicherheitsstandards sind, dass das nicht mehr der Fall ist. Man darf auch nicht vergessen, dass Dragon und Falcon-9 regelmäßig für NASA-Missionen ins All fliegen und somit strengen Regulierungen unterliegen.

    Ihr habt nur wenige Monate Zeit. Bislang dauerte ein solcher Trainingsprozess mehrere Jahre. 
    Die Anforderungen an Astronauten haben sich im Laufe der Jahre aufgrund großer Fortschritte in der Raumfahrttechnologie verändert. Mit modernen Raumfahrzeugen laufen viele Prozesse autonom ab. Automatisierte Andockmechanismen und intuitive Steueroberflächen erleichtern zum Beispiel den Betrieb von Raumfahrzeugen – im Vergleich zu den zahlreichen Hebeln und Tasten in älteren Modellen, deren Bedienung jahrelanges Training erforderte. Wir sind zwar darauf trainiert, in allen möglichen Situationen einzugreifen, aber das ist nicht die Norm, weshalb sich unsere Trainingszeit erheblich verkürzt. 

    Heißt: Bald könnten auch Personen ohne spezielle Ausbildung Weltraumspaziergänge unternehmen?
    Dies ist definitiv die Vision, auf die wir hinarbeiten. Mit unserer Mission wollen wir erstmal auch Neugier und Pioniergeist wecken. Mein persönliches Ziel bei Fram2 ist es deshalb, der Wissenschaftskommunikation viel Platz zu geben und so möglichst viele Menschen mit einzubinden. Zum Beispiel werden wir ein Projekt haben, bei dem Schüler bei einem Amateurfunk-Wettbewerb vom Boden aus mitmachen können.

    Die Zugangsrampe für das Crew Dragon-Raumfahrzeug und die Rakete Falcon 9 von SpaceX wird am 21. ...

    Bisher war noch keine deutsche Frau im All, obwohl es in Deutschland zwei ESA-Reserve-Astronautinnen, Amelie Schoenenwald und Nicola Winter, und die private Initiative „Die Astronautin“ mit den Anwärterinnen Insa Thiele-Eich und Suzanna Randall gibt… 
    Das stimmt, diese Frauen sind alle starke Vorbilder für mich. Mit Insa und Suzanna stehe ich sogar im Austausch. Die beiden sind wirklich unglaublich unterstützend und freuen sich für mich. 

    Was bedeutet es für dich, die erste deutsche Frau im Weltraum zu sein?
    Daran habe ich definitiv nicht zuerst gedacht, als Chun mich gefragt hat. Nun ist es mir aber eine Ehre. Die Raumfahrt war lange von Männern dominiert. Vor über 60 Jahren flog die erste Frau ins All. Es dauerte weitere 20 Jahre, bis wieder eine Frau in den Orbit geschickt wurde. Zum Glück hat sich die Zahl der weiblichen Astronauten seitdem stetig erhöht. Aber es ist gut, sich daran zu erinnern, dass das, was wir heute für selbstverständlich halten, eine relativ neue Errungenschaft ist. Ich möchte mit meiner Arbeit und dieser Mission die nächste Generation von Weltraumbegeisterten inspirieren, ihre Träume zu verfolgen. Und wenn durch die Mission auch nur eine Frau denkt: ‚Hey, das kann ich auch!‘, dann ist das ein absoluter Gewinn.

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