Der Tempel der Frau, die als Pharao herrschte

Der Totentempel der Hatschepsut ist ein architektonisches Meisterwerk. Noch bemerkenswerter ist aber die Frau, die ihn in Auftrag gab.

Von Gulnaz Khan
Veröffentlicht am 19. Juli 2018, 10:56 MESZ
Der Totentempel der Hatschepsut wird nach Sonnenuntergang beleuchtet.
Der Totentempel der Hatschepsut wird nach Sonnenuntergang beleuchtet.
Foto von Kenneth Garrett, National Geographic Creative

Zu Füßen der steilen, schroffen Klippen der Nekropole Deir el-Bahari befindet sich der Totentempel der Hatschepsut, der von einer der außergewöhnlichsten Herrschaften der Geschichte Ägyptens zeugt.

Die abgestuften Plattformen, die Säulengänge und die lebhaften Reliefs machen das Bauwerk zu einem der bekanntesten architektonischen Meisterwerke der Welt. Noch bemerkenswerter ist aber die Frau, die den Bau des Tempels in Auftrag gab.

Als älteste Tochter des altägyptischen Königs Thutmosis I. übernahm Hatschepsut während der 18. Dynastie zunächst die Regierungsgeschäfte ihres verstorbenen Ehemanns Thutmosis II. Obwohl ihr Stiefsohn Thutmosis III. schließlich das regierungsfähige Alter erreichte, nahm sie den Titel des Pharaos an und regierte mehr als zwei Jahrzehnte lang das Reich.

Sie war eine der ersten Pharaoninnen Ägyptens.

Eine Statue der Hatschepsut zeigt die Pharaonin mit Löwenmähne und Pharaonenbart.
Foto von Kenneth Garrett, National Geographic Creative

Heutzutage sind die Zeugnisse von Hatschepsuts Errungenschaften noch immer von Nubien bis nach Beni Hasan sichtbar. In Theben errichtete sie gewaltige Obelisken und baute Straßen zu Ehren des Gottes Amun. Auch ihre Statuen entwickelten sich mit der Zeit weiter und zeigten sie schließlich mit einem männlichen Körper samt allen Königsinsignien wie dem traditionellen Bart, dem Shendyt und dem Nemes-Kopftuch.

Aber das Kronjuwel ihrer Bauten war ihr Totentempel, den sie strategisch geschickt am Westufer des Nils platzierte, neben dem Tempel von Mentuhotep II. Damit stärkte sie ihre Position unter den Herrschern Ägyptens. Der Djeser djeseru („Heiligster der Heiligen“), wie der Tempel auch genannt wurde, wurde mit Szenen ihrer Herrschaftszeit verziert und enthielt Schreine für Anubis, den Gott der Toten, Hathor, die Fruchtbarkeitsgöttin, den Gott Amun sowie den Sonnengott Re (die beiden letzteren verschmolzen später zu einer Gottheit).   

Hatschepsut verstarb im Jahr 1458 v. Chr. und wurde im Tal der Könige bestattet. Obwohl sie zahlreiche Vorkehrungen getroffen hatte, um die Erinnerung an ihre Person auch nach ihrem Tod zu erhalten, führte Thutmosis III. 20 Jahre nach ihrem Versterben eine regelrechte Kampagne durch, um ihr Vermächtnis zu vernichten. Er ließ ihre Statuen zerstören, entstellte ihre Bildnisse und ließ ihre Namenskartuschen unkenntlich machen. Manche glauben, dass es ein Rachefeldzug war, während andere vermuten, es diente der reibungslosen Nachfolge seines Sohnes auf den Herrscherthron. Einer dritten Theorie zufolge wollte er die Herrschaftsfolge der Könige – Thusmosis I., II. und III. – nicht durch eine Frau unterbrochen sehen. Zwischen 1923 und 1931 grub die ägyptische Expedition des Metropolitan Museum of Art zahlreiche Bruchstücke ihrer zerstörten Statuen aus, die vor dem Tempel in eine Grube geworfen worden waren.

Was auch immer der ursprüngliche Grund dafür war, aber Thutmosis‘ Kampagne war erfolgreich, und so geriet die Herrschaft Hatschepsuts langsam in Vergessenheit. Als Gelehrte im frühen 19. Jahrhundert die ägyptischen Hieroglyphen schließlich entziffern konnten, konnten sie endlich auch die Inschriften auf ihrem Tempel lesen und ihre Geschichte ans Licht bringen. Heutzutage lebt ihr Vermächtnis in ganz Ägypten durch jene Bauwerke weiter, die sie hinterlassen hat.

REISEINFORMATIONEN

Der Tempel ist ganzjährig von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Früh am Morgen sind die Temperaturen noch nicht so hoch. Hatschepsuts Tempel ist nur eines der archäologischen Wunderwerke der Thebanischen Nekropole, einer UNESCO-Welterbestätte. Wer einen längeren Aufenthalt einplant, kann die bunt bemalten Grabanlagen im Tal der Könige besuchen, den Karnak-Tempel erkunden und im Sonnenuntergang die Hieroglyphen an den Säulen des Luxor-Tempels bewundern.

Wer die Sommerhitze verträgt, kann die größten Touristenmassen von Mai bis September umgehen. Danach werden die Temperaturen dann zwar milder, aber es kommen auch mehr Besucher.

Eine der schönsten Möglichkeiten, um die Sehenswürdigkeiten der Region zu erkunden, ist eine Nilkreuzfahrt. Nicht selten stellen Reiseanbieter erfahrene Ägyptologen zur Verfügung, die während der Kreuzfahrt über die Tempelruinen und die Geschichte des Alten Ägypten informieren. Alternativ gibt es eine Vielzahl an Hotels, die Tagesausflüge oder längere Touren anbieten.

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