Wie wurden die Dinosaurier so groß?
Sauropoden waren die größten Lebewesen, die jemals auf der Erde gelebt haben. Fast 30 Meter maß das längste Exemplar. Wie schafften es die Urzeitgiganten, alle Größenrekorde zu brechen?
Der Diplodocus ist mit seinen 27 Metern Länge bislang der Rekordhalter unter den größten Dinosauriern. Wie er und die anderen Sauropoden so groß werden konnten, untersuchte nun ein Forschungsteam aus den USA.
Ob Brontosaurus oder Brachiosaurus – die Dinosaurier, die zur Gruppe der Sauropoden zählten, überragten zu Lebzeiten mit ihrer Körpergröße alle anderen Erdbewohner. Ihre Kennzeichen: ein wuchtiger Körper, ein langer Schwanz und ein besonders langer Hals.
Doch Dinosaurier waren nicht von Anfang an so groß. Im Laufe der Evolution entwickelte sich bei einigen Exemplaren wie den Sauropoden eine besondere Körpergröße. Doch wie?
Dieser Frage ist ein Forschungsteam von der Adelphi University in Garden City im US-Bundesstaat New York unter der Leitung von Biologe Michael D’Emic nun nachgegangen. In ihrer Studie, die in der Zeitschrift Current Biology erschien, kamen die Forschenden zu einem faszinierenden Ergebnis: Verschiedene Sauropodenarten wurden in der Evolution unabhängig voneinander riesengroß – in ganzen 36 Abstammungslinien.
Sauropodenarten wurden unabhängig voneinander riesengroß
Für ihre Untersuchungen nutzte das US-amerikanische Forschungsteam Messdaten fossiler Dinosaurierknochen. Mithilfe der Umfänge der gewichtstragenden Knochen von fast 200 Sauropodenarten und dem Gewicht des jeweiligen Dinosauriers konnten die Forschenden eine Rekonstruktion der verschiedenen Körpergrößen vornehmen.
Dabei zeigte sich, dass die Sauropoden entgegen gängiger Theorien schon sehr früh in ihrer Evolution ihre außergewöhnliche Größe erreichten – und das unabhängig voneinander und viel häufiger als bisher angenommen.
Unterschiedliche Nischen, verschiedene Merkmale
Denn die einzelnen Merkmale der Arten – zum Beispiel wann und wo sie lebten, welche Körperproportionen sie hatten, was sie aßen und wie schnell sie wuchsen – unterschieden sich extrem voneinander. „Die größten der großen Sauropoden hatten verschiedene ökologische Nischen, unterschiedlich geformte Zähne und Köpfe sowie unterschiedlich proportionierte Körper“, sagt D’Emic. Sie besetzten die Nische der „größten Körpergrößen“ also auf ganz unterschiedliche Weise – ganze 36 mal.
Das bestätigt auch eine mikroskopische Untersuchung der Knochen, die zeigt, dass sich der Stoffwechsel der Sauropodenarten voneinander unterschieden hat – ein Anzeichen dafür, dass sie unterschiedlich schnell wuchsen.
Bei der Entwicklung der Größe spielten also gleich mehrere Faktoren eine Rolle: Lebensräume oder Nahrungsangebote, die noch kein anderes Tier nutzte, oder die Art, wie ein Tier diese Faktoren spezifisch für sich wahrnimmt. Die Gründe, warum die einzelnen Saurierarten so groß wurden, sind daher ebenso vielfältig wie die Tiere selbst.
Neue Maßstäbe für die Evolutionsbiologie
Mit ihren Ergebnissen stellt die Studie aus den USA nun eine biologische Regel aus dem 19. Jahrhundert infrage: das Copesche Gesetz. Es besagt, dass sich die Körpergröße von Tieren evolutionär über die Zeit hinweg entwickelt. D’Emic und sein Team zeigen jedoch, dass die Entwicklung der Körpergröße bei Tieren auch von anderen Faktoren abhängen kann: zum Beispiel vom ökologischen Kontext und den Nischen, die während der Evolution eines Tieres frei sind. Diese könnten – gerade bei größeren Maßstäben wie den Sauropodenarten – völlig willkürlich sein.