Überraschender Beschluss: China stellt Pangoline unter Schutz

Jahrelang wurden Schuppentiere intensiv bejagt und geschmuggelt. Nun genießen sie in China denselben Schutz wie Pandas.

Von Dina Fine Maron
Veröffentlicht am 19. Juni 2020, 12:29 MESZ
Steppenschuppentier

Dieses Steppenschuppentier wurde in Mosambik vor Wilderern gerettet und wieder zurück in die Wildnis entlassen. In China gibt es nun neue Schutzmaßnahmen für Schuppentiere. Außerdem wurden sie aus der Liste der zugelassenen traditionellen Medizin des Landes gestrichen. Naturschützer hoffen, dass diese Schritte dazu beitragen werden, den Rückgang aller acht Arten der gefährdeten Schuppentiere zu verlangsamen.

Foto von Jen Guyton, Nature Picture Library

China hat dem am häufigsten geschmuggelten Säugetier der Welt eine Atempause verschafft: Auf der Liste der zugelassenen traditionellen Medizin des Landes stehen erstmals seit Jahrzehnten keine Schuppen von Schuppentieren mehr. Traditionelle Apotheken verkauften aus solchen Schuppen hergestellte Medikamenten zur Behandlung von Stillproblemen bis hin zu Arthritis.

Durch ihre Beliebtheit in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) wurden die vier asiatischen und vier afrikanischen Schuppentierarten über lange Zeit intensiv bejagt. Zehntausende Pangoline, wie die Tiere auch genannt werden, werden jährlich wegen ihres Fleisches getötet, das in China und Vietnam als Delikatesse gilt – aber eben auch wegen ihrer Schuppen. Die gekrümmten Scheiben bestehen aus Keratin, das auch in menschlichen Fingernägeln vorhanden ist.

„Dies ist die wichtigste Maßnahme, die zur Rettung der Schuppentiere ergriffen werden konnte“, sagt Peter Knights, der Firmenchef der gemeinnützigen Umweltorganisation WildAid, die versucht, die Nachfrage nach Wildtierprodukten zu reduzieren. „Das sendet eine klare Botschaft, dass es in der traditionellen chinesischen Medizin Alternativen gibt und man daher keine Schuppentiere verwenden muss“, sagt er.

Galerie: Pangoline – die schuppigen Herzensbrecher

China hatte bereits angekündigt hat, die Stellung der Schuppentiere unter dem Tierschutzgesetz des Landes verbessern zu wollen. Pangoline werden jetzt als Klasse 1 eingestuft – jener Status, der auch dem beliebten Panda zugesprochen wird. Damit ist fast der gesamte inländische Handel sowie jegliche Nutzung der Tiere verboten.

Die chinesische Regierung hat ihre 2020er-Version des nationalen Arzneibuchs bislang noch nicht offiziell enthüllt und auch keine Erklärung zur Streichung der Schuppen veröffentlicht. Stattdessen berichtete zuerst die chinesische Zeitung Health Times über diese Entwicklung.

„China lässt solche Ankündigung oft ganz bewusst durch die Presse herausgeben, anstatt ein offizielles Statement zu veröffentlichen“, sagt Paul Thomson, der Geschäftsführer und Mitbegründer der in San Francisco ansässigen Gruppe Save Pangolins. Er sei „vorsichtig optimistisch“, was die unerwarteten Nachrichten angeht.

Chinesische Behörden reagierten bis zur Veröffentlichungszeit nicht auf eine Anfrage von National Geographic zur Stellungnahme.

Ungeklärt bleibt, was China mit seinen Lagerbeständen an Pangolinschuppen machen wird. In der Vergangenheit konnten Unternehmen auch nach dem Verbot von Produkten auf Lagerbestände zurückgreifen, was genügend Unklarheit ließ, um weiterhin einen begrenzten Binnenhandel mit solchen Produkten zu ermöglichen. Beispielsweise erlaubte es eine Verordnung aus dem Jahr 2006 den Unternehmen, den vorhandenen Bestand an Leopardenknochen zu verkaufen, ohne offenzulegen, wie viel sie überhaupt auf Lager hatten, sagt Chris Hamley. Er ist ein Experte für Schuppentiere bei der Environment Investigation Agency mit Sitz in London.

Der internationale Handel mit Schuppentieren oder deren Schuppen ist seit 2017 gemäß dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen verboten. Das globale Abkommen regelt den weltweiten Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen.

Formelle Ankündigungen der Regierung Chinas über die Verwendung von Schuppentieren oder die Streichung ihrer Schuppen aus dem Arzneibuch werden wahrscheinlich durch eine anhaltende Kontroverse über die Tiere verlangsamt.

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Unbewiesenen Gerüchten zufolge gebe es Zusammenhänge zwischen Pangolinen, die möglicherweise auf dem Frischmarkt in Wuhan verkauft wurden, und der ursprünglichen Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2, sagt Thomson.

Die meisten Hinweise deuten bislang darauf hin, dass Fledermäuse der wahrscheinlichste Reservoirwirt für das Virus sind. Ein sehr eng verwandtes Virus wurde auch in Hufeisennasen gefunden. Allerdings ist noch nicht bekannt, ob ein Zwischenwirt – vielleicht Schuppentiere – das Virus von Fledermäusen erworben und auf den Menschen übertragen haben könnte.

Lixin Huang ist die Vizepräsidentin für das operative Geschäft und China-Projekte am California Institute of Integral Studies in San Francisco. Sie hat die Änderungen in der 2020er Version des Arzneibuchs zwar noch nicht gesehen, freue sich aber über die Berichte zu dem Thema. Sie glaubt, dass diese Entwicklung vor allem den Bemühungen von Naturschutzorganisationen zur Rettung der Schuppentiere zu verdanken ist, und nun auch dem internationalen Druck im Zusammenhang mit dem Coronavirus. „Das Coronavirus war ein weiterer wichtiger Auslöser“, sagt sie.

Nachdem die Coronavirus-Pandemie im Frühjahr 2020 um sich griff, verbot China den Verzehr von Wildtieren und kürzte die Liste der Tiere, die als Haustiere und damit als essbar gelten. Die Nutzung einiger Wildtiere für die traditionelle Medizin ist jedoch weiterhin erlaubt.

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

 

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