Endemische Arten: Diese Tiere gibt es nur in Deutschland

In Deutschland leben Tiere, die nirgendwo sonst auf der Welt vorkommen. Doch kaum jemand kennt sie. Im Porträt: Ein Riese aus Baden, ein ausgestorben geglaubtes Wasserwesen und ein Höhlenbewohner mit Appetit auf Fledermäuse.

Von Jens Voss
Veröffentlicht am 7. Juni 2024, 09:21 MESZ
Männchen eines Mosel-Apollofalters auf einer Flockenblume

Schmetterling des Jahres 2024: Männchen eines Mosel-Apollofalters auf einer Flockenblume

Foto von Gerd Heupel / BUND

Mehr als 48.000 Tierarten leben in Deutschland, darunter 104 Säugetiere und 328 Vögel. Artenreichste Tierklasse sind die Insekten mit weit über 33.000 Spezies. Einige Tiere wie Rotfuchs, Wanderfalke oder Stubenfliege sind Kosmopoliten. Sie kommen nahezu überall auf der Welt vor. Andere Arten sind wählerischer. Manche gibt es sogar nur in Deutschland.

Solche Tiere und Pflanzen, die ausschließlich in eng umgrenzten Gebieten heimisch sind, nennt man endemische Arten oder Endemiten. Wie viele es davon in Deutschland gibt, ist nicht klar. Mithilfe von Genanalysen werden immer wieder Arten als eigenständig identifiziert, die zuvor einer anderen Spezies zugerechnet wurden.

Der Ammersee-Kaulbarsch (Gymnocephalus ambriaelacus) beispielsweise wurde erst 2010 als eigene Art beschrieben. Einem Studenten war aufgefallen, dass der zwölf Zentimeter kleine Fisch größere Augen und andere Proportionen hat als ein herkömmlicher Kaulbarsch. DNA-Untersuchungen brachten die Gewissheit.

Endemische Fische: Isoliert in der Tiefe 

Tatsächlich kommt der Ammersee-Kaulbarsch nur im bayerischen Ammersee vor. In diesem Gletscherrandsee konnte er sich isoliert von anderen Populationen entwickeln. Mit dem Ammersee-Saibling (Salvelinus evasus) und dem Ammersee-Kilch (Coregonus bavaricus) gibt es dort sogar zwei weitere endemische Fischarten.

Auch in anderen Seen in Deutschland konnten sich über die Jahrtausende Endemiten herausbilden. Spezialisten darin sind die Coregonen – Fische aus der Familie der Lachartigen, die auch als Maränen oder Renken bekannt sind. Sie bewohnen meist tiefe Gewässerregionen in relativ abgeschotteten Seen. 

Zu den endemischen Coregonen zählen neben dem Ammersee-Kilch auch die Chiemsee-Renke (Coregonus hoferi), die Schaalsee-Maräne (Coregonus holsatus), die Luzin-Maräne (Coregonus lucinensis) aus dem Breiten Luzin und die Fontane-Maräne (Coregonus fontanae) aus dem Großen Stechlinsee.

Eine handfeste Überraschung gab es vor gut zehn Jahren, als der lange verschollene Tiefseesaibling (Salvelinus profundus) im Bodensee wiederentdeckt wurde. Mit maximal 25 Zentimetern ist der lachsartige Fisch deutlich kleiner als andere Saiblinge. Er kommt ausschließlich im Bodensee vor und galt bereits seit Jahren als ausgestorben. 

Galerie: 7 endemische Tierarten aus Deutschland

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    Höhlenkäfer: Hunger auf tote Fledermäuse

    Noch isolierter lebt ein winziges Insekt, das nur in einer norddeutschen Höhle vorkommt. Der fünf Millimeter lange Segeberger Höhlenkäfer (Choleva lederiana holsatica) bewohnt die Kalkberghöhle von Bad Segeberg in Schleswig-Holstein. Dort hat er sich perfekt an die niedrigen Temperaturen um acht Grad und die hohe Luftfeuchtigkeit von fast 100 Prozent angepasst. Auch sein Speiseplan ist außergewöhnlich: Der dunkelbraune Käfer ernährt sich von den Exkrementen und Kadavern von Fledermäusen. 

    Ebenso abgeschieden lebt die Bayerische Zwergdeckelschnecke (Sadleriana bavarica). Sie wurde bislang nur an einem einzigen Bach in München nachgewiesen. Eine Verwandte, die Rhön-Quellschnecke (Bythinella compressa) kommt ausschließlich entlang einiger hessischer Mittelgebirgsquellen und Bäche vor. Sie braucht kaltes und sauberes Quellwasser. 

    Ein anderes wirbelloses Tier besiedelt ein kleines Areal im Südschwarzwald. Der Badische Riesenregenwurm (Lumbricus badensis) lebt in den sauren Böden der hochgelegenen Fichtenwälder rund um den Feldberg. Andere Regenwurmarten fehlen dort. Mit einer Länge von bis zu 60 Zentimetern ist er der größte Wurm Deutschlands. Er kann bis zu 20 Jahre alt werden.

    Der Segeberger Höhlenkäfer bewohnt eine einzige Höhle in Schleswig-Holstein. 

    Foto von Fledermaus-Zentrum GmbH

    Mosel-Apollofalter: Bedrohte Schönheit

    Nicht nur zu Lande und im Wasser gibt es Tiere, die nur hierzulande heimisch sind. Auch durch die Luft flattern Endemiten. Streng genommen ist der Mosel-Apollofalter zwar keine eigenständige Spezies, sondern eine Unterart des Apollofalters. Dennoch ist er ein Unikat: Der grazile Schmetterling kommt ausschließlich im unteren Moseltal in Rheinland-Pfalz vor.

    Dort besiedelt er Felsen inmitten der Weinberge. Charakteristisch sind seine weiß-schwarzen Flügel mit den roten Punkten. Durch die geografische Isolation hat sich der Mosel-Apollofalter zu einer einzigartigen Unterart entwickelt. Doch der Pestizideinsatz in den Weinbergen bedroht das seltene Insekt. Der Mosel-Apollofalter wurde deshalb zum Schmetterling des Jahres 2024 gekürt.

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