Exklusiv: Wrack eines deutschen U-Boots aus dem Ersten Weltkrieg gefunden

Als U-111, ein U-Boot der Kaiserlichen Marine, im Jahr 1922 vor der Küste Virginias im Atlantik versank, hatte es eine bewegte Geschichte hinter sich. Sein Wrack galt als verschollen – bis heute.

Von Kristin Romey
Veröffentlicht am 14. Okt. 2022, 17:01 MESZ
Diese Postkarte zeigt deutsche U-Boote nach Ende des Ersten Weltkriegs im Hafen von Harwich, England. Sechs ...

Diese Postkarte zeigt deutsche U-Boote nach Ende des Ersten Weltkriegs im Hafen von Harwich, England. Sechs dieser Boote sollten auf Befehl des damaligen US-Präsidenten Woodrow Wilson in die USA überführt werden – als Sehenswürdigkeit und um die Unterwassertechnologie des Feindes genauer zu untersuchen.

Foto von Hulton Archive, Getty Images

Erik Petkovic sitzt in einer abgedunkelten Kabine an Bord des Such- und Bergungsschiffs R/V Explorer. Es liegt rund 70 Kilometer vor der Küste des US-amerikanischen Bundesstaats Virginia vor Anker. Konzentriert betrachtet er auf einem Monitor die Bilder, die ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug (ROV) in diesem Moment aus rund 120 Metern Tiefe sendet. „Da!“, ruft er plötzlich. „Das ist es!“

Bei dem Objekt, das so viel Begeisterung auslöst, handelt es sich um das Wrack der SM U-111, einem deutschen U-Boot aus dem Ersten Weltkrieg, das in US-amerikanischen Gewässern versenkt wurde. Es lief im September 1917 in der Germaniawerft in Kiel vom Stapel und nahm an dem U-Boot-Krieg teil, der in dieser Phase des Ersten Weltkriegs zwischen den Deutschen und den Alliierten tobte.

Nach dem Krieg brachte eine US-amerikanische Crew das Unterseeboot über den Atlantik nach Amerika. Eine gefährliche Reise, deren Route sie durch dieselben eisigen Wasser führte, in denen die R.M.S Titanic nur sieben Jahre zuvor gesunken war. „Eine beeindruckende, kaum erzählte Geschichte“, sagt Petkovic.

Das deutsche U-Boot U-111 liegt im März 1921 im Trockendock der Portsmouth Marinewerft im US-Bundesstaat Maine. Damit die amerikanischen Ingenieure die Konstruktion der Schiffskörper besser vergleichen können, wurden die US-U-Boote USS S-15 und USS S-16 direkt daneben platziert.

Foto von Hulton Archive, Getty Images

Mehr als ein Dutzend Wracks deutscher U-Boote aus beiden Weltkriegen liegen auf dem Grund US-amerikanischer Gewässer. Auf Wracktaucher wie Erik Petkovic üben sie eine besondere Faszination aus. Er ist einer von wenigen sogenannten technischen Tauchern, die sich in Unterwasserregionen bewegen, deren Tiefe die 40-Meter-Grenze der Sporttaucher bei weitem übersteigt.

Laut Aufzeichnungen der US-Marine vom 31. August 1922 sollte sich das Wrack von U-111 in einer Tiefe von rund 488 Metern vor der Küste Virginias befinden – unerreichbar für einen menschlichen Taucher. Doch jahrelange Recherche und Hartnäckigkeit führten dazu, dass Erik Petkovic und die Besatzung der R/V Explorer einhundert Jahre später eine historische Entdeckung machen konnten.

„U-Boote heraus!“ propagiert dieses deutsche Plakat aus dem Jahr 1916. Während des Ersten Weltkriegs versenkten die Unterseeboote der deutschen Kaiserlichen Marine über 3.300 Schiffe der Alliierten.

Foto von Hulton Archive, Getty Images

Fahrt über den Atlantik – entgegen aller Widrigkeiten

Im Mai 1916 wurde der Bau des 71,55 Meter langen Unterseeboots U-111 von der deutschen Kaiserlichen Marine in Auftrag gegeben. Bis zur Kapitulation Deutschlands im November 1918 versenkte es drei Handelsschiffe – ein britisches, ein dänisches und ein norwegisches.

