Sagenhafte 15 Meter: Dieser Dinosaurier hatte den längsten Hals von allen
Forschende haben die über 150 Millionen Jahre alten Fossilien eines Dinosauriers aus dem Jura analysiert, die alle bisherigen Rekorde brechen.
Darstellung des Sauropoden Mamenchisaurus sinocanadorum, der einen 15 Meter langen Hals hatte.
Auch wenn Filme wie Jurassic Park uns suggerieren, dass wir viele Geheimnisse der Dinosaurier schon gelüftet haben, gibt es doch immer wieder überraschende neue Erkenntnisse zu ihrer Form, Lebensweise und Größe.
Eine internationale Forschungsgruppe hat nun bei der Untersuchung einer Dinosaurierart der Gattung Mamenchisaurus festgestellt, dass auch in Sachen Halslänge noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Laut ihrer Studie beansprucht der Sauropode Mamenchisaurus sinocanadorum nun den Titel „längster Hals“.
„Mit einem 15 Meter langen Hals sieht es so aus, als ob Mamenchisaurus sinocanadorum ein Rekordhalter sein könnte – zumindest bis etwas Längeres entdeckt wird“, sagt Andrew J. Moore, Paläontologe an der Stony Brook University und Hauptautor der Studie. Die Ergebnisse ihrer Untersuchung veröffentlichten er und sein Team im Fachmagazin Journal of Systematic Palaeontology.
Riese aus der Mittleren Jurazeit
Erste Überreste der Art M. sinocanadorum haben Forschende bereits 1987 in der Region Xinjiang im Nordwesten Chinas gefunden. Die Fossilien steckten dort in 162 Millionen Jahre alten Felsen – zu jener Zeit streifte M. sinocanadorum also durch die Weiten des heutigen Chinas. Da jedoch nie ein vollständiges Skelett gefunden wurde, ließen konkrete Erkenntnisse zur Größe und zum Aussehen der Art bislang auf sich warten.
Das Team um Andrew Moore nutzte deshalb nun eine ganz besondere Methode, um die Größe des Dinosauriers – und seine Halslänge – feststellen zu können. Dazu rekonstruierten die Forschenden zunächst die evolutionären Beziehungen des Sauriers, um so Vergleiche mit bereits vorhandenen vollständigen Skeletten eng artverwandter Dinosaurier anstellen zu können. Gemeinsam mit den vorliegenden Knochen von M. sinocanadorum konnten sie sicher feststellen: Die Dinosaurier dieser Art hatten bis zu 15 Meter lange Hälse – das ist sechsmal so lang wie ein Giraffenhals.
Zwei Wirbel von M. sinocanadorum. Die 160 Millionen Jahre alten Überreste konnten nun endlich bei der Rekonstruktion der Art helfen.
Wie funktioniert ein so langer Hals?
Doch wie konnten die Sauropoden dem Gewicht ihrer gigantischen Hälse standhalten – und mit ihnen sogar fressen? Um diese Fragen zu beantworten, untersuchten die Forschenden die vorhandenen Wirbel der Saurier mithilfe von Computertomographie (CT) und stellten fest, dass die Wirbel leicht und hohl waren, mit Lufträumen, die 69 bis 77 Prozent des Volumens ausmachten. Diese Beschaffenheit ist vergleichbar mit der von Vogelskeletten.
Um vorprogrammierten Verletzungen entgegenzuwirken, besaßen die Dinosaurier zusätzlich vier Meter lange Halsrippen und knöcherne Verlängerungen der Wirbel, die an den Seiten ihres Halses stangenähnliche Gebilde formten und so dessen Stabilität erhöhten.
Und auch der Atemvorgang wurde durch ein ausgeklügeltes System unterstützt. „Wie alle anderen Sauropoden hatte auch Mamenchisaurus einen komplexen Atemapparat, der nicht nur die Lungen, sondern auch zahlreiche ballonartige Luftsäcke umfasste“, sagt Paul Barrett vom Natural History Museum London. Diese Säcke seien mit Luftröhre und Lunge verbunden gewesen, sodass die Luft entlang des langen Halses nach und nach hinabgesogen werden konnte.
Ob M. sinocanadorum in Sachen Halslänge Rekordhalter bleiben wird, ist laut dem Forschungsteam ungewiss. Der größte bislang bekannte Dino ist er jedenfalls trotz seines langen Halses nicht – diesen Rekord hält derzeit die Gattung Titanosaurus.