Entdeckung des „Anden-Teddys“ schlug Wellen im Tierreich

Als das Raubtier 2013 erstmals bestimmt wurde, stellte sich heraus, dass es noch drei weitere Verwandte Arten des Makibären gibt.

Von Christine Dell'Amore
Veröffentlicht am 3. Aug. 2018, 14:16 MESZ
Bassaricyon neblina New Carnivorous Mammal
Der Anden-Makibär oder Olinguito war 2013 das erste Raubtier seit 35 Jahren, das in der Westlichen Hemisphäre entdeckt wurde.
Foto von Mark Gurney, Smithsonian Institution

Der flauschige Nebelwaldbewohner mit dem Teddygesicht war 2013 das erste Raubtier seit 35 Jahren, das in der Westlichen Hemisphäre entdeckt wurde, wie damals eine Studie berichtete.

Es wiegt etwa ein Kilogramm und ist schwer zu finden: der Anden-Makibär. Das bräunliche Tier fristet ein einzelgängerisches Dasein in den dichten und schwer zu erforschenden Nebelwäldern von Kolumbien und Ecuador. Nach diesem Lebensraum wurde das Tier auch benannt: Bassaricyon neblina, denn „neblina“ ist Spanisch für „Nebel“.

Noch dazu ist das Tier – der kleinste bekannte Vertreter der Kleinbären-Familie – nur nachts aktiv, wenn es auf die Suche nach Früchten geht. Der Anden-Makibär oder Olinguito ernährt sich hauptsächlich von pflanzlicher Nahrung, frisst aber auch Insekten und gilt daher als omnivor.

„Das Zeitalter der Entdeckungen ist noch nicht vorüber“, sagte der Studienleiter Kristofer Helgen 2013 über seine Entdeckung. Der Forscher ist der Säugetier-Kurator am Smithsonian's National Museum of Natural History. „2013 haben wir dieses spektakuläre, wunderschöne Tier gefunden – und es wird noch viel mehr folgen.“

Aufgrund der Tatsache, dass der Anden-Makibär auch auf lebende Tiere Jagd macht, wird er in die Ordnung der Raubtiere (Carnivora) eingeordnet. Diese gilt als die besterforschteste Ordnung im ganzen Tierreich, daher sei es Hegen zufolge „der letzte Ort, von dem man erwarten würde, dass sich der Olinguito dort versteckt“. Die Bestimmung eines unbekannten Säugetiers ist ohnehin schon ein seltenes Vergnügen. Aber dann noch ein Raubtier zu entdecken, sei „unglaublich selten“, wie es in der entsprechenden Studie heißt.

„Es ist uns eine Freude, den Olinguito aus dem Nebel zu holen“, sagte Helgen 2013 auf einer Pressekonferenz.

AUF DER SUCHE NACH DEM OLINGUITO

Helgen entdeckte den ersten Hinweis auf eine bislang nicht bestimmte Art im Jahr 2003, als er Museumsexemplare aus der Gattung der Makibären oder Olingos untersuchte. Er bemerkte, dass einige der Exemplare sich von anderen unterschieden – diese sonderbaren Individuen waren kleiner, hatten kleinere Zähne und längeres, dichteres Fell.

Im Field Museum in Chicago „öffnete ich diese Schublade und darin lagen diese Felle von Raubtieren, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte. Das waren üppige, rote Felle mit fließenden Haaren“, erinnert sich Helgen.

Aus den beigelegten Notizen zu den merkwürdigen Exemplaren entnahm man, dass sie Jahrzehnte zuvor in den nördlichen Anden gesammelt wurden, auf einer Höhe von 1.500 bis 2.700 Metern. Damit leben sie in deutlich höheren Gefilden als andere bekannte Olingos, wie in der Studie erläutert wurde, die im August 2013 in „ZooKeys“ erschien.

Das bedeutete, dass dort draußen eine noch nicht bestimmte Art lebte. Infolgedessen begann eine zehnjährige Suche nach dem neuen Makibären. Im Jahr 2006 machten sich Helgen und Roland Kays, der Leiter des Biodiversity and Earth Observation Lab des North Carolina Museum of Natural Sciences, in die Wildnis auf, um das Tier zu finden.

Mit der Hilfe des ecuadorianischen Zoologen Miguel Pinto konnte das Team seine Suche auf das Otanga Cloud Forest Preserve im Westen Ecuadors einschränken.

In ihrer ersten Nacht, als sie sich durch die feuchte, dichte Vegetation kämpften, sangen die Frösche und Grillen, und hoch oben in den Bäumen hörten sie Tiere, die umherhuschten. Als sie hochblickten, blickte etwas zurück: ein Wickelbär, ein Stachelschwein, und schließlich noch etwas anderes. „Das Tier im Schein der Taschenlampe war ein Olinguito“, sagte Helgen.

Auf ihrem Ausflug fanden sie gleich mehrere Olinguitos, ebenso wie bei weiteren Reisen in andere Teile der Anden. Spätere Genanalysen offenbarten, dass Anden-Makibären sich nicht nur von anderen Makibären unterschieden, sondern dass die „Makibären“ eine Gattung mit insgesamt vier bekannten Arten darstellen.

TRÜBE AUSSICHTEN?

Trotz der „Neuentdeckung“ im Jahr 2013 weilt der Anden-Makibär schon eine ganze Weile unter uns. Helgen zufolge befinden sich Exemplare der Art schon seit über hundert Jahren in verschiedenen Museen, sie waren einfach nur falsch klassifiziert.

Ebenfalls falsch klassifiziert war ein Anden-Makibär, der in den Sechzigern und Siebzigern in einigen Zoos der USA gelebt hatte. Das Tier wurde regelmäßig von Zoo zu Zoo weitergereicht, da es sich nicht mit seinen vermeintlichen Artgenossen fortpflanzen wollte, erzählte Helgen. Im Nachhinein kein Wunder, denn das Exemplar gehörte einer anderen Makibärenart an als seine Gehege-Mitbewohner.

Derzeit können sich die Tiere noch über einen relativ stabilen Bestand freuen. „Erfrischenderweise ist es keine extrem gefährdete Art“, sagte Helgen.

Vermutlich existieren Tausende Exemplare in diversen geschützten Bergregionen Kolumbiens und Ecuadors.

Das bedeutet aber nicht, dass ihnen keine Gefahr droht. Schätzungsweise 42 Prozent ihres Lebensraumes wurden bereits in Landwirtschafts- und Siedlungsflächen umgewandelt, wie die Forscher berichten – und auch die Abholzung der Wälder ist ein stetiges Problem.

 

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

 

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