Nach dem Waffenstillstand brachten die Alliierten alle seetüchtigen deutschen U-Boote in den Nordseehafen Harwich im Südosten Englands. Die meisten von ihnen wurden in ihre Einzelteile zerlegt, einige dienten aber auch der genaueren Untersuchung der Antriebs-, Periskop- und Gyroskoptechnologie der Deutschen.

Dieses Foto aus dem April 1919 zeigt die jubelnde US-amerikanische Crew an Bord von U-111 bei ihrer Ankunft in New York City. Die Solo-Transatlantikfahrt unter dem Kommando von Oberleutnant Freeland Daubin war die erste in der Geschichte der USA. Ihr Erfolg wurde durch mangelnden Proviant, falsche Kommunikations- und Navigationsausrüstung und Sabotage gefährdet.

Foto von Hulton Archive, Getty Images

Sechs dieser deutschen U-Boote sollten auf Befehl des damaligen US-Präsident Woodrow Wilson in die USA überführt werden. Zunächst, um sie an verschiedenen Orten entlang der Ostküste für Besucher zugänglich zu machen und so Geld für Siegesanleihen einzunehmen. Danach war der Plan, die Boote auseinanderzubauen, um ihre Technologie zu untersuchen, sie danach wieder zusammenzubauen und im Meer zu versenken. Die deutschen U-Boote sollten gleichzeitig in Harwich aufbrechen, im Konvoi, eskortiert von einem Tenderboot, über die Azoren nach New York City fahren und dort spätestens am 23. April 1919 ankommen.

Ursprünglich war Oberleutnant Freeland Daubin das Kommando für U-164 übertragen worden, doch er bemerkte, dass dieses U-Boot sowohl von deutscher als auch von alliierter Seite sabotiert worden war. Nach einer Unterhaltung Daubins mit den britischen Behörden, bei der viel Scotch im Spiel war, erklärten sich diese bereit, U-164 gegen U-111 zu tauschen.

Das Problem: Als der Rest des Konvois am 3. April 1919 in See stach, befand sich U-111 noch in Reparatur. Erst vier Tage später war es seetüchtig. Um den Rückstand aufzuholen, traf der Kommandant eine riskante Entscheidung. Statt dem Konvoi zu folgen wollte er mit seiner 32-köpfigen Crew eine Solofahrt auf dem kürzesten – und gefährlichsten – Weg über den Atlantik wagen: auf der Nordroute, einer von Eisbergen übersäten Passage, auf der es sieben Jahre zuvor zu dem tragischen Untergang der R.M.S. Titanic gekommen war.

Ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug (ROV) wird von Bord der R/V Explorer zu Wasser gelassen. Es soll das Wrack von U-111 in über 120 Metern Tiefe erkunden.

Foto von Hulton Archive, Getty Images

Die Deckgeschützhalterung von U-111. Am unteren Bildrand ist die Greifzange des ROV zu erkennen.

Foto von Hulton Archive, Getty Images

Das Deck des U-Boots mit dem Kommandoturm im Hintergrund.

Foto von Benjamin Lowy, National Geographic

Durch die geöffnete Luke des Kommandoturms von U-111 ist eine Leiter zu erkennen.

Foto von Benjamin Lowy, National Geographic

Das U-Boot ist von Meereslebewesen und Fischernetzen bedeckt.

Foto von Benjamin Lowy, National Geographic

Es war eine Wette mit hohem Einsatz und schlechten Chancen. Mindestens die Hälfte der Besatzung war noch nie an Bord eines U-Boots gewesen – und noch nie auf einem Schiff, auf dem alle Schilder und Beschreibungen in deutscher Sprache verfasst waren. Das provisorische Funkgerät hatte nur eine niedrige Leistung und seine Reichweite war stark begrenzt. Mit dem fortschrittlichen Gyrokompass an Bord von U-111 konnten die US-Matrosen nichts anfangen – sie nutzten zu jener Zeit Magnetkompasse zur Navigation.

In der Nacht des vierten Reisetags gab ein wasserlöslicher Stöpsel, den deutsche Saboteure installiert hatten, nach. Der heldenhafte Einsatz eines Unteroffiziers konnte jedoch verhindern, dass U-111 unterging.

Rusty Cassway, Kapitän der R/V Explorer, kommt nach einem schnellen Freitauchgang im ungewöhnlich ruhigen Atlantik während der Expedition wieder an die Oberfläche. Selbst gut ausgebildete technische Taucher wie Cassway benötigen eine zentnerschwere Tauchausrüstung, um tiefliegende Wracks wie U-111 sicher erkunden zu können.

