Über 100 Pferdeskelette aus der Römerzeit entdeckt

Bei Grabungen in Stuttgart-Bad Cannstatt sind Forschende auf ein spektakuläres Massengrab römischer Kriegspferde gestoßen. Der Tierfriedhof liefert Einblicke in das Leben römischer Armeen.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 9. Mai 2025, 08:42 MESZ
Vollständiges Pferdeskelett an Ausgrabungsstätte.

Die Pferde wurden in der Nähe eines Römerkastells begraben.

Foto von Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart/ArchaeoBW

Bei Grabungsarbeiten in Stuttgart-Bad Cannstatt haben Archäolog*innen über 100 Pferdeskelette zutage gefördert, die dort mehr als 1.800 Jahre unter der Erde lagen. Ersten Untersuchungen zufolge dienten die Tiere als Militärpferde und wurden in Bad Cannstatt von dort ansässigen Römern zur Ruhe gelegt.

Die Römer und ihre Pferde

In dem Areal zwischen der Düsseldorfer Straße und der Bottroper Straße finden bereits seit Juli 2024 Grabungen statt. Durchgeführt werden sie von der archäologischen Firma ArchaeoBW, in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege (LAD) Baden-Württemberg. Seither sind immer wieder Pferdeskelette ausgegraben worden, die mittlerweile auf das 2. Jahrhundert n. Chr. datiert werden konnten.

Zu diesem Zeitpunkt, zwischen 100 und 150 n. Chr., war im römischen Bad Cannstatt eine sogenannte ,Ala‘, also eine Reitereinheit, stationiert. Sie umfasste etwa 500 römische Reiter. Der Pferdefriedhof war etwa 400 Meter vom Kastell und 200 Meter von einer dazugehörigen Zivilsiedlung errichtet worden.

Laut ersten Untersuchungen starben die Pferde nicht alle gleichzeitig an einer Seuche oder im Rahmen eines Krieges. Sie wurden zum Friedhof gebracht, wenn sie aufgrund von Krankheit, Verletzungen oder ihres Alters gestorben waren oder ihren Dienst als Militärpferde nicht mehr ausführen konnten. „Konnte das Pferd noch selbst laufen, wird man es auf den Pferdefriedhof gebracht und vor Ort getötet haben, um den schweren Kadaver nicht transportieren zu müssen“, sagt Sarah Roth, Archäologin am LAD, die für die Grabungen zuständig ist.

Luftaufnahme der Ausgrabungsstätte.

Ein Teil des römerzeitlichen Pferdefriedhofs in Stuttgart-Bad Cannstatt. Als er noch aktiv war, war er vermutlich größer als das etwa 70 mal 80 Meter große Areal, das nun aufgedeckt wurde.

Foto von Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart/ArchaeoBW

Ein besonderes Pferdegrab

Obwohl die Bezeichnung Pferdefriedhof auf eine sorgfältige Bestattung der Tiere schließen lässt, hatte der Ort vor allem eine praktische Funktion. Die meisten Tiere wurden dort eher entsorgt als liebevoll bestattet, so Roth.

Es gab allerdings auch Ausnahmen: In einem der Gräber fand man neben einem Pferdeskelett auch zwei Krüge und eine Öllampe – Grabbeigaben, die sonst eher Menschen mit ins Jenseits bekamen. „Hier sehen wir eine besonders enge Verbundenheit des Besitzers zu seinem Pferd“, sagt Roth. „Auch nach rund 1.800 Jahren ist die Trauer über den Tod dieses einen Tieres noch ersichtlich.“

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