Rinde, Asche & Urin: Zahnpasta von der Antike bis heute

So sehr sich die heutigen Zahnputzmittel von ihren Vorgängern auch unterscheiden: Einige Dinge sind gleichgeblieben.

Von Becky Little
Veröffentlicht am 5. Juli 2019, 19:10 MESZ
Straßenzahnarzt mit Patient
Ein Straßenzahnarzt betreut einen Patienten.
Foto von Shutterstock

Salz und Pfeffer würden sich wohl die wenigsten Menschen gern pur in den Mund stecken, ganz zu schweigen von Asche.

Wer an Zahnpasta aus Tuben gewöhnt ist, rümpft bei diesem Gedanken sicher die Nase. Aber mit diesen Mittelchen haben Menschen jahrhundertelang ihre Mundhygiene betrieben – und einige davon unterscheiden sich im Grunde gar nicht so sehr von den Zahncremes, die man heutzutage im Laden kaufen kann.

Alte Zahnputzmittel nutzten Schleifmittel wie Salz oder Asche, um die Zähne von klebrigen Nahrungsmittelresten zu befreien. Auch viele heutige Zahnpasten enthalten solche abrasiven Inhaltsstoffe. Zumeist sind diese Putzkörperchen aus Kieselsäure oder Kunststoffen, manchmal auch aus Kalziumkarbonat. Dank unserer modernen Technik werden die Schleifmittel aber so hergestellt, dass sie deutlich schonender als die zerbrochenen Eierschalen, Bimssteine und anderen Dinge sind, die früher diesen Zweck erfüllten.

Menschliche Zahnpflege mit Garnelen?
Putzergarnelen putzen gern – auch die Zähne von Menschen.

Genau wie heute waren Zahnputzmittel auch früher mit Geschmacksstoffen versehen. Ein ägyptisches Rezept aus dem 4. Jahrhundert listet Salz, Pfeffer, Minze und getrocknete Schwertlilienblüten als Inhaltsstoffe auf. Nachdem der Zahnarzt Heinz Neumann das Rezept 2003 selbst einmal ausprobiert hatte, erzählte er dem „Telegraph“, dass sich sein Mundraum „frisch und sauber“ anfühlte. Auch wenn er davon Zahnfleischbluten bekam, sagte er, dass das Rezept „deutlich besser als einige der Seifenzahncremes“ war, die vor dem Zweiten Weltkrieg hergestellt wurden.

Im England des 14. und 15. Jahrhunderts bestand einer der meist genutzten Zahnreiniger aus einer Mischung aus Honig, Salz und Roggenmehl, erzählt Martha Carlin, eine Geschichtsprofessorin an der University of Wisconsin-Milwaukee. Der Honig erfüllte gleich zwei Zwecke: Er diente als Bindemittel für die Zutaten und sorgte für einen angenehmen Geschmack.

Für ein anderes häufig genutztes Rezept jener Zeit benötigte man die verbrannten Zweige eines Besenginsters, die man mit gebranntem Alaun mischte. Das Ergebnis war ein schwarzes, ascheähnliches „Zahnpuder“, dass man sich auf die Zähne reiben konnte. Im Gegensatz zu der Mischung aus Salz, Honig und Roggenmehl „vermute ich mal, dass dieses Rezept scheußlich geschmeckt hat“, sagt Carlin.

Obwohl die meisten mittelalterlichen Rezepte für Zahnreiniger in Form von Pasten und Pudern daherkamen, hat Carlin auch eines gefunden, in dem es heißt: „Um die Zähne schön und weiß zu machen, nimm die Rinde des Mastixstrauchs und reibe deine Zähne damit gründlich ab.“ Das Rezept bezieht sich auf eine Pflanze aus dem mediterranen Raum, die von den Menschen in der Region schon lange genutzt wurde, um den Atem aufzufrischen.

Die erste massengefertigte Zahnpasta wurde 1873 von der Firma Colgate vertrieben. Damals wurde die Paste noch in einem Glas verkauft. 20 Jahre später begann die Firma dann, sie in Tuben zu vertreiben. Mit der Zeit verdrängte die industriell gefertigte Zahnpasta die selbstgemachten Mischungen. Mittlerweile kann man in der Drogerie aus einer großen Auswahl an Zahnpasten mit allen möglichen Inhaltsstoffen und Geschmacksrichtungen wählen. Auch feste Zahnpasta in Form von Kautabletten wird immer beliebter.

An einigen modernen Geschmacksrichtungen wie Schokolade, Zimt oder Erdbeere scheiden sich die Geister. Vergleicht man sie allerdings mit einigen Dingen, die in der Antike genutzt wurden, wirken sie plötzlich gar nicht mehr so seltsam: Die Römer hellten ihre Zähne gern mit Ammoniak auf. Und woher nahmen sie den? Ammoniak ist ein Bestandteil unseres Urins

Hier findet ihr ein Video unserer amerikanischen Kollegen, das das Thema nochmal anschaulich zusammenfasst.

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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