Foto von Benjamin Lowy, National Geographic

Der Wrackforscher Erik Petkovic (vorne) verfolgt die Live-Videoaufnahmen von U-111, während Ross Baxter den Unterwasserroboter mit einem Videospiel-Controller steuert.

Foto von Benjamin Lowy, National Geographic

Gary Gentile, ein Pionier des technischen Tauchens, betrachtet fasziniert die Live-Bilder des Wracks von U-111. Er hatte selbst in den Neunzigerjahren nach dem U-Boot gesucht, dann aber aufgegeben, weil er annahm, es läge in unerreichbarer Tiefe. „Als ich es nach all den Jahren zum ersten Mal sah, war ich begeistert“, sagt er.

Foto von Benjamin Lowy, National Geographic

Ein deutscher Matrose klettert während des Ersten Weltkriegs durch die Luke eines Torpedoboots.

Foto von Benjamin Lowy, National Geographic

Eisberge waren eine ständige Bedrohung. Stürme und Nebel nahmen die Sicht auf die Sterne, die die Crew zur Navigation nutzte. Der Proviant, der von den Briten zur Verfügung gestellt worden war und angeblich für drei Wochen reichen sollte, war nach nur einer Woche fast aufgebraucht. Für den Rest der Fahrt des unbeheizten Boots durch die eisigen Gewässer blieben der Besatzung noch Kartoffeln, Marmelade und sauer Eingemachtes.

Zu diesem Zeitpunkt lag vor U-111 den Berechnungen der Navigatoren zufolge noch eine Wegstrecke von mehr als 1.500 Kilometern bis nach New York City – und dem Boot ging allmählich der Diesel aus. Für den Fall, dass der Motor ausfiel, schmiedete die Crew den Plan, mithilfe eines improvisierten Segels weiterzufahren.

Entgegen aller Widrigkeiten erreichte U-111 am 19. April 1919 den Hafen von New York – zwölf Tage, nachdem es England verlassen hatte, und zwei Tage, bevor der Azoren-Konvoi ankam.

Eine Medaille aus dem Jahr 1917, die zur Erinnerung an eine Spende anlässlich des U-Boot-Tags der Kaiserlichen Marine ausgegeben wurde.

Foto von Benjamin Lowy, National Geographic

Dem Wrack auf der Spur

Erik Petkovic wuchs in Cleveland auf und begann als Teenager mit dem Tauchen – inspiriert von der Entdeckung des Wracks der Titanic durch den Unterwasserarchäologen Robert Ballard im Jahr 1985. Seine ersten Wracks erkundete er in den Großen Seen in Nordamerika. Inzwischen ist er ein erfahrener technischer Taucher und Autor mehrerer Bücher über Schiffswrack-Expeditionen. Während der Amtszeit von Barack Obama arbeitete er außerdem für den Secret Service. „Detektivarbeit und die Suche nach Schiffswracks erfordern dieselben Fähigkeiten“, sagt er.

Am Neujahrstag 1918 strömt eine neugierige Menschenmenge an die Südküste Englands, um ein feindliches U-Boot zu besichtigen.

Foto von Benjamin Lowy, National Geographic

Im Laufe der Jahre stellte Petkovic eine Liste der U-Boot-Wracks zusammen, die auf dem Grund US-amerikanischer Gewässer liegen, darunter auch dreizehn deutsche Unterseeboote – fünf aus dem Ersten und acht aus dem Zweiten Weltkrieg –, die für technische Taucher erreichbar waren. Ganz anders als U-111, das in solch tiefen Tiefen liegen sollte, dass es für immer verloren schien.

Trotzdem begann Petkovic vor einigen Jahren damit, nach dem U-Boot zu suchen. Dabei half ihm die Vorarbeit, die Gary Gentile, ein Pionier des technischen Tauchens geleistet hatte. Mithilfe von dessen Dokumentationen und Aufzeichnungen, die er in deutschen und US-amerikanischen Archiven fand, rekonstruierte Petkovic die Route, über die U-111 von England in die USA gekommen war, die Route seiner Testfahrten rund um Kuba und schließlich das Auseinander- und wieder Zusammenbauen des U-Boots durch Marineingenieure.

Auf einem der letzten bekannten Fotos von U-111, das am 16. August 1922 entstand, bereiten Arbeiter der Norfolk Marinewerft in Virginia das Schiff für den Transport in den Atlantik vor, wo es versenkt werden soll.

