Die Kunst, Pandas zu fotografieren

Die Fotografin Ami Vitale hat 3 Jahre Pandas in China abgelichtet – eine herzzerreißende, aber anspruchsvolle Aufgabe.

Von Alexa Keefe
bilder von Ami Vitale
Veröffentlicht am 22. Aug. 2018, 14:37 MESZ
Eine Gruppe von Riesenpanda-Jungtieren, die in der Zucht- und Forschungseinrichtung Bifengxia in der Provinz Sichuan, China, ...
Eine Gruppe von Riesenpanda-Jungtieren, die in der Zucht- und Forschungseinrichtung Bifengxia in der Provinz Sichuan, China, für ein Portrait nach draußen gebracht werden.
Foto von Ami Vitale, National Geographic Creative

Pandas sind zweifelsohne bezaubernd, aber das ist nicht der Grund, warum die Fotografin Ami Vitale so ein Faible für die Tiere hat. Tatsächlich war ihr neuestes Projekt, die berühmten Bären für „National Geographic“ auf völlig neue Art und Weise zu fotografieren, sogar eines ihrer bisher schwierigsten.

Über drei Jahre hinweg hat Vitale unterschiedliche Panda-Stationen besucht, die vom China Conservation and Research Center for the Giant Panda, dem chinesischen Zentrum für Naturschutz und Forschung, betrieben werden. Zu den wichtigsten dieser Stationen zählen das Wolong-Naturreservat und Bifengxia.

„Im Zoo erleben wir Riesenpandas meist als sehr lebhafte, soziale Wesen, in Comics werden sie oft als die tölpelhaften Clowns der Tierwelt dargestellt. In Wahrheit sind die Tiere aber ziemlich scheu”, sagt Vitale. Im Wolong-Naturreservat, wo die Pandas in riesigen Gehegen aufwachsen, war es eine große Herausforderung, die Tiere überhaupt zu Gesicht zu bekommen, wenn sie sich kurz aus den Bambuswäldern hervorwagen oder auf den Baumwipfeln zu sehen sind.

Die Pandas, die hier geboren werden, sollen irgendwann in der Wildnis freigelassen werden. Das bedeutet, dass sie keinerlei menschlichen Kontakt haben sollen. Was es für Vitale natürlich umso schwieriger machte, nah genug an die Tiere heran zu kommen. Um die Tiere in ihrem umzäunten Lebensraum zu fotografieren, musste sie sich selbst als Panda verkleiden. Dazu gehörte nicht nur ein Panda-Ganzkörperanzug, sondern auch der Geruch nach dem Urin und Kot der Tiere. In dieser Aufmachung, bei der wohl jeder Pandabär dachte, dass das aber ein merkwürdiger Artgenosse ist, wartete sie von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf den richtigen Moment.

BÄRIGE HERAUSFORDERUNGEN

In Bifengxia, einer Zucht- und Forschungseinrichtung, wo die Tiere rund um die Uhr von Pflegern umsorgt werden, könnte man meinen, dass es viele Möglichkeiten gibt, die Riesenpandas vor die Linse zu bekommen. Die größte Herausforderung bestand hier jedoch tatsächlich darin, sich an das Protokoll der fürsorglichen Pfleger zu halten, für die das Wohl der Tiere mehr im Vordergrund steht als ein gutes Foto.

BELIEBT

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    Ami Vitale in ungewöhnlicher Aufmachung beim Fotografieren von Riesenpandas im Hetaoping Wolong Panda Center. Pandas, die auf das Leben in der Wildnis vorbereitet werden, dürfen sich auf keinen Fall an den Anblick von Menschen gewöhnen, auch nicht an Fotografen.
    Foto von Ami Vitale

    „Es ging nicht nur darum, Zugang zu bekommen und das Vertrauen vor Ort zu gewinnen“, so Vitale. „Sondern auch darum, überhaupt mit einem wilden Tier zu arbeiten. [Pandajungen] sind sehr schwach und wehrlos. Erst mit sechs Monaten bekommen sie Zähne und Krallen.“ Man sollte nicht vergessen, „[dass Pandas] Bären sind“.

