COP26: Warum die Weltklimakonferenz 2021 so wichtig ist

Im November 2021 findet in Glasgow die 26. Klimakonferenz der UN statt. In Zeiten einer globalen Pandemie, in der die Welt am ökologischen Abgrund steht, ist ihr Ausgang für die gesamte Menschheit von besonders großer Bedeutung.
Foto von James P. Blair, National Geographic Image Collection
Von Simon Ingram
Veröffentlicht am 28. Okt. 2021, 09:17 MESZ, Aktualisiert am 28. Okt. 2021, 12:48 MESZ

Wie setzt sich die Abkürzung COP26 zusammen?

Die Abkürzung „COP” steht für „Conference of Parties” – „Versammlung der Vertragspartner“. Die „Partner“ sind die 197 Nationen, die der UN Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) – der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen – beigetreten sind.

Das Gastgeberland Großbritannien hat als Austragungsort den Scottish Events Campus (SEC) in Glasgow ausgewählt. Einige Veranstaltungen des COP26 wie Youth4Climate und PreCOP26 fanden jedoch schon Anfang Oktober in Zusammenarbeit mit Italien in Mailand statt.

Veranstaltungsort der ersten Weltklimakonferenz war im Jahr 1995 Berlin. Der Gipfel, der im Jahr 2021 zwischen dem 31. Oktober und dem 12. November 2021 stattfindet, ist der 26. der Konferenzreihe. Ursprünglich war COP26 für April 2020 geplant, aufgrund der Corona-Pandemie musste er jedoch auf den Herbst 2021 vertagt werden.

Welche Ergebnisse brachte COP25?

Nachdem Brasilien als Gastgeberland für COP25 abgesprungen war, übernahm Chile diese Rolle. Mit der Begründung, dass es Widerstände in der Bevölkerung gäbe, verlegte die chilenische Regierung die Veranstaltung vom zunächst geplanten Austragungsort Santiago de Chile nach Madrid. Das Treffen wurde im Dezember 2019 abgehalten, brachte jedoch keine zufriedenstellenden Ergebnisse.

Zwar beschlossen die Teilnehmer die Reduzierung von Treibhausgasen und Hilfen für arme Länder, die unter den Folgen des Klimawandels leiden, doch in Bezug auf den internationalen Emissionshandel kam man selbst nach einer Verlängerung der Verhandlungen um zwei Tage zu keiner Einigung. Der Punkt wurde auf den Folgegipfel in Glasgow verschoben, das Urteil über COP25 war niederschmetternd: Die Medien bezeichneten das Treffen als Nullrunde und warfen den Teilnehmern Versagen vor. Auch Natur-, Umwelt- und Klimaschutzorganisationen übten heftige Kritik an der Konferenz und ihren Teilnehmern.

Delegierte bei der Abschlusssitzung der 25. Weltklimakonferenz in Madrid am 15. Dezember 2019. Das Treffen wurde aufgrund der schleppenden Verhandlungen über den Handel mit Emissionszertifikaten um zwei Tage verlängert, eine Einigung konnte trotzdem nicht erzielt werden.

Foto von UNFCC

Welche Ziele hat COP26?

Die UNFCCC hat für COP26 vier übergeordnete Themen festgelegt:

- Globale Klimaneutralität bis Mitte des 21. Jahrhunderts und die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels
- Maßnahmen zum Schutz von Gemeinschaften und natürlichen Lebensräumen
- Klärung der Finanzierung
- Internationale Zusammenarbeit.

Der erste Punkt bezieht sich auf Maßnahmen wie zum Beispiel den Kohleausstieg und einen Abholzungsstopp, mit denen – gemessen am Jahr 1990 – Klimaneutralität und das Ziel, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, erreicht werden sollen. Auf diesen Wert hatten sich die Delegierten bereits bei der 21. Weltklimakonferenz in Paris im Jahr 2015 verständigt und ihn im Pariser Klimaschutzabkommen festgehalten, das von allen Teilnehmerländern unterzeichnet wurde.

BELIEBT

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    Punkt zwei auf der Liste stellt die Gemeinschaften und Lebensräume in den Mittelpunkt, die die Auswirkungen des Klimawandels schon jetzt spüren und deren Situation sich in Zukunft vermutlich weiter verschlechtern wird. Sie sollen in ihren Bemühungen, sich vor Schäden zu schützen und diese zu bekämpfen sowie weitere Negativfolgen abzuwenden, unterstützt werden.

    Die Finanzierung der angestrebten Maßnahmen soll mit dem dritten Punkt geklärt werden.

    Am meisten Diplomatie verlangt vermutlich Punkt vier: Die internationale Zusammenarbeit der Teilnehmerländer bildet die Basis aller Bemühungen und ist für das Erreichen der angestrebten Ziele unerlässlich.

    Mit welchen Schwierigkeiten ist zu rechnen?

    Obwohl sich vermutlich alle teilnehmenden Länder darüber bewusst sind, wie dringend eine erfolgreiche Einigung ist, müssen die Delegierten bei ihren Entscheidungen auch immer die Folgen abwägen, die die globalen Beschlüsse auf nationaler Ebene haben werden. Jeder Beschluss muss von allen 197 Ländern einstimmig abgesegnet werden. Außerdem nehmen an der Konferenz Mitglieder von insgesamt 2.217 Organisationen teil, die ebenfalls eigene Interessen vertreten.

    Die Weltklimakonferenz war schon immer ein mächtiges und gleichzeitig fragiles Konstrukt: Sind sich die Teilnehmer einig, kann das, wie im Fall des Pariser Klimaschutzabkommens, zu äußerst positiven Ergebnissen führen. Doch es besteht auch die Gefahr, dass bürokratische Hürden die Gespräche ausbremsen oder dass es zu politischen Kehrtwenden kommt – so wie im Jahr 2017, als die USA unter dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump ihren Rückzug aus dem Pariser Klimaschutzabkommen verkündeten.

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    Die schiere Größe des Teilnehmerkreises und die Vielzahl teils widersprüchlicher Anliegen kann dazu führen, dass durch individuelle Streitpunkte wertvolle Zeit und Ressourcen verloren gehen. Ein konkretes Beispiel hierfür ist der internationale Emissionshandel, an dem COP25 scheiterte. Diesem liegt die Idee zugrunde, dass Länder, deren Emissionen den vorgeschriebenen Grenzwert überschreiten, Zertifikate von Ländern erwerben können, deren CO2-Ausstoß unter diesem Grenzwert liegt. Das Instrument ist umstritten. Manche sehen in ihm einen positiven Anreiz, durch den zum Beispiel der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert wird. Andere sind der Meinung, das System böte zu viele Schlupflöcher und sei zu leicht zu manipulieren. Gegner des Emissionshandels halten die ganze Idee für falsch und sagen, sie käme einer „ökologischen Kapitalisierung“ gleich.

    Das Thema war bereits bei früheren Weltklimakonferenzen ein unlösbarer Streitpunkt, der nicht nur immer wieder diplomatische Hürden zwischen den Nationen verdeutlicht hat: Kritisiert wird vor allem auch, dass die Diskