Altägyptische Opfergabe: Zehn mumifizierte Krokodile in Grab entdeckt
2.500 Jahre lang waren die Krokodil-Mumien unter der Erde begraben. Nun konnten sie untersucht werden – und liefern spannende Erkenntnisse über Mumifizierungstechniken und Rituale im Alten Ägypten.
Trotz der nicht sehr erfolgreichen Konservierungsmethoden blieben die Körper der etwa 2.500 Jahre alten Krokodile erstaunlich gut erhalten.
Im südlichen Ägypten, unweit der Stadt Assuan, erhebt sich entlang des Nilufers der Qubbet el-Hawa. Bekannt ist der 130 Meter hohe Berg vor allem für seinen Einsatz als altägyptische Totenstadt. Dort machte ein Team der spanischen Universität Jaén einen besonderen Fund: Zehn rund 2.500 Jahre alte Krokodilmumien befanden sich dort in einem bislang ungestörten Grab.
Dass in Nekropolen auch verschiedene Tierarten wie Katzen, Ibisse oder Paviane bestattet wurden, ist bereits bekannt. Der Fund der mumifizierten Krokodile ist dennoch etwas besonderes, sagt Bea De Cupere vom Königlichen Belgischen Institut für Naturwissenschaften, die die Untersuchungen an den tierischen Mumien leitete. Die Studie ihres Teams gibt Aufschlüsse über den historischen Wandel der menschengemachten Mumifizierung.
Fund offenbart außergewöhnliche Grabstätte
Die Jahrtausende unter der Erde haben Spuren an den konservierten Krokodilen hinterlassen. Von den bereits 2019 gefundenen Krokodilen sind fünf der Skelette beinahe vollständig, von den übrigen Tieren waren lediglich die Schädel erhalten, so De Cupere. Den Grund für das Fehlen von Körperteilen erklärt sie folgendermaßen: „Die Krokodile wurden zuerst woanders vergraben, möglicherweise in Sandgruben.“ Dort seien die Körper womöglich auf natürliche Weise ausgetrocknet und daraufhin in ihr endgültiges Grab gebracht worden. „Beim Verpacken und Transport müssen Körperteile verloren gegangen sein“, so die Hauptautorin der Studie.
Eines der geborgenen Krokodile war noch so gut erhalten, dass man gar sein Innerstes untersuchen konnte.
Da sich im Grab neben den Tierkörpern auch Überreste von Leinen, Palmblättern und Seilen befanden, geht das Forschungsteam davon aus, dass die Körper einst sorgfältig damit präpariert und so für das Jenseits vorbereitet wurden. Dass Fäulnis und Insektenfraß dennoch dem Zustand der Leinenbinden zusetzen, liegt möglicherweise an dem Präparationsstil der Krokodilmumien. Dabei ist laut Studie beispielsweise auf Harz und größtenteils auf Pech verzichtet worden.
Bei der Datierung helfen diese Merkmale: Derartige Konservierungsmethoden lassen auf eine Bestattung um das Jahr 500 v. Chr. schließen.
Trotz spärlicher Mumifizierung: Mumien überstehen Jahrtausende
Gleichzeitig erlaubte der Umstand der spärlichen Präparation gründliche Untersuchungen der Tierkörper. Anders als bei sonstigen Mumienfunden konnte das Team ohne das Hinzuziehen von CT-Scans oder Radiographie arbeiten. Anhand der Schädel und der partiellen Skelette ergab sich, dass es sich dabei um Tiere zweier Arten handelt. Die allesamt erwachsenen Nil- und Westafrikanischen Krokodile hatten zu Lebzeiten außerdem Körperlängen von 1,5 bis 3,5 Metern.
Lediglich eines der Tiere war derart gut erhalten, dass es dem Team neben seinem Skelett sogar sein Innerstes offenbarte. Darunter: sogenannte Gastrohlithen. Diese Steine im Darm verhelfen Krokodilen zu ihrem guten Gleichgewichtssinn unter Wasser. Deren Fund in einer Mumie bestätigt die Annahme, dass die Tiere vor ihrer Präparation nicht ausgeweidet wurden.
Krokodile: Als heilig verehrt und in Ritualen geopfert
Neben der fehlenden Ausweidung wurden an den Tieren von Qubbet el-Hawa keinerlei sonstige Spuren von Gewalt gefunden. Die Studie geht somit davon aus, dass Tötungsarten wie etwa das Ertrinken, Ersticken oder schlichtweg das Verdursten und Erhitzen in Frage kommen.
Grund für die Tötung und anschließende Konservierung der als heilig verehrten Tiere sind der Studie zufolge Rituale für Sobek, den Gott der Fruchtbarkeit und des Wassers. Dargestellt wurde dieser stets im Zusammenhang mit Krokodilen, oftmals selbst mit einem Krokodilkopf. „Ich bin begeistert, dass Funde wie diese uns einen weiteren Einblick in das Leben der alten Ägypter geben“, sagt De Cupere.
Zudem liegt die Grabstätte nur etwa 50 Kilometer entfernt von Kom Ombo – einem ehemaligen Zentrum der Verehrung von Krokodilen. Heutzutage erinnert daran ein Museum, welches gänzlich den mächtigen Reptilien gewidmet ist.