Das erste Opfer des Klimawandels

Im Great Barrier Reef wird eine kleine Insel langsam vom Meer verschluckt – mitsamt ihren Bewohnern.

Von Brian Clark Howard
Veröffentlicht am 21. Feb. 2019, 21:20 MEZ
Diese Mosaikschwanzratten-Art ist mit jener Art verwandt, die Wissenschaftlern zufolge auf Bramble Cay ausgestorben ist.
Foto von Auscape, UIG via Getty Images

Ein kleines Nagetier, das nur auf einer einzigen Insel vor der Küste Australiens lebte, ist nun wahrscheinlich das erste Tier, das dem Klimawandel zum Opfer fiel, wie Wissenschaftler schon 2016 berichteten. Erst jetzt hat die australische Regierung die Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte (Melomys rubicola) offiziell als ausgestorben anerkannt.

Forschern zufolge findet sich keine Spur mehr von den Nagern in ihrer Heimat in der östlichen Torres-Straße im Great Barrier Reef. Zuletzt wurde ein Exemplar 2009 von einem Fischer gesehen. Als Forscher Ende 2014 erfolglos versuchten, einige der Tiere zu fangen, wurden bereits Stimmen laut, die von dem wahrscheinlichen Aussterben der Art sprachen.

Das Nagetier wurde nach seiner Heimat auf der Insel Bramble Cay benannt, die an ihrer höchsten Stelle gerade mal drei Meter über dem Meeresspiegel liegt.

Die Ratten wurden von Europäern erstmals 1845 dort entdeckt. Noch 1978 gab es mehrere hundert Exemplare. Aber seit 1998 ist jener Bereich der Insel, der jenseits der Gezeitengrenze liegt, von etwa vier Hektar auf 2,5 Hektar geschrumpft. Dadurch schrumpfte auch die Vegetationsdecke der Insel und die Nager verloren 97 Prozent ihres Lebensraums.

„Der Schlüsselfaktor, der für die Ausrottung dieser Population verantwortlich ist, war fast mit Sicherheit die Überschwemmung der kleinen Insel durch das Meer, zu der es im letzten Jahrzehnt wahrscheinlich sogar mehrfach kam. Das sorgte für einen dramatischen Verlust von Lebensraum und womöglich auch direkt für den Tod einiger Exemplare“, schreibt das Team unter der Leitung von Ian Gynther vom Department of Environment and Heritage Protection des australischen Bundesstaats Queensland.

„Für niedrige Inseln wie Bramble Cay werden die zerstörerischen Auswirkungen von extremen Wasserpegeln, die durch schwere Wetterereignisse verursacht werden, noch durch die Auswirkungen des generellen Meeresspiegelanstiegs durch den menschengemachten Klimawandel verschärft“, wie die Autoren hinzufügen.

Weltweit ist der Meeresspiegel zwischen 1901 und 2010 um etwa 20 Zentimeter angestiegen – eine so steile Kurve gab es in den letzten 6.000 Jahren der Erdgeschichte nicht. Rund um die Torres-Straße stieg der Pegel zwischen 1993 und 2014 sogar doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt.

Die kleine Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte ist daher nur die erste von zahlreichen Arten, die durch die Klimaerwärmung in arge Bedrängnis gerät, warnen die Autoren.

„Wir wussten, dass es irgendwen zuerst treffen würde, aber das ist trotzdem eine verblüffende Nachricht“, sagt Lee Hannah, ein Wissenschaftler für Klimawandel-Biologie von Conservation International.

Hannahs publizierte Forschungsarbeiten deuten darauf hin, dass bis zu ein Fünftel aller Arten durch den Klimawandel bedroht sein könnte. Jene Tiere auf kleinen Inseln und Bergen seien am stärksten gefährdet, da sie kaum Ausweichmöglichkeiten haben, wenn sich Dinge verändern, wie er sagt.

„Einige Arten werden vom Klimawandel sicher auch profitieren, aber die meisten werden sich einem verkleinerten Verbreitungsgebiet stellen müssen“, so Hannah.

Dennoch kann der Mensch dazu beitragen, die schlimmsten Folgen abzumildern, indem er Schutzgebiete etabliert, die trotz des Klimawandels Lebensräume bieten, und indem er Wildtiere bei Bedarf umsiedelt – und natürlich den Ausstoß von Treibhausgasen reduziert.

„Diese Art hätte gerettet werden können“, so Hannahs Fazit.

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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