    Einige der Tricks, die sie sich beim Fotografieren von Riesenpandas angeeignet hat, hat Vitale jetzt in einem Buch zusammengefasst: „Panda Love: the Secret Lives of Pandas.

    Wenn dann tatsächlich etwas passiert, wenn man fotografiert, muss man jederzeit bereit sein. Vitale erinnert sich noch gut daran, wie sie zwei ereignislose Tage und Nächte darauf gewartet hat, dass eine Pandamutter in ihrem Gehege ihr Kind zur Welt bringt. „Ich merkte, dass sie sich etwas ungewöhnlich verhielt. Also hielt ich mich bereit. Das Junge flutschte regelrecht heraus, und fing sofort an zu schreien. Alles ging so schnell.“

    “Innerhalb von Sekunden nahm Ming Ming es in den Mund und drehte sich mit dem Rücken zu uns.“

    Dieser Moment, in dem sie die Geburt von Ming Mings Jungtier einfangen konnte, hat Vitale tief berührt. „Als ich mit der Story angefangen habe, war ich noch gar nicht mit dem Pandafieber infiziert. Jetzt, wo ich so viel Zeit mit ihnen verbracht habe, verstehe ich, warum die Menschen so begeistert von diesen Tieren sind.

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    EINE TIERISCHE VERBINDUNG

    Bei der Arbeit an ihrem Buch stellte Vitale fest, dass die Tiere nicht nur aufgrund ihres Äußeren so bezaubernd sind. Sie stellen auch eine ganz besondere Verbindung zur Natur und zu uns Menschen her.

    „Was mein Herz wirklich erobert hat, war die Erkenntnis, dass diese Tiere unglaubliche, geheimnisvolle und unheimlich wertvolle Wesen sind“, so Vitale.

    In freier Wildbahn sind Pandas den Großteil ihres Lebens in den Bergen Chinas auf sich allein gestellt. Nur für kurze Zeit kommen sie zusammen, um sich fortzupflanzen und ihr Junges zu gebären. Über Millionen von Jahren haben sie ihre Ernährung perfekt an ihren natürlichen Lebensraum angepasst und ernähren sich heute ausschließlich von Bambus. Und das in rauen Mengen. Deswegen sind sie extrem empfindlich gegenüber Habitatsverlusten.

    Dass sie so abhängig vom Bambus sind und sensibel auf Habitatsverluste reagieren, hat zu einem starken Rückgang ihrer Populationszahlen geführt. Seit den 90er-Jahren stehen sie auf der Liste der bedrohten Tierarten. Seitdem tut die chinesische Regierung alles, was in ihrer Macht steht, um die Tiere zu retten. Im Jahr 2016 wurden sie von der IUCN, der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen, die den Status bedrohter Tierarten bewertet, nicht mehr als bedroht, sondern als gefährdet eingestuft - eine kleine Verbesserung. Ihr Lebensraum bleibt jedoch weiter bedroht, und die erfolgreiche Aufzucht der Einzelgänger in Gefangenschaft ist weiterhin schwierig.

    Vitale erinnert sich noch gut an den letzten Tag ihres Einsatzes, genau drei Jahre, nachdem sie angefangen hatte. Sie war im Wolong-Naturreservat und versuchte, ein Foto einer Pandamutter mit ihrem Jungen zu bekommen. „Entweder hat es geschlafen, oder die Mutter hat es versteckt. Ich dachte schon, das wars. Die Story ist vorbei. Kurz bevor ich gehen wollte, nahm sie das Junge in ihren Mund, lief hoch auf einen Hügel, nahm es in ihre Pfoten und hielt es nach oben, als wollte sie es mir zeigen. Danach lief sie wieder zurück.“

    Vielleicht war das nur ein Zufall. Für Vitale war es trotzdem ein Beispiel für die emotionale und spirituelle Verbindung, die Pandas im Herzen des Menschen hervorrufen können. Es ist dieses Bewusstsein, dass wir miteinander verbunden sind, so Vitale, das dazu führt, dass wir uns in diese Tiere verlieben. Und dann den Mut haben, uns für alle Tiere einzusetzen, die sich diesen Planten mit uns teilen.

    „Die Rettung der Natur ist gleichzeitig unsere Rettung“, so Vitale.

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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