Profifotograf David Köster: Sieben Tipps für perfekte Landschaftsaufnahmen

David Köster zählt zu den besten Landschaftsfotografen in Deutschland. Für National Geographic verrät er, wie selbst Gelegenheitsknipsern grandiose Naturaufnahmen gelingen.

Von Jens Voss
Veröffentlicht am 3. Feb. 2023, 08:21 MEZ
Atemberaubend: Landschaftsfotograf David Köster vor einem kristallklaren Bergsee in Patagonien. Im Hintergrund zerklüftete Berge

Atemberaubend: Landschaftsfotograf David Köster in Patagonien. (Für volle Größe aufs Bild klicken.) 

Foto von David Köster

Majestätische Berge und Täler, so weit das Auge reicht. Dazwischen ein reißender Gebirgsfluss und eine verschneite Hütte. Die Sonne versinkt am Horizont. Jetzt schnell ein Foto, um den atemberaubenden Moment festzuhalten. 

Doch nach dem Blick aufs Display folgt der Frust: Irgendwie kommt das spektakuläre Motiv nicht so richtig rüber. Die Farben stimmen nicht, die Räumlichkeit fehlt. Und gestochen scharf ist das Ganze auch nicht. Die Aufnahme wirkt geradezu langweilig. 

Viele Hobbyfotografen und Gelegenheitsknipser kennen das Dilemma: Die Kameratechnik wird immer besser, trotzdem wollen die eigenen Aufnahmen oft nicht so recht überzeugen. „Nicht die Kamera macht das Bild, sondern der Mensch dahinter“, sagt David Köster.

Der Profifotograf aus Halle an der Saale hat sich auf Landschaftsaufnahmen spezialisiert. Für National Geographic verrät er sieben Tipps für richtig gute Fotos.

Tipps und Tricks für die Landschaftsfotografie

1. Fotoausrüstung

Die besten Aufnahmen gelingen laut David mit einer sogenannten Systemkamera. Sie besteht aus der eigentlichen Kamera und einem abnehmbaren Objektiv. Ob es sich hierbei um eine Spiegelreflexkamera (DSLR) oder um ein modernes spiegelloses Modell (DSLM) handelt, hält David für zweitrangig. Er selbst fotografiert inzwischen am liebsten spiegellos.

Wichtig sei aber, dass man das Objektiv nach Bedarf wechseln kann. Mit einem Weitwinkelobjektiv (niedrige Brennweite) hat man zum Beispiel einen großen Bildausschnitt. Man bekommt also sehr viel aufs Bild. Beim Teleobjektiv (hohe Brennweite) ist es umgekehrt. Der Bildausschnitt ist klein, wird aber ähnlich wie bei einem Fernglas vergrößert wiedergegeben. Für David ist das Objektiv ebenso wichtig wie die Kamera. 

Smartphones eignen sich übrigens nach Ansicht des Profis nur bedingt für gute Landschaftsfotos. Der Grund: Der Minisensor limitiert die Bildqualität, was man spätestens sieht, wenn man sich die Bilder auf einem großen Monitor anschaut oder ausdruckt. Auch die vier wichtigsten Foto-Parameter lassen sich hier oft nicht manuell einstellen: Blende, Belichtungszeit, ISO-Zahl und Brennweite. Im Zusammenspiel bestimmen die vier Faktoren aber die Schärfe und die Belichtung des Bildes. David spricht deshalb vom magischen Fotoviereck.

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    Foto von David Köster

    2. Kameraeinstellungen

    Wer beindruckende Landschaftsfotos machen will, sollte also den Automatikmodus abschalten und manuell knipsen. Nur so hat man wirklich Kontrolle über den Aufnahmeprozess. Auf seiner Website gibt David jede Menge Tipps zu den richtigen Kameraeinstellungen.

    Hier in Kürze die wichtigsten Basics: Die Einstellung der Blende bestimmt, wie viel Licht auf den Sensor fällt. Je kleiner die Blendenöffnung (große Blendenzahl), desto weniger Licht fällt ein – und desto länger muss man belichten. Gleichzeitig wird das gesamte Bild von vorne nach hinten schärfer. Die meisten Landschaftsfotografen streben eine solche hohe Tiefenschärfe an. Zu klein sollte die Blendenöffnung wegen der unerwünschten Beugungsunschärfe aber auch nicht sein. David empfiehlt Werte zwischen f/8 und f/14. 

