Rekordjahr für Zecken: Forschende warnen vor schweren Infektionen

Die Zecken-Saison hat begonnen – und mit ihr steigen die FSME-Krankheitsfälle in den deutschen Bundesländern. In welchen Gebieten man aufpassen sollte und wie man sich vor der Krankheit und ihren Langzeitfolgen schützen kann.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 17. Mai 2024, 14:26 MESZ
Zecke auf einem grünen Blatt.

Winzige Gefahr: Zecken übertragen teils schwere Krankheiten, zum Beispiel FSME. Die Virusinfektion kann zu langanhaltenden Symptomen wie Bewusstseinsstörungen und Lähmungen führen. 

Foto von Michael / Adobe Stock

Der Sommer steht in den Startlöchern und mit ihm eine alljährliche versteckte Gefahr: Zecken. Beim Wandern oder Sonnenbaden lauern die Blutsauger im hohen Gras oder im Unterholz und warten auf einen geeigneten Wirt. Durch ihren Stich können schwere Krankheiten übertragen werden – darunter Borreliose, eine Bakterieninfektion, und FSME, die Frühsommer-Meningoenzephalitis, die durch Viren verursacht wird und gesundheitliche Langzeitfolgen haben kann. 

In den letzten Jahren sind die FSME-Fallzahlen insgesamt gestiegen. Schuld daran sind laut Informationen des Robert-Koch-Instituts (RKI) unter anderem gestiegene Temperaturen: Sie verbessern die Lebensbedingungen der Spinnentiere und lassen die Zahlen explodieren. Durch den Klimawandel könnten sich heimische und auch nicht-heimische Zeckenarten künftig sogar noch stärker in Deutschland verbreiten. 

Forschende der Universität Hohenheim warnten bereits Anfang des Jahres in einer Mitteilung vor einem Zeckenrekordjahr – und einem Anstieg der FSME-Fälle. Welche Bundesländer besonders gefährdet sind und wie man sich schützen kann.

Zecke in Bernstein trank Saurierblut
Zecken sind an Hunden nichts Ungewöhnliches, aber sie saugten auch an mittlerweile ausgestorbenen Tieren: Dinosauriern. Wissenschaftler entdeckten eine Dinosaurierfeder in einem Bernsteinstück aus der Kreidezeit. Darin befand sich auch eine Zecke. Es ist der erste direkte Beweis dafür, dass Zecken auch Dinosaurier und prähistorische Vögel befielen. Eine der Zecken enthielt zum Todeszeitpunkt Blut, aber es gibt kaum Chancen, daraus DNA von Dinosauriern zu extrahieren.

Was ist FSME?

Die Infektionskrankheit, die hauptsächlich durch europäische Zecken wie dem europäischen Holzbock oder der Auwaldzecke übertragen wird, hat laut dem Register für Infektionskrankheiten des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eine Inkubationszeit von drei bis 28 Tagen. Danach kommt es häufig zu grippeartigen Symptomen wie Fieber, Schwindel und starken Kopfschmerzen. In einer zweiten Krankheitsphase kann es laut den Forschenden der Universität Hohenheim auch zu Koordinationsstörungen, Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen, Bewusstseinsstörungen und epileptischen Anfällen kommen. Die Symptome können für Wochen oder Monate anhalten. In circa einem Prozent der Krankheitsfälle führt FSME sogar zum Tod. 

Da die Zecken durch die milden Winter mittlerweile ganzjährig anzutreffen sind, verlagert sich das FSME-Geschehen laut Prof. Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim, nach vorn: Bereits im Februar 2024 konnten die Forschenden erste Fälle vermelden. Zwar führt nicht jeder Zeckenstich zu einer Infektion, in Risikogebieten ist die Wahrscheinlichkeit jedoch deutlich erhöht und liegt bei 1:50 bis 1:100. 

Gefährdete Gebiete: Hohe Fallzahlen in Süddeutschland 

BELIEBT

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    Die Risikogebiete für FSME breiten sich aus. Vor allem im Osten kommen immer mehr Gebiete hinzu. 

    Foto von Robert-Koch-Institut, 2024

    Nach wie vor gibt es die meisten FSME-Fälle – rund 85 Prozent – in Bayern und Baden-Württemberg. Und die Zahlen steigen. „Früher hatten wir in Baden-Württemberg alle drei Jahre besonders hohe FSME-Zahlen, seit etwa 2017 beobachten wir einen zweijährigen Rhythmus“, sagt Dr. Rainer Oehme, Laborleiter des Landesgesundheitsamts im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg. Nachdem die Zahlen von 2022 zu 2023 von 565 auf 475 Krankheitsfälle zurückgegangen waren, sei dieses Jahr im Südwesten also wieder mit hohen FSME-Fallzahlen zu rechnen. 

    Darüber hinaus konnten die Forschenden im Süden auch mehr von sogenannten Naturherden identifizieren. Das sind kleine, räumlich begrenzte Gebiete, in denen viele FSME-positive Zecken vorkommen. „Diese Bereiche können zum Beispiel die Größe eines halben Fußballfeldes haben“, erklärt Mackenstedt. „Im Kreis Ravensburg etwa hatten wir 2007 acht solche Naturherde, 2023 waren es bereits 25.“

    Doch auch im Rest der Bundesrepublik breiten sich die FSME-positiven Zecken rasant aus. So gibt es sie laut einer Risikokarte des RKI in Südhessen, im südöstlichen Thüringen, in Sachsen und seit 2022 auch im südöstlichen Brandenburg. Erst kürzlich kamen zwei neue Risikogebiete hinzu: die Landkreise Frankfurt (Oder) in Brandenburg und das Altenburger Land in Thüringen. Insgesamt seien nun 180 Kreise als FSME-Risikogebiete ausgewiesen.

    Schutz vor FSME: Forschende empfehlen Impfung

    Wie kann man das Infektionsrisiko – vor allem in Risikogebieten – minimieren? Die Forschenden aus Hohenheim raten zu einer Impfung. Nur diese kann bislang vor FSME schützen. Sobald die Krankheit ausgebrochen ist, lassen sich nur noch die Symptome behandeln. 

    Laut dem RKI waren 99 Prozent der FSME-Erkrankten im Jahr 2023 entweder gar nicht oder unzureichend geimpft. Eine Zahl, die durch höhere Impfquoten 2024 sehr wahrscheinlich verkleinert werden könnte. Prof. Gerhard Dobler vom Nationalen Konsiliarlabor FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München empfiehlt: „Drei Impfungen zur Grundimmunisierung und eine Auffrischimpfung alle fünf Jahre bzw. ab dem 60. Lebensjahr alle drei Jahre.“ Auch Kinder sollten geimpft werden, da sie von schweren Verläufen nicht ausgenommen seien. 

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