Megafauna der Urzeit: Diese gigantischen Adler flogen einst über Australien
Vor wenigen Zehntausend Jahren wurde Australien von Riesen beherrscht. Donnervögel, Riesenwombats und der neu entdeckte Adler D. gaffae begegneten teilweise sogar den ersten Menschen, die den Kontinent betraten.
Heute ist der hier abgebildete Keilschwanzadler einer der größten Raubvögel Australiens. Der nun entdeckte Riesenadler D. gaffae war etwa doppelt so groß – und vor etwa 60.000 Jahren wohl einer der Spitzenprädatoren des Landes.
Vor etwa 50.000 Jahren begann in Australien das Ende der Megafauna. Viele der großen Tiere, die vor dieser Zeit durch das Land streiften, starben langsam aus, während erste Menschen das prähistorische Australien erreichten. Darunter Donnervögel, der Riesenwombat Diprotodon, der Riesenwaran Megalania oder das Riesenkänguru Procoptodon.
Die Liste dieser Landtiere wird nun um einen Riesen der Lüfte erweitert: Forschende der Flinders University in Südaustralien haben in einer neuen Studie erstmals den Riesenadler Dynatoaetus gaffae indentifiziert, der ebenfalls Teil der ehemaligen Megafauna Australiens war. Laut der Studie, die das Team im Fachmagazin Journal of Ornithology veröffentlichte, war D. gaffae etwa doppelt so groß wie der Keilschwanzadler, der größte heute in Australien lebende Adler. D. gaffaes Flügelspanne betrug demnach bis zu drei Meter und seine Krallen waren breit genug, um kleine Kängurus zu packen.
Prähistorische Riesen der Lüfte
Visuelle Rekonstruktion des Riesenadlers. Die grau eingefärbten Knochen liegen den Forschenden vor und waren Basis der neuen Studie.
Beschreiben konnte das Team den riesigen Adler mithilfe von Überresten, die Forschende 2021 in der Mairs Cave, einer Höhle in der Gebirgskette Flinders Range in Südaustralien, gefunden hatten. Gemeinsam mit älteren Knochen des Vogels, die bereits 1956 und 1969 an derselben Stelle entdeckt worden waren, gelang es dem Forschungsteam, den riesigen Adler zu rekonstruieren.
Laut ihnen ist er – gemeinsam mit dem ebenfalls erst kürzlich beschriebenen Geier Cryptogyps lacertosus – ein Beweis dafür, wie vielfältig die australische Megafauna des Pleistozäns auch in den Lüften war. „Die Art war vermutlich Australiens Spitzenprädator unter den Landvögeln des Pleistozäns, mit einer Verbreitung vom trockenen Binnenland bis hin zu den gemäßigteren Küstenregionen Australiens“, heißt es in der Studie.
Das Aussterben dieser beiden Vögel kennzeichne eine deutliche Abnahme in Vielfalt und Funktion der australischen Greifvögel und falle mit der Zeit des Massenaussterbens großer Tierarten vor etwa 50.000 Jahren zusammen.
Begegnungen mit Menschen?
Aktuell geht die Wissenschaft davon aus, dass Australien vor etwa 60.000 bis 55.000 Jahren erstmals von Menschen betreten wurde. Zu dieser Zeit waren viele der riesigen Tiere noch am Leben. Möglich ist es also, dass der nun entdeckte Riesenadler einst über die Köpfe früher Menschen hinwegflog.
Dabei stellte der Riesenadler vor allem für Landtiere eine Gefahr dar. Mit seinen bis zu 30 Zentimeter langen Krallen war er einer der Spitzenprädatoren seiner Zeit. „[D. gaffae] hätte problemlos einen großen flugunfähigen Vogel oder andere Arten der verschollenen Megafauna aus dieser Zeit erlegen können“, sagt der Paläo-Ornithologe Trevor Worthy, Mitautor der Studie.
Was genau das Ende von D. gaffae und den anderen Riesen in Australien einläutete, ist bislang noch nicht ganz klar. Die Forschenden gehen aber davon aus, dass der Adler verschwand, weil auch seine Beute ausstarb. Dabei könnten Klima- und Umweltveränderungen oder gar Menschen eine Rolle gespielt haben.