Revolution der Wale? Darum hat ein Buckelwal ein Boot kentern lassen

Im Internet verbreitet sich das Video eines Wals, der aus dem Wasser springt und auf einem Boot landet. War es ein geplanter Angriff oder nur ein Unfall?

Von Jason Bittel
Veröffentlicht am 26. Juli 2024, 15:24 MESZ
Ein Buckelwal beim Sprung aus dem Wasser.

Bei der Jagd springen Buckelwale – wie dieser vor der Küste von Cape Cod im US-Bundesstaat Massachusetts – mit einem großen Satz aus dem Wasser.

Foto von Ethan Daniels, Alamy

Wenn ein 30 Tonnen schwerer Buckelwal aus den Tiefen des Meeres springt, kann dieser Kraft nichts und niemand etwas entgegensetzen. Das wissen die Brüder Wyatt und Colin Yager, seitdem sie vor der Küste von Odiorne Point in Rye, New Hampshire, eine solche Situation miterlebt und auf Video festgehalten haben.

Die Aufnahme zeigt, wie ein Buckelwal aus dem Wasser in die Höhe springt und auf einem kleinen Boot landet, das dadurch kentert. Die Menschen an Bord wurden dabei ins Wasser geschleudert, doch glücklicherweise erlitten weder sie noch der Wal irgendwelche Verletzungen.

Erst vor kurzem wurde eine Gruppe von Orcas dabei beobachtet, wie sie Boote vor der Küste der Iberischen Halbinsel rammen und zum Kentern bringen. Im Internet wird nun scherzhaft diskutiert, ob diese Ereignisse und der aktuelle Vorfall ein Zeichen dafür sind, dass die Wale eine Revolution starten.  

Laut Alisa Schulman-Janiger, Meeresbiologin und leitende Biologin des California Killer Whale Project, ist das sicherlich nicht der Fall. „Es war ein Unfall“, sagt sie. „Der Buckelwal wollte das Boot nicht angreifen.“

Stattdessen handele es sich um den Zusammenprall „zwischen einem Wal, der komplett aufs Fressen konzentriert ist, und einem Boot, das bewegungs- und geräuschlos auf dem Wasser schwimmt“, so Schuman-Janiger. „In dem Video kann man sehen, wie Fische aus dem Wasser und dem geöffneten Maul des Wals springen.“

Warum springen Buckelwale aus dem Wasser?

Buckelwale ernähren sich sowohl von kleinen Krustentieren, die als Krill bekannt sind, als auch von ganzen Fischschwärmen – darunter Sardellen, Dorsche, Sandaale und Lodden. Um ihre Beute zu fangen, treiben die Wale diese in die Enge, indem sie strategische Luftblasen aufsteigen lassen, die die Fische glauben lassen, der einzige Fluchtweg sei der nach oben. Wenn sie an der Wasseroberfläche angekommen sind, schießt der Wal mit geöffnetem Maul aus dem Wasser und verschlingt den ganzen Schwarm mit einem Happs.

Der Buckelwal in dem Video war Schulman-Janiger zufolge schon seit einigen Tagen bei der Jagd auf Atlantische Menhaden im Piscataqua River zwischen den US-Bundesstaaten Maine und New Hampshire beobachtet worden – ihr zufolge ein eher ungewöhnliches Jagdgebiet.

Laut Dianne Schulte, Mitgründerin und Forschungsleiterin bei der Blue Ocean Society for Marine Conservation, hatte die Küstenwache offenbar Kenntnis von der Anwesenheit dieses einzigen Wals in der Region. Seeleute in der Gegend waren über ihn informiert worden.

Die Menschen an Bord des verunglückten Bootes trifft laut Schulman-Janiger keine Schuld an dem Unfall. Sie hätten, im Gegenteil, alles richtig gemacht, indem sie den Motor abstellten und nicht versuchten, mit dem Wal zu interagieren.

In Gebieten, in denen es viele Beutefische – kleine, schnell brütende Arten – gibt, „nutzen Buckelwale gern die Chance auf eine schnelle Mahlzeit und schenken dem, was sich an der Wasseroberfläche befindet – dazu zählen auch Boote – keine Beachtung“, schreibt die US-amerikanischer Fischereibehörde NOAA in einem Facebook-Post. „Fressende Buckelwale können unberechenbar und in der Nähe der Wasseroberfläche sehr aktiv sein.“

Wal und Mensch: Sicherheitsmaßnahmen

Die Landung auf dem Boot brachte den Wal übrigens nicht von seinem Festmahl ab. Aus Berichten vom Unfallort schließt Schulman-Janiger, dass er im Anschluss an den Zusammenstoß noch vier Stunden weiter fraß.

Die NOAA rät Fischern dazu, keine Leinen oder Schleppnetze auszuwerfen, wenn sie Buckelwale oder ihre Luftblasen sichten. Tauchen Blasen auf, wenn die Ausrüstung bereits im Wasser ist, sollte diese, wenn möglich, vorsichtig wieder an Bord gezogen werden. An Orten, an denen sich oft Wale aufhalten, sollte die Geschwindigkeit von Booten außerdem auf zehn Knoten gedrosselt werden. Dadurch hätten sowohl Bootsführer als auch Wale ausreichend Zeit, um einen Zusammenstoß zu vermeiden.

„Wale können sich bei der Kollision mit einem Boot, oder wenn sie sich in Leinen verheddern, schwere Verletzungen zuziehen, die im schlimmsten Fall tödlich sind“, schreibt die Behörde. „Ebenso ist es schon geschehen, dass Bootinsassen bei einer solchen Kollision von Bord gefallen sind, und – teilweise auch tödlich – verletzt wurden.“

Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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