Rätsel um die Sonnensteine von Bornholm gelöst

Vor 4.900 Jahren haben Menschen auf der dänischen Insel hunderte Steine mit Sonnenmotiven geopfert. Der Grund dafür könnte laut einer Studie ein Vulkanausbruch gewesen sein.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 28. Jan. 2025, 08:44 MEZ
Zwei der Steine nebeneinander vor einem schwarzen Hintergrund.

Die Sonnensteine von Bornholm werden ihrem Namen gerecht: Die Gravuren zeigen detailreiche Darstellungen der Sonne und ihrer Strahlen.

Foto von National Museum of Denmark

Vor etwa 4.900 Jahren brach in Nordeuropa ein Vulkan aus, der so viel Asche und Nebel stiftende Aerosole in die Atmosphäre katapultierte, dass Sonnenstrahlen in der nördlichen Hemisphäre für eine ganze Zeit kaum bis zur Erde durchdringen konnten. Die Folge: schlechte Ernteerträge der Bauern und die Angst unter den Menschen, die Sonne könne sie verlassen haben.

Eine aktuelle Studie hat nun gezeigt, wie die jungsteinzeitlichen Menschen mit dieser Angst umgingen. Auf der dänischen Insel Bornholm erstellten sie hunderte sogenannter Sonnensteine – Schieferplatten mit detailreichen Gravuren der Sonne –, die sie vermutlich der Erde opferten, um die Sonne zurückzuholen.

Vulkanausbruch in der Jungsteinzeit 

Entdeckt wurden die Sonnensteine, die bisher weltweit einzigartig sind, bereits in den Jahren 2013 und 2018. Damals offenbarten Ausgrabungen in der archäologischen Stätte Vasagård im Süden Bornholms insgesamt 614 dieser Artefakte. Neben Sonnen sind auf ihnen auch geometrische Darstellungen von Feldern und Nutzpflanzen eingraviert.

Zwei der Steine, die mit Motiven aus dem Ackerbau geschmückt sind vor einem weißen Hintergrund.

Zwei der Steine, die mit Motiven aus dem Ackerbau geschmückt sind.

Foto von René Laursen, Bornholms Museum

Der Frage, weshalb die Steine erstellt wurden, widmete sich ein Forschungsteam unter der Leitung des Archäologen Rune Iversen von der Universität Kopenhagen. Die Wissenschaftler*innen datierten die Steine zunächst auf das Jahr 2910 v. Chr. und suchten dann nach Ereignissen, die die Menschen zu dieser Zeit umgetrieben haben könnten. Schnell kam ihnen die Idee eines Vulkanausbruchs – denn solche Eruptionen haben bereits in der Vergangenheit zu Dunkelheit und Ernteausfällen geführt. Und tatsächlich: In Eisbohrkernen aus Grönland fanden die Forschenden Nachweise für eine massive Eruption um das Jahr 2910 v. Chr. Im Eis war Schwefel erhalten – ein Zeichen für einen besonders starken Vulkanausbruch.

„Wir wissen seit langem, dass die Sonne für die frühen landwirtschaftlichen Kulturen, die wir in Nordeuropa kennen, im Mittelpunkt stand“, sagt Iversen. „Wenn die Sonne aufgrund von Nebel in der Stratosphäre für längere Zeit quasi verschwunden wäre, wäre das für sie äußerst beängstigend gewesen.“

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    Einer der Runensteine vor einem dunklen Hintergrund.

    Ritualsteine gegen Klimaveränderungen

    Gegen die beängstigenden Klimaveränderungen wurde aber offenbar einiges unternommen. Die mehr als 600 Steine wurden laut der Studie gemeinsam mit Tierknochen, Tongefäßen und Feuersteinfragmenten in Gräben deponiert, die schließlich mit Erde bedeckt wurden. Das legt die Vermutung nahe, so Iverson, „dass sich die neolithischen Menschen auf Bornholm durch das Opfern von Sonnensteinen vor einer weiteren Verschlechterung des Klimas schützen wollten.“

    Eine weitere Theorie ist, dass die Steine Dankbarkeit zeigen sollten, als die Sonne bereits zurückgekehrt war – und die rituelle Opferung der Steine dafür sorgen sollte, dass sie auch bleibt. 

    In jedem Fall sind die Sonnensteine ein weiterer Beweis dafür, dass die Menschen vor 4.900 Jahren in turbulenten Zeiten lebten. Neben dem Vulkanausbruch machte beispielsweise die Pest den Menschen in Nordeuropa zu schaffen. Außerdem gab es ungefähr zu dieser Zeit auch einen kulturellen Umbruch: Die sogenannte Trichterbecherkultur mit ihrer charakteristischen Keramik verschwand langsam und Siedlungen strukturierten sich neu.

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