    Damit wird klar: Direkt mit der Blendeneinstellung hängt die Belichtungszeit zusammen. Sie gibt an, wie lange der Verschluss der Kamera beim Knipsen geöffnet bleibt, um Licht auf den Sensor zu leiten. Spätestens wenn man länger als 1/50 Sekunden belichtet muss, braucht man ein Stativ. Wichtig zu wissen: Kurze Belichtungszeiten frieren Bewegungen auf dem Bild ein, bei zu langen Belichtungen verschwimmen sie.

    Um die Belichtungszeit zu minimieren, kann man die Lichtempfindlichkeit des Sensors über die ISO-Einstellung erhöhen. Hierbei nennt David eine Faustregel: Die Belichtungszeit halbiert sich mit einer Verdopplung der ISO-Zahl. Doch Achtung: Je höher der ISO-Wert, desto schlechter die Bildqualität und desto stärker unerwünschte Effekte wie Bildrauschen. 

    Durch Einstellung der Brennweite bestimmen Fotografen schließlich, wie viel aufs Bild kommt und wie nah oder fern das Motiv abgebildet wird. Sie wird in Millimetern angegeben. Ein normales Objektiv hat meist eine Brennweite von 50 mm, ein Weitwinkelobjektiv von 35 mm und weniger. Tierfotografen knipsen oft mit Superteleobjektiven mit Brennweiten von über 400 mm.

    Selfie in Südtirol: Für seine Arbeit als Landschaftsfotograf wurde David Köster mehrfach mit renommierten Preisen ausgezeichnet.

    Foto von David Köster

    3. Motivwahl

    „Ein gutes Landschaftsfoto muss emotional sein“, sagt David. „Zum einen löst es ein Gefühl beim Betrachter aus. Zum anderen muss es meine eigenen Emotionen als Fotograf transportieren.“ Dazu braucht es einiges an Vorbereitung. Bei David beginnt sie mit der Recherche der besten Locations. Dabei setzt er unter anderem auch auf Online-Dienste wie Google Earth oder Foto-Apps wie Locationscout. 

    Vor Ort heißt sein Motto dann: „Erst sehen, dann fühlen, dann fotografieren.“ Die meisten Fotoanfänger machen stattdessen den Fehler, einfach drauflos zu knipsen. Doch der erstbeste Standort ist meist nicht der beste. Manchmal reichen schon ein paar Schritte, um eine spannendere Stelle zum Fotografieren zu finden. Wie so oft entscheidet dabei auch die Frage der Perspektive: Kommt das Motiv am besten rüber, wenn man es aus Augenhöhe ablichtet? Oder wirkt es womöglich aus der Frosch- oder Vogelperspektive spannender?

    4. Bildaufbau

    „Ein gutes Landschaftsfoto spiegelt den besonderen Charakter des Ortes wider“, sagt David. Doch bei der Umsetzung stehen Fotografen vor einem Problem: Die Natur ist dreidimensional, das Foto dagegen zweidimensional. Ziel ist es also, räumliche Tiefe ins Bild zu bringen. Und dabei hilft der Bildaufbau. Jetzt wird es richtig kreativ. Denn wie auch in der Malerei bieten sich verschiedene Techniken für die Bildkomposition an.

    Da ist zum Beispiel der Goldene Schnitt, der schon in der Antike als gestalterisches Mittel eingesetzt wurde. Das Hauptmotiv erscheint hierbei nicht einfach in der Bildmitte. Stattdessen wird es dort positioniert, wo sich die Höhe oder Breite des Bildes im Verhältnis von 62:38 (oder einfach 60:40) teilen lässt. Eine solcher Aufbau wirkt sehr harmonisch und leitet den Blick des Betrachters.

    Ähnlich funktioniert die einfachere Drittel-Regel. Viele moderne Kameras können so eingestellt werden, dass ein Gitternetz aus neun gleichen Teilen auf Display oder Sucher erscheint. Die Motive sollten dann an den Schnittpunkten oder entlang der Linien platziert werden.

    Auf seiner Internetseite erläutert David viele weitere Gestaltungsmittel. Unterschiedliche Bildebenen (Vordergrund, Mitte, Hintergrund) sorgen beispielsweise für Dreidimensionalität, Linien und Diagonalen (etwa Flussläufe oder umgefallene Baumstämme) leiten das Auge des Betrachters, ein natürlicher Rahmen (zum Beispiel Felskanten) geben Orientierung.

    Polarlichter über Island.