Foto von National Archives

Riesige Pontons halten U-111 in der Norfolk Marinewerft über Wasser. Das U-Boot ging zweimal versehentlich unter, bevor die US-Marine es am 31. August 1922 im Rahmen des Waffenstillstandsabkommens gezielt und endgültig zerstörte.

Foto von National Archives

Danach sollte das U-Boot im Jahr 1921 als Teil der sogenannten Billy-Mitchell-Flotte vor der Küste North Carolinas versenkt werden. Billy Mitchell, Brigadegeneral der noch jungen Air Force, wollte die Überlegenheit der Luftstreitkräfte gegenüber der Marine demonstrieren, indem sie die Flotte aus der Luft zerstörte. Doch U-111 lief bereits auf dem Weg von Maine nach Cape Hatteras vor der Küste von Virginia Beach auf Grund.

Es wurde geborgen und nach Norfolk geschleppt, wo es ein zweites Mal unterging und geborgen werden musste. Am 31. August 1922 zog man das sagenumwobene U-Boot schließlich auf den Atlantik hinaus, öffnete all seine Luken und versenkte es mittels Sprengung.

Den Aufzeichnungen der Navy zufolge befand sich das Wrack von U-111 nach seinem letzten Untergang in einer Tiefe von fast 500 Metern. Die Informationen, die Petkovic im Zuge seiner Recherche zusammentragen konnte, ließen aber auf eine andere Lage, näher am Festland, schließen.

Im Sommer 2021 kontaktierte er seinen Tauchpartner Rusty Cassway und teilte dem Kapitän eines Tauchschiffs in Cape May, New Jersey, eine Reihe von Koordinaten mit. Diese glich Cassway mit einer „Hang Log“-Datenbank ab, in der Orte gesammelt werden, an denen sich Fischer mit ihren Netzen verfangen haben. Die eigentliche Funktion dieser Datenbank ist es, Fischereifahrzeugen eine Übersicht über die Stellen zu geben, die sie besser meiden sollten. Doch potenziell verrät sie noch etwas anderes: die Lage von Schiffswracks.

Als Cassway die Koordinaten, die Petkovic ihm gegeben hatte, mit der Datenbank abglich, gab es für die vermutete Wrackstelle gleich mehrere Treffer. „In diesem Moment war ich mir sicher: Da unten muss etwas sein“, sagt Petkovic.

Die U-111-Expedition

Diese Zeichnung eines U-Boots aus dem Ersten Weltkrieg in britischen Gewässern wurde im Jahr 1915 in The Illustrated War News veröffentlicht.

Foto von National Archives

Das U-Boot UB-148 war Teil des U-Boot-Konvois, der in die USA überführt wurde, während U-111 auf eigene Faust nach New York fuhr. Es wurde im Juni 1921 vor Virginia als Teil der Billy-Mitchell-Flotte versenkt.

Foto von National Archives

Zwei Matrosen schieben einen Torpedo in das Torpedorohr eines U-Boots, das während des Ersten Weltkriegs in Deutschland vor Anker liegt.

Foto von National Archives

Es gibt nur wenige Taucher, die in den starken Strömungen des kalten, dunklen Wassers vor der Atlantikküste nach Schiffswracks suchen. Die Gruppe derer, die Expeditionen in extreme Tiefen unternehmen, ist sogar noch kleiner – und die Konkurrenz ist hart.

Deswegen erzählte Petkovic nur einem kleinen erlesenen Kreis engster Freunde, wo er das Wrack von U-111 vermutete. Um während der Vorbereitungen kein Aufsehen zu erwecken und anderen die Möglichkeit zu geben, das Wrack vor ihnen zu finden, erfanden die Eingeweihten eine Scheinmission, unter deren Deckmantel die erste Expedition geplant wurde.

„Wir fragten uns: ‚Welches Wrack ist das langweiligste, das man sich vorstellen kann?‘“, erzählt Petkovic. „Die Antwort: ein russischer Frachter. Die Ozeane sind voll mit Wracks von Frachtern. Also sprachen wir nur noch von der ‚Russischen-Frachter-Expedition‘.“

Am 5. September 2022 ankert die R/V Explorer an der Stelle, an der die Crew das Wrack von U-111 vermutet. Alle Expeditionsmitglieder sind Freiwillige, die die Suche nach dem U-Boot mit ihrer Zeit und eigenen finanziellen Mitteln unterstützt haben.

