Wie klang die Welt der Dinosaurier?

In der Popkultur werden Dinosaurier oft laut brüllend dargestellt. Dabei haben sie vermutlich ganz andere Geräusche von sich gegeben. Und auch die Welt um sie herum war mit erstaunlichen Tönen gefüllt.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 30. Dez. 2022, 14:23 MEZ
Dinosaurier bei der Jagd

Eine der größten Fragen der Paläontologie ist bis heute die nach der prähistorischen Klangwelt. Neue Studien und Erkenntnisse offenbaren, welche Geräusche prähistorische Tiere und Insekten von sich gaben.

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Jeder kennt den brüllenden T. rex aus dem Kino: Die Popkultur hat sich schon lange ein Bild davon gemacht, wie die Welt der Dinosaurier vor Millionen von Jahren klang. Doch wie nah sind die Geräusche der Räuber aus den Jurassic Park-Filmen an der Realität? Und wie klang die Welt damals sonst?

Mit diesem Rätsel setzen sich Forschende seit Jahren auseinander. „Akustische Details müssen einbezogen werden, wenn wir eines der Hauptziele der Paläontologie erreichen wollen: eine detaillierte Rekonstruktion der antiken Welt“, sagt der Forensiker Philip Senter von der Fayetteville State University in den USA. Helfen sollen dabei fossile Überreste, die in den letzten Jahrzehnten und -hunderten bereits viel über die prähistorischen Riesen preisgegeben haben: ihre Größe, ihre Biologie und wann sie lebten

Das Geheimnis der Geräusche, die die Welt der Dinosaurier füllten, lässt sich dabei schwieriger lüften – unmöglich ist es allerdings nicht.

Was dieser Stegosaurus im Wald hörte? Vor allem zirpende Grillen – sagen die Forschenden.

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Die Rufe der Dinosaurier

Dinosaurier dominierten die Erde fast während des gesamten Mesozoikums, auch Erdmittelalter genannt. Sie lebten von vor etwa 240 Millionen Jahren bis zu ihrem großen Massenaussterben vor 66 Millionen Jahren. Erhaltenes organisches Material von ihren Stimmorganen gibt es nicht, allerdings lässt sich aus anderen fossilen Überresten auf ihre Atmungsorgane und ihre Möglichkeiten, Laute zu erzeugen, schließen. Um herauszufinden, wie die Tiere klangen, von denen es über die Zeit hinweg unzählige Gattungen und Arten gab, haben Forschende verschiedene Methoden angewandt. Beispielsweise verglichen sie die Daten zu ihren Atmungs- und Stimmorganen mit denen jener modernen Tiere, die heute am engsten mit den Dinos verwandt sind: den Vögeln.

Dabei überraschen laut Julia Clark, Paläontologin von der University of Texas at Austin, vor allem der T. rex und andere Raubsaurier. „Viele der frühen Rekonstruktionen von Dinosauriern wurden von dem beeinflusst, was wir heute mit furchteinflößenden Geräuschen von großen Säugetier-Raubtieren wie Löwen assoziieren“, sagt sie dem BBC in einem Interview. Dabei sei es sehr unwahrscheinlich, dass die Dinosaurier damals ihr Maul zum Brüllen aufrissen, gerade während der Jagd. Viel wahrscheinlicher sei es, dass T. rex und andere flugunfähige Dinosaurier mit geschlossenem Maul eine Art Gurren produzierten – ähnlich wie Vögel. Zum Brüllen könnten sie zwar durchaus fähig gewesen sein, aber laut Clark nutzten sie wahrscheinlich ein ganzes Repertoire an weiteren Geräuschen, um sich mitzuteilen.

Zusätzlich gibt es eine Reihe weiterer Theorien, wie verschiedene Dinosaurier sich mitgeteilt haben könnten. Darunter auch Geräusche, die nicht durch die Stimme produziert wurden. „Nicht-avische Theropoden mit gefiederten Flügeln haben möglicherweise mit den Flügeln geschlagen, wie es die heutigen Vögel oft tun, um sich akustisch zu präsentieren“, so Senter. Zusätzlich gäbe es Sauropoden, die sich möglicherweise mithilfe ihres Schwanzes bemerkbar machten, der peitschenähnliche Knacklaute produzieren konnte. 

Zirpen liegt in der Luft

Selbst wenn es also brüllende Dinosaurier gab, war die Klangwelt während des Mesozoikums lange nicht nur davon erfüllt. Gurren, Knacken, Klatschen, Rascheln – all diese Laute lagen damals in der Luft. Auch andere Tiere trugen zu der urzeitlichen Kakophonie bei. „Triceratops und sogar die frühesten Dinosaurier hörten abends hauptsächlich Grillen zirpen“, sagt Senter.

Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie eines Forschungsteams rund um Chunpeng Xu und Bo Wang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Sie untersuchten fossile Überreste von 200 und 160 Millionen Jahre alten Laubheuschrecken und fanden heraus, dass die Insekten bereits damals vielfältige Geräusche von sich geben konnten. „In modernen terrestrischen Ökosystemen dominieren Insekten und Frösche die Chöre in tropischen Zonen. Vögel dominieren in gemäßigten. Die frühe mesozoische Klangwelt war ganz anders“, heißt es in ihrer Studie. 

Laut Xu und seinem Team war vor allem die erste Hälfte des Erdmittelalters von dem Zirpen der Heuschrecken gefüllt. Während des Jura, also etwa 50 Millionen Jahre später, begannen dann Frösche und Vögel mit in die Klangwelt einzustimmen. Wie genau sich die Dinosaurier in dieser Zeit mitteilten, soll in weiteren Untersuchungen noch genauer ermittelt werden. Klar ist aber, dass ihnen wohl eine ganze Reihe an Geräusch-Optionen zur Verfügung stand – und diese sich in den Gesang der Heuschrecken mischte.

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