    Foto von David Köster

    5. Nutzung des Lichts

    Auch das natürliche Licht kann gezielt einsetzt werden, um möglichst viel Räumlichkeit ins Foto zu bringen. Für David ist es das wichtigste Gestaltungsmittel überhaupt. Dabei geht es ihm nicht nur um die Lichtmenge, um eine Unter- oder Überbelichtung auszuschließen. Ebenso wichtig ist ihm die Lichtqualität, weil sie die Stimmung und das Erscheinungsbild des Fotos bestimmt. Fakt ist: Die natürlichen Lichtverhältnisse variieren je nach Wetterlage sowie Jahres- und Tageszeit erheblich.

    Für David steht fest: Die schönsten Fotos gelingen meist am frühen Morgen oder später am Abend. Zum Beispiel zur Blauen Stunde, kurz vor Sonnenaufgang und unmittelbar nach Sonnenuntergang. Oder zur Goldenen Stunde, kurz nach Sonnenaufgang und direkt vor Sonnenuntergang. In beiden Fällen ist das Licht besonders weich und harmonisch. Ungünstig sind dagegen die Mittagsstunden. Steht die Sonne hoch am Himmel, ist das Licht grell und hart, fehlende Schatten lassen das Bild flach aussehen. Ein strahlend blauer Himmel ist dagegen oft uninteressant. Wolken dagegen haben häufig eine besonders dramatische Wirkung.

    Auch die Lichtrichtung spielt eine wichtige Rolle. Beim Rückenlicht ist die Szenerie in der Regel gleichmäßig ausgeleuchtet, Schatten verleihen dem Bild eine gewisse Tiefe. Beim Streiflicht kommt das Licht von der Seite. Das gibt spannende Lichtreflexe. Allerdings kann es auch zu starken Helligkeitsschwankungen im Bild kommen, die der Kamerasensor nicht korrekt erfassen kann. Noch extremer sind die Bedingungen beim Gegenlicht, bei der oft die Sonne auf dem Bild zu sehen ist. David empfiehlt hier eine Belichtungsreihe, also dieselben Bilder mit unterschiedlichen Verschlusszeiten aufzunehmen und später in der Bildbearbeitung zu einem Foto zusammenzusetzen.

    Naturzauber in Österreich. 

    Foto von David Köster

    6. Schärfesteuerung

    Gestochen scharf – so sollen Landschaftsaufnahmen sein. David zufolge zählen dabei vor allem fünf Faktoren: Kameraeinstellung, Fokuspunkt, Stabilität beim Auslösen, Ausrüstung und Nachschärfung. Wie bereits erwähnt, lässt sich die nötige Tiefenschärfe über die Blende steuern. Außerdem empfiehlt David, den Fokuspunkt manuell zu setzen. Hierzu muss man die Messfeldautomatik abschalten, mit der die Kamera automatisch erkennt, welcher Punkt im Bild scharf gestellt werden soll. Überlässt man diese Arbeit der Kamera, läuft man Gefahr, dass falsche Bereiche scharf erscheinen.

    Klar ist auch: Je ruhiger die Kamera, desto schärfer das Bild. Am helllichten Tag ist das Fotografieren aus der Hand meist kein Problem, weil die Belichtungszeiten kurz genug sind. Gute Landschaftsaufnahmen entstehen aber oft dann, wenn es nicht so viel Licht gibt – etwa zur Blauen oder Goldenen Stunde. Ein Stativ ist also ein Muss. Und auch die Technik sollte mitspielen: Ein gutes Auflösungsvermögen von Kamerasensor und Objektiv zahlt sich allemal aus. Mit der Bildbearbeitung lässt sich das Foto danach zusätzlich nachschärfen.

    7. Bildbearbeitung

    Die Bildbearbeitung ist fester Bestandteil der digitalen Landschaftsfotografie. Und sie ist sogar zwingend nötig, wenn man – wie Profis es tun – mit RAW-Dateien arbeitet. Gegenüber dem herkömmlichen JPG-Format haben sie einen unschlagbaren Vorteil: Die Bildrohdaten werden in bester Qualität praktisch unbearbeitet und unkomprimiert auf der Speicherkarte der Kamera abgelegt. 

    David vergleicht das unbearbeitete Foto mit einem Rohdiamanten. Die elektronische Bildbearbeitung sorgt danach für den richtigen Schliff. Ob Belichtungsfehler, Bildrauschen oder Sensorflecken: Viele Mängel lassen sich so am Computer noch abmildern oder sogar beheben. Auch kann man in der Bildbearbeitung dem finalen Foto noch einen persönlichen Touch mitgeben. Nach der Bildveredlung lässt sich das finale Foto dann in ein JPG oder in andere Bildformate umwandeln. 

    Mehr über die Landschaftsfotografie von David Köster: www.davidkoester.de

     

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