Trend bei Körpergröße: Männer und Frauen driften weiter auseinander
Der Größenunterschied zwischen den Geschlechtern wächst – vor allem in Ländern mit besseren Lebensbedingungen. Welche Rolle spielen sexuelle Vorlieben? Und warum reagieren Männer empfindlicher auf Umweltveränderungen?

Der Größenunterschied zwischen Männern und Frauen hat in den letzten 100 Jahren deutlich zugenommen.
Frauen bevorzugen größere Männer, Männer kleinere Frauen – so das altbekannte Klischee. Allen, die diese Vorliebe wirklich haben, spielt ein aktuell zu beobachtender Trend in die Karten. Denn laut einer Studie, die in der Zeitschrift Biology Letters erschienen ist, nimmt der Größenunterschied zwischen den Geschlechtern immer mehr zu – vor allem in Weltregionen mit hoher Lebensqualität.
Lebensstandard beeinflusst Größenunterschied
Das Studienteam unter der Leitung von David Giofrè von der italienischen Universität Genua konnte zeigen: Global betrachtet haben Männer im vergangenen Jahrhundert doppelt so stark an Größe und Gewicht zugelegt wie Frauen. Zu diesem Ergebnis kommen die Forschenden anhand einer umfassenden Analyse von Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Informationen von rund 135.000 Menschen aus 62 Ländern enthalten. Weitere Studien und Indizes wurden ergänzend hinzugezogen.
Auffällig war insbesondere das Ergebnis, dass der Unterschied bei der Körpergröße der Geschlechter stark durch die Lebensbedingungen beeinflusst wird, die in einem Land herrschen. In Ländern wie Deutschland, in denen der Lebensstandard hoch ist, überragen Männer Frauen oft deutlich. In Ländern mit schlechterer Lebensqualität – zum Beispiel Indonesien – bleiben beide Geschlechter kleiner und ähneln sich stärker in der Größe.
Warum sind Frauen kleiner als Männer?
Umweltveränderungen scheinen sich auf Männer stärker auszuwirken als auf Frauen. Eine Verbesserung der Lebensbedingungen wirkt sich auf Letztere nur geringfügig aus. Körpergröße und Gewicht von Männern nehmen hingegen im Schnitt deutlich stärker zu, sobald die Umstände sich positiv verändern.
Eine mögliche Erklärung: Sind mehr und bessere Ressourcen verfügbar, nutzen männliche Körper die plötzlich vorhandene energiereiche Nahrung für das Wachstum. Sie werden größer und kräftiger. Bei Frauen hingegen ist dieser Effekt bei weitem nicht so stark. Laut der Studienautor*innen könnte der Grund dafür sein, dass ihre Körper viel Energie in Schwangerschaft und Stillen investieren. Dieser evolutionäre Mechanismus könnte dazu geführt haben, dass sich ihr Körperwachstum stabilisiert hat – selbst unter optimalen Bedingungen.
Sexuelle Selektion: Je größer, desto attraktiver?
Nicht nur Umweltfaktoren wie Ernährung und Wohlstand treiben den Trend voran. Auch die Partnerwahl spielt eine entscheidende Rolle. Studien zeigen: Frauen bevorzugen größere Männer, da Größe mit Stärke, Gesundheit und Vitalität assoziiert wird. Diese Präferenz könnte den Größenunterschied über Generationen hinweg verstärkt haben.
Doch große Männer haben nicht nur Vorteile. Giofrè und Kollegen betonen, dass größere Körper auch mehr Energie benötigen. Zudem leiden Männer häufiger unter den Folgen von Mangelernährung oder Krankheiten in der Kindheit. Diese können langfristig ihre Gesundheit schädigen – etwa durch eine kürzere Lebenserwartung oder eine höhere Krankheitsanfälligkeit. Große Körper haben also ihren Preis.
Hamburger*innen sind die Größten
In Deutschland kennt die Entwicklung bei der Körpergröße seit geraumer Zeit nur eine Richtung – nach oben. Die Deutschen sind heute durchschnittlich 15 Zentimeter größer als vor 150 Jahren: Männer messen im Schnitt 1,79 Meter, Frauen 1,66 Meter. Besonders hochgewachsen sind übrigens die Menschen in Hamburg mit im Schnitt 1,73 Metern. Die Menschen im Saarland sind mit einer Durchschnittsgröße von 1,71 Metern die kleinsten.
