Hunderte tote Meeresschildkröten vor Mexikos Küste entdeckt
Die Tiere starben womöglich durch ein Geisternetz, in dem sie sich verfangen hatten.
Es ist ein Anblick, der keinem gefällt.
Am 28. August gab die mexikanische Umweltschutzbehörde bekannt, dass mehr als 300 Oliv-Bastardschildkröten gestorben waren, nachdem sie sich anscheinend in einem Fischernetz verheddert hatten. Die Tiere wurden im Meer treibend vor der Küste des südlichen Bundesstaates Oaxaca entdeckt. Ihre Panzer hatten bereits Risse, da sie zu diesem Zeitpunkt schon seit über einer Woche unter der heißen Sonne austrockneten.
Erst wenige Tage zuvor waren 113 Meeresschildkröten – die meisten davon ebenfalls Oliv-Bastardschildkröten – an der Küste des mexikanischen Staates Chiapas etwa 160 Kilometer weiter östlich angespült worden. In letzterem Fall ist unklar, woran die Schildkröten starben. Einige wiesen jedoch Verletzungen auf, die auf Netze und Haken hindeuten.
Der Meeresbiologe Bryan Wallace erforscht seit fast 20 Jahren Meeresschildkröten. Ihm zufolge gibt es nicht allzu viele Anhaltspunkte, aber es scheint, als wären die Schildkröten in Oaxaca einem sogenannten Geisternetz zum Opfer gefallen.
Dabei handelt es sich um „Ausrüstung, die verloren ging und von ihrem Besitzer aus irgendeinem Grund nicht wieder aus dem Wasser geholt wurde“, wie Wallace sagt, der auch als Wissenschaftler für Conservation Science Partners, Inc. arbeitet.
Das Problem an Geisternetzen ist, dass sie weiterhin Fische und andere Tiere fangen, während sie durch das Meer treiben. Einige Tiere verenden darin und locken weitere Raubtiere an, die sich ebenfalls im Netz verfangen können. Womöglich waren die Schildkröten dem Netz in Erwartung einer kostenlosen Mahlzeit zu nahe gekommen.
„Dass es so viele Schildkröten gefangen hat, bedeutet, dass es vermutlich schon eine ganze Weile lang durchs Meer trieb, wenn man sich den Grad der Verwesung bei vielen der Tiere ansieht“, sagt Wallace.
Der Bestand von Oliv-Bastardschildkröten nimmt weltweit ab und die Art wird von der Weltnaturschutzunion als gefährdet eingestuft. Die Brutpopulation in Mexiko gilt sogar als stark gefährdet.
Allerdings gibt es auch gute Nachrichten. Dank der strengen Richtlinien, die seit 1986 von Mexiko und anderen Staaten im Verbreitungsgebiet der Tiere umgesetzt wurden, geht es den Oliv-Bastardschildkröten insgesamt besser als vielen ihrer Verwandten.
„Oliv-Bastardschildkröten sind in der Region mit Abstand am zahlreichsten vertreten“, so Wallace.
Tatsächlich beherbergt Mexikos Küste einige der weltweit größten Brutstätten dieser Art. Dort kann man Wallace zufolge jedes Jahr hunderte, tausende oder gar zehntausende Weibchen bei der Eiablage beobachten. Es ist durchaus möglich, dass die Weibchen, die in Oaxaca starben, auf dem Weg zu diesen Stränden waren.
„Rein zahlenmäßig wird es dadurch also nicht zu einem Bestandeinbruch kommen“, sagt Wallace. „Trotzdem ist es natürlich ein Warnsignal.“
Die mexikanischen Behörden prüfen derzeit die Umstände beider Vorfälle, aber Wallace betont, dass man aufgrund der toten Schildkröten nicht sofort die Fischer verteufeln sollte.
„Das ist ein wirklich sehr kompliziertes Problem und besonders in Mexiko geben viele Gemeinden schon ihr Bestes und versuchen, noch mehr [für die Umwelt] zu tun, obwohl sie ohnehin schon unter schwierigen Umständen leben“, erzählt er.
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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