Das Paradies für Keime

Im Schnitt begegnen wir tagtäglich Tausenden verschiedenen Keimen, aber die meisten sind harmlos.

Von Sarah Gibbens
Veröffentlicht am 15. Apr. 2018, 10:00 MESZ, Aktualisiert am 14. Mai 2021, 11:13 MESZ
Gummiente & Co: Ein Paradies für Bakterien
Eine Studie lässt darauf schließen, dass sich Bakterien an mehr Oberflächen als gedacht befinden – sogar in Gummienten.

“Römische Städte wurden mit der Zeit unter Ablagerungen begraben. Das Gleiche passiert mit Ihrem Bettzeug.“

Philip Tierno redet von unseren Matratzen. Und unseren Kissen. Und anderen weichen Oberflächen. Der Pathologe und selbsterklärte Mikrobenjäger von der New York University hat ein Buch mit dem Titel „The Secret Life of Germs“ (dt. Das geheime Leben der Keime) geschrieben. Er weiß genau, wo sie sich verstecken.

Obwohl das durchschnittliche Bett ein wahrer Parthenon für Mikroben und Pathogene ist, ist es überraschenderweise nicht der verkeimteste Ort in unserem Zuhause, erklärt Tierno.

“Keime sind allgegenwärtig”, fügt er hinzu. „Alle Lebewesen, Steine, Böden […] stecken voller Keime. Wir haben uns aus Urzellen entwickelt. Die Keime waren schon vor uns hier.”

Sie kleben selbst jetzt an uns – und an dem Bildschirm, auf dem wir das hier lesen. Obwohl sie so allgegenwärtig sind, muss man sie (für gewöhnlich) nicht fürchten. Wer sich vor potenziellen Krankheitserregern schützen will, muss einfach nur wissen, mit was er es zu tun hat.

Um was geht es?

Was genau sind Keime? Winzige Organismen gibt es überall, aber zu den Keimen zählt eine Reihe von Bakterien und Viren. Zu Hause könnte man auch krankheitserregende Pilze und Protozoen finden, besonders in Bereichen mit hoher Feuchtigkeit.

Im Badezimmer kann Wasser, das mit einer harten Oberfläche in Kontakt kommt, beispielsweise einen Biofilm bilden – einen schleimigen Film aus Mikroorganismen.

Im Rahmen einer Studie, die in „Biofilms and Microbiomes“ erschien, schnitten Forscher Gummienten auf und fanden in 80 Prozent der getesteten Spielzeuge krankheitserregende Bakterien.

So überraschend das auch sein mag: Tierno sagt, wenn man sein Bad keimfrei schrubbt (oder es zumindest versucht), hat man immer noch nicht den verkeimtesten Ort in der Wohnung gefunden.

“Es wäre hygienischer, von der Toilette zu essen als vom Ablaufventil der Spüle“, sagt er in Bezug auf die Küchenspüle. „Das Ablaufventil ist der schmutzigste Bereich der Wohnung.“

Dicht gefolgt vom Küchenschwamm, wie er hinzufügt.

Eine Studie der Verbraucherschutzorganisation NSF International aus dem Jahr 2011 hat sich ebenfalls mit den Haushaltsgegenständen mit der höchsten Keimzahl befasst. Die Ergebnisse ähnelten denen von Tierno stark: Schwämme und Geschirrtücher waren darin die dreckigsten Haushaltsgegenstände, gefolgt von Küchenspülen, Zahnbürstenhaltern, Futternäpfen, Kaffeefilterhaltern in Kaffeemaschinen, Badarmaturen, Haustierspielzeug, Arbeitsplatten, Ofenschaltern und Schneidbrettern.

Woher kommen Keime?

Menschen erzeugen auf drei Arten Keime, sagt Tierno. Zunächst über die Haut – unser größtes Organ beherbergt Hunderte verschiedener Keime, die wir tagtäglich an Oberflächen abstreifen.

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Virenausbrüche können innerhalb weniger Tage zu tödlichen Pandemien werden. Um eine Katastrophe zu verhindern, schlagen mutige Wissenschaftler mit neuen Behandlungsmethoden und Impfstoffen zurück. Szenen aus „Breakthrough“.

Die zweite große Quelle sind unsere Atemöffnungen: Mund und Nase. Über das Sprechen, Husten und Niesen geben wir Keime in die Luft ab.

Die dritte Keimquelle des Menschen befindet sich am unteren Ende seines Torsos.

„In einem einzigen Teelöffel Fäkalien gibt es mehr Keime, als es jemals Menschen auf der Erde gab“, so Tierno.

Und solche Keime sind es, die die Küche zum schmutzigsten Raum in jeder Wohnung machen. Überbleibsel von Nutztieren gelangen über Fleisch oder gedüngtes Obst und Gemüse in unser Zuhause.

Sind Keime gefährlich?

“Zu Hause habe ich auf jedem Kissen einen Schutzbezug. Bei den Matratzen ist es dasselbe“, sagt Tierno. Dieser Allergiebezug verhindert ihm zufolge, dass sich die Keime im Laufe der Zeit ansammeln.

Keime können sich leicht akkumulieren, erklärt er. Zur Beseitigung sei aber einfach nur regelmäßiges Putzen nötig. Auch Händewaschen sei ein grundlegender Schritt, um zu verhindern, dass sie in den Körper gelangen.

Um aber wirklich die Biofilme in der Wohnung aufbrechen zu können, empfiehlt Tierno, entsprechende Oberflächen mit einer Metallbürste, Seife und Wasser zu schrubben. Im Zweifelsfall kann auch eine zehnprozentige Lösung mit Bleiche genutzt werden, sollte das nötig sein. Die meisten Menschen haben laut ihm aber ein ausreichend starkes Immunsystem, um gewöhnliche Haushaltskeime abzuwehren. Durch die moderne Medizin leben mittlerweile aber auch Menschen mit schwächeren oder fehlerhaften Immunsystemen länger, sodass es insgesamt mehr Menschen gibt, die empfindlicher auf die Keime in unserer Umgebung reagieren.

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