Indiens blaue Hunde – was ist die Ursache?

Einheimische waren verblüfft, als sie Straßenhunde entdeckten, die blaues Fell hatten.

Von Sarah Gibbens
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:40 MEZ
Indiens blaue Hunde: Was verursacht die Färbung?

Als in Taloja – einem Industrieviertel im indischen Mumbai – plötzlich Hunde mit blauem Fell herumliefen, blieb das natürlich nicht unbemerkt.

In den sozialen Medien und den lokalen Zeitungen machten sich schnell Bedenken um das Wohlergehen der Hunde und die Angst darüber breit, dass die Färbung auf ein gefährliches Abfallprodukt hindeuten könnte.

Ein Repräsentant der Navi Mumbai Animal Protection Cell (NMACP) – eine der Tierkliniken, welche die Hunde behandelte – berichtete National Geographic per Telefon, dass starke Regenfälle die Hunde seither wieder saubergewaschen hätten. In einer E-Mail erzählte Shakuntala Majumdar von einer Tierschutzorganisation in Thane, Mumbai, dass sie einen der Hunde eingefangen hatten und ihn säubern konnten.

Den Hunden, die bisher behandelt wurden, scheint es zwar gut zu gehen, aber ihr Erscheinungsbild wirft natürlich einige Fragen auf. Die wichtigste davon ist vermutlich, wie sich Hunde überhaupt blau färben können.

Laut einem Bericht der „Hindustan Times“ entstand die Färbung der Hunde vermutlich durch unbehandelte Industrieabwässer, die angeblich von einem Unternehmen in den nahegelegenen Fluss Kasadi geleitet wurden. Das Gewässer zieht sich durch eine Gegend, in der Hunderte Fabriken stehen. Die „Hindustan Times“ zitierte jedoch Behörden, die einer einzigen, namentlich nicht genannten Fabrik die Schuld an dem Vorfall geben. Es soll sich um einen Reinigungsmittelhersteller handeln. Das Maharashtra Pollution Control Board – die lokale Regulierungsbehörde – hat eine Untersuchung eingeleitet und wird in den kommenden Wochen angeblich einen vollständigen Bericht veröffentlichen.

Bisher hat das MPCB auf mehrere Anfragen zu einem Kommentar nicht reagiert.

DER BLAUE FADEN

Majumdar und sein Team wurden ursprünglich von besorgten Anwohnern auf die blauen Streuner aufmerksam gemacht. Die Fabrik, die nach Meinung der Einheimischen für den Vorfall verantwortlich ist, und die umliegenden Gewässergebiete sind eingezäunt. Trotzdem konnten die Hunde Berichten zufolge Löcher in dem Maschendrahtzaun finden, als sie zur Abkühlung im Wasser schwammen. Die Tierschutzorganisation in Thane zählte ursprünglich fünf betroffene Hunde. Aufgrund der großen Hundepopulation in der Gegend und dem relativ schlechten Zustand des Zauns könnte es ihren Schätzungen zufolge aber noch weitere geben.

„Abgesehen von den blauen Flecken in ihrem Fell schienen sie einen gesunden Eindruck zu machen“, sagte Majumdar.

Es war nicht ganz einfach für das Team, die flinken Hunde in dem morastigen Gebiet einzufangen. Am Ende konnten sie aber eines der Tiere mit in ihre Klinik nehmen.

„Es handelt sich vermutlich um einen Farbstoff auf Wasserbasis, da er sich mit zwei normalen Bädern abwaschen ließ“, sagte ein Tierpfleger.

Zusätzlich zu den Bädern hat man Hautproben der Hunde genommen, um sie auf Gift zu testen. Einige regionale Nachrichten haben berichtet, dass die Hunde blind waren, was Majumdar allerdings dementiert.

„Wir haben keine blinden Hunde gesehen.“

Ein Repräsentant der NMAPC kam zu einem ähnlichen Schluss, was die Giftigkeit des Farbstoffs betrifft. Die Organisation konnte keine schädlichen Effekte auf die Gesundheit der Hunde oder anderer Tiere in der Gegend beobachten. Bis die Labortests der Hunde abgeschlossen sind und die Regulationsbehörde ihren Bericht veröffentlicht, kann kein abschließendes Urteil über die Auswirkungen der Farbe gefällt werden.

MUMBAIS STREUNER

Hunde sind in Indien durch das Gesetz geschützt. Letzten Mai erließ die Regierung umfassende Vorschriften zum Tierwohl, die unter anderem unbedachter Zucht ein Ende bereiteten. In einem Land mit einer Milliarde Menschen und 30 Millionen Hunden ist das ein gewaltiges Unterfangen.

„Sie leben auf den Straßen. Sie finden Obdach in kleinen Geschäften und bei den Slumbewohnern. In den meisten geschlossenen Wohnanlagen hasst man sie, aber sie existieren weiter“, sagt Majumdar.

Aber sie existieren nicht nur, so ein Experte, die gedeihen regelrecht.

N. G. Jayasimha ist der geschäftsführende Direktor der Humane Society India. Er hatte von dem Vorfall mit den blauen Hunden noch nicht gehört, war aber nicht überrascht, dass sie in das verschmutzte Wasser gelangt sind.

Jayasimha betonte die wichtige Rolle, die Hunde in den Kommunen von Mumbai spielen können.

„Es gibt Straßenhunde, die keinen Besitzer oder keinen Haushalt haben, zu dem sie gehören. Aber sie werden in der Nachbarschaft trotzdem als Teil der Gemeinde akzeptiert“, erzählt er.

Die Hunde können zweifelsfrei das Bedürfnis nach Gesellschaft befriedigen, stellen als Überträger der Tollwut aber auch eine potenzielle Bedrohung dar.

Laut Daten der Humane Society befinden sich etwa 60 Prozent der indischen Hunde in „Gemeindebesitz“. Schätzungsweise leben mehr als die Hälfte der Bewohner Mumbais auf der Straße oder in Slums. Auf der Suche nach Nahrung oder anderen menschlichen Abfallprodukten leisten die Hunde diesen Menschen auch Gesellschaft.

Eventuell hat dieses Verhalten sie überhaupt erst in die Nähe der Fabrik geführt, so Jayasimha. Berichten zufolge wurde ein provisorisches Tor errichtet, um zu verhindern, dass weitere Hunde das verunreinigte Gebiet betreten.

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