Metall der Benin-Bronzen stammt aus Deutschland

Eine Studie belegt: Messing aus dem Rheinland war der Rohstoff für einen großen Teil der nigerianischen Artefakte aus Benin-Stadt. Doch wie gelangte es nach Afrika?

Von Marina Weishaupt
Veröffentlicht am 18. Apr. 2023, 09:01 MESZ
Zuletzt fanden einige der Benin-Bronzen nach 125 Jahren zurück in ihr Herkunftsland Nigeria. Unter anderem setzt ...

Zuletzt fanden einige der Benin-Bronzen nach 125 Jahren zurück in ihr Herkunftsland Nigeria. Unter anderem setzt sich Deutschland mit der Rückgabe der Raubkunst mit seiner Kolonialgeschichte auseinander. Eine Studie beschäftigte sich näher mit dem Ursprung des verwendeten Metalls der Kunstwerke, denn dieser war bislang ungeklärt. 

Foto von Sailko / CC BY 3.0 / Wikimedia Commons

Im Zuge der Kolonialgeschichte wurden sie geraubt – daraufhin in westlichen Museen zur Schau gestellt: Die weltbekannten Benin-Bronzen haben eine bewegte Geschichte. Durch die Rückgabe der Raubkunst an ihr Herkunftsland Nigeria setzen sich Länder wie Deutschland jüngst mit der Aufarbeitung der eigenen Kolonialgeschichte auseinander. Nun muss die Entstehungsgeschichte der Skulpturen und Metalltafeln neu geschrieben werden. 

Denn woher die großen Mengen an Rohstoffen stammen, aus denen das Volk der Edo viele seiner Artefakte fertigte, war bisher ungeklärt. Eine Studie der Technischen Hochschule Georg Agricola in Bochum zeigt nun: Die Geschichte der nigerianischen Bronzen ist tatsächlich enger mit Deutschland verwoben, als bislang angenommen. Die Forschungsgruppe konnte das Rheinland als Ursprungsregion des Metalls ausmachen.

Benin-Bronzen aus deutschen Rohstoffen

„Die Benin-Bronzen sind die berühmtesten antiken Kunstwerke in ganz Westafrika. Woher die enormen Mengen an Metall kamen und wie Benin sein Messing erhielt, war aber lange Zeit ein Rätsel“, so Forschungsleiter Tobias Skowronek. Bislang wurde lediglich vermutet, dass metallene Armreifen aus Messing – sogenannte Manillen – als Grundlage für die Kunstwerke genutzt wurden. 

Mithilfe eines Massenspektrometers im Forschungslabor des Deutschen Bergbaumuseums Bochum wurden die im Metall der Manillen enthaltenen Verhältnisse der Bleiisotope analysiert. Zusätzlich wurde der Anteil von Spurenelementen wie Antimon, Nickel, Arsen und Eisen gemessen. Daraufhin verglich das Team um Skowronek das Messing der Manillen und das Metall der Benin-Bronzen. Dazu sowie für die räumliche Zuordnung des Metalls konnte das Team auf die Datenbank des Museums zurückgreifen. Diese umfasst etwa 12.000 Verhältnisse von Bleiisotopen aus der ganzen Welt. 

Das Ergebnis war eindeutig: Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den Rohstoffen der Armreife und denen der bedeutenden Kunstwerke. Zudem weist das Metall eine große Ähnlichkeit mit den Blei-Zinkerz-Vorkommen aus dem Rheinland auf. Im größten Teil der Benin-Bronzen steckt folglich Metall aus dem Rheinland – genauer: aus der Region zwischen Köln und Aachen.

Manillen: Afrikanisches Zahlungsmittel aus dem Rheinland

BELIEBT

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    Eine westafrikanische Sammlung von Manillen aus verschiedenen Epochen.

    Foto von Alexander Sarlay / CC BY-SA 4.0 / Wikimedia Commons

    Bis aus den rheinischen Manillen – nun erwiesenermaßen – ein großer Teil der bedeutsamen Benin-Bronzen geschaffen wurden, hatte das Metall bereits einen weiten Weg hinter sich – etwa 6.300 Kilometer. Ab dem 15. Jahrhundert stellten die rheinischen Industrien große Mengen der schweren Metallreifen her. Hierzulande fanden diese jedoch keinerlei Abnehmer. Vielmehr wurden sie in rauen Mengen gezielt als Tauschmittel für den afrikanischen Markt hergestellt.

    Dort waren die Händler sehr angetan – wenn auch sehr bedacht auf die Auswahl und die Qualität der Metallreifen. Der Import der Millionen von Manillen lieferte laut der Studie „die wichtigste, praktisch einzige Messingquelle für die westafrikanische Metallgießerei zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert.“ Deutsches Messing in Form von Manillen gelangte beispielsweise im Auftrag der Kaufmannsfamilie Fugger dorthin. Ein Vertrag von 1548 zwischen den Fuggern und dem portugiesischen König belegt dies. Später eröffneten weitere Kolonialmächte Handelsrouten.

    Allerdings brachte der Handel mit den bis zu mehreren Kilogramm schweren Reifen nicht nur wertvolles Metall mit sich. Denn dieses kam ebenfalls als Zahlungsmittel für den Sklavenhandel zum Einsatz. Die Forschungsergebnisse haben deshalb auch eine gewisse gesellschaftliche Relevanz und leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung der Kolonialzeit. Zudem erleichtern sie das einfachere Erkennen von Fälschungen der Benin-Bronzen.

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