Als China Paris nachbaute
Tianducheng ist nicht der einzige chinesische Ort, der ausländischen Gästen sehr vertraut vorkommen dürfte. Gleich mehrere französische Wahrzeichen verteilen sich über das Land.
An der Ostküste Chinas ragt ein etwa 108 Meter hoher Nachbau des Eiffelturms gen Himmel und dominiert die Skyline von Tianducheng.
Das „Paris des Ostens“ ist ein Luxusimmobilien-Projekt in der Provinz Zhejiang und wurde designt, um den Charme der klassischen europäischen Architektur einzufangen. Die Einwohner dieses Vororts der Provinzhauptstadt Hangzhou haben ihren eigenen Triumphbogen, die Champs Elysées, Gebäude im neoklassizistischen Stil, einen Springbrunnen aus dem Jardin du Luxembourg und das eindrucksvolle Herzstück der Stadt: den weltweit zweitgrößten Nachbau des Eiffelturms (den größten hat das Paris Las Vegas Hotel in den USA).
Als Tianducheng seine Pforten im Jahr 2007 Jahren erstmals öffnete, galt es als Geisterstadt. Auch wenn nach wie vor zahlreiche Wohnungen leer stehen, gibt es dort mittlerweile über 2.000 Einwohner. Zudem zieht der Ort viele chinesische und internationale Touristen an, darunter auch frisch verheiratete Paare auf der Suche nach einer romantischen Fotokulisse.
„Duplitecture“
Tianducheng ist aber nicht die einzige Stadt Chinas, die eine deutliche Ähnlichkeit mit anderen Orten auf der Welt aufweist.
Am Rande Pekings befindet sich ein Nachbau der US-Stadt Jackson Hole in Wyoming samt Cowboys und einer Route 66. Die Gassen von Shanghais Thames Town zeichnen sich durch rote Telefonzellen, Pubs und Statuen von Winston Churchill aus. Die Stadt Fuzhou hat sich in Hommage an Shakespeare dessen Heimatstadt Stratford-upon-Avon nachgebaut. In Fuyang steht eine Nachbildung des US-Kapitols und die österreichische Welterbestadt Hallstatt findet sich ein zweites Mal in Guangdong wieder.
Luftaufnahme von Paris.
Luftaufnahme von Tianducheng.
Die Gärten von Versailles.
Geometrische Muster prägen auch das Bild der Gärten in Tianducheng.
„Ganze Städte und Dörfer scheinen aus ihren historischen und geographischen Fundamenten in England, Frankreich, Griechenland, den USA und Kanada gehoben und an die Randbezirke chinesischer Städte geschweißt worden zu sein“, wie es Bianca Bosker ausdrückt. Die Autorin hat sich in ihrem Buch „Original Copies“ mit den architektonischen Nachbildungen im modernen China befasst.
Bosker bezeichnet dieses Phänomen als „duplitecture“. Für Kritiker sind solche Städte oft kaum mehr als kitschige Nachbauten. Die chinesischen Architekten hinter den Projekten finden hingegen, dass ihre Fähigkeit, die größten architektonischen Wunder der Welt nachzubauen, ein Zeugnis ihres Geschicks und ihres technologischen Fortschritts ist.
Sozialistische Grundwerte
„Einst betrachtete China sich als Zentrum der Welt. Nun aber macht es sich selbst zu dem Zentrum, in dem sich die Welt befindet“, schreibt Bosker.
Nun können Besucher authentische kulturelle Bauten wie die Chinesische Mauer und das Mausoleum Qin Shihuangdis mit einem Besuch in einem Mini-Versailles oder Paris verbinden. Allerdings wehrt sich die Regierung auch gegen diese Form der Verwestlichung.
Im Zuge eines Gutachtens fanden die Behörden heraus, dass traditionelle chinesische Namen entweder von ausländischen ersetzt wurden oder ganz verschwanden, darunter auch mehr als 400.000 Namen von Dörfern. Laut der „New York Times“ ist die Nutzung ausländischer Namen für chinesische Orte seit 1996 verboten, um das kulturelle Erbe des Landes zu bewahren. Die Regelung hatte allerdings keine große Wirkung.
„[China wird] die Unregelmäßigkeiten in der Benennung der Straßen, Brücken, Gebäude und Wohnanlagen bekämpfen und dabei vor allem auf ausländische und groteske Namen abzielen“, sagte der chinesische Politiker Li Liguo damals. „Das wird auf bestimmte Arten von Namen abzielen, darunter Namen, welche die staatliche Hoheit und die nationale Würde verletzen oder gegen sozialistische Grundwerte und die Sittlichkeit verstoßen.“
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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