Foto von National Archives

Das Seitensichtsonar zeigt die Reste von U-111 in rund 120 Metern Tiefe auf dem Grund des Atlantiks an.

Foto von National Archives

ROV-Pilot Ross Baxter deutet auf die Heckgeschützhalterung von U-111, die auf dem Monitor zu sehen ist

Foto von National Archives

Die Expedition ist so geheim, dass – selbst als die R/V Explorer an einem Morgen im Juni 2022 den Hafen von Cape May verlässt – noch immer einige Crew-Mitglieder an Bord sind, die nicht wissen, welches Ziel sie wirklich hat. Einige Stunden später erreicht das Boot die Stelle, an der das Wrack von U-111 vermutet wird. Das ROV wird zu Wasser gelassen und von seinem Piloten Ross Baxter mithilfe eines Laptops und einem umfunktionierten Videospiel-Controller über den Meeresgrund gesteuert. Kurz darauf ist auf dem Monitor ein geisterhaftes Objekt zu erkennen.

„Ein Gefühl, als hätte man die Nadel im Heuhaufen gefunden“, sagt Baxter.

Die Crew vergleicht den Fund sofort mit Archivfotos von U-111. Die vorderen und hinteren Kanonen, der Bogen des Kommandoturms und andere charakteristische Merkmale stimmen mit dem, was auf dem Bildschirm zu sehen war, perfekt überein.

U-111 im Trockendock der Marinewerft von Philadelphia. Die Erkenntnisse, die durch die Analyse der deutschen U-Boot-Technologie gewonnen wurden, flossen in die Entwicklung folgender Generationen amerikanischer U-Boote ein.

Foto von National Archives

Blick durch die Luken

Nach diesem ersten Erfolg beschloss das Team, zur Wrackstelle zurückzukehren und weitere Informationen zu sammeln, bevor das Sommerwetter den unvorhersehbaren Herbstbedingungen auf dem Atlantik wich. Bei der nächsten Expedition sollten außerdem drei technische Taucher das ROV begleiten.

Die extreme Tiefe erfordert eine extrem gute Vorbereitung. Jeder Taucher benötigt eine fast 140 Kilogramm schwere Ausrüstung und hat nicht mehr als 20 Minuten Zeit, um das Wrack zu erkunden. Danach muss der unerträglich langsame, weil sonst potenziell tödliche Aufstieg an die Wasseroberfläche erfolgen, der etwa vier Stunden dauert.

Die Wettervorhersage für den 5. September – der Tag, an dem die zweite Expedition stattfinden sollte – war gut. Doch dann erreichte die Crew die Nachricht von zwei Todesfällen in der Wracktaucher-Community. Erschrocken einigte man sich darauf, auch dieses Mal nur den Unterwasserroboter einzusetzen.

Genau einhundert Jahre und fünf Tage nachdem U-111 endgültig sank, machte sich die R/V Explorer zum zweiten Mal auf den Weg zum Wrack.

Die Crew warf das ROV über Bord und ließ Hunderte von Metern Leine auslaufen. Alle Augen waren auf die zwei Videomonitore gerichtet, als der Kommandoturm von U-111 darauf erschien. Das ROV glitt an dem glatten Rumpf entlang, während seine Kameras in die offenen Luken des U-Boots hineinfilmten. Die Lage der Luken und andere Details stimmten mit den Plänen von U-111 überein – ein weiterer Hinweis auf das U-Boot.

Im Jahr 2023 will das Team die abgesagte Tauchexpedition nachholen. Außerdem wollen Petkovic und seine Crew ein 3D-Modell des U-Boots erstellen. Wo das Wrack genau liegt, halten sie nach wie vor streng geheim.

Laut dem Meereshistoriker Aaron Hamilton steht U-111 für einen wichtigen Moment in der technologischen Evolution der Unterseeboote. „Dass es jetzt gefunden wurde, dokumentiert und fotografiert werden kann, ist sehr bedeutend“, sagt er.

Eric Petkovic versucht unterdessen, die Nachfahren von Oberleutnant Daubin und seiner Crew ausfindig zu machen. „Das ist etwas, was wir immer gerne machen, wenn wir ein Wrack finden“, sagt er. „Wir versuchen, den Familien ein Stück Geschichte mitzubringen, damit sie einen Einblick in das gewinnen, was ihr Großvater oder Urgroßvater getan hat. Ich meine … Daubin war ein Held. Die Geschichte von U-111 sollte verfilmt werden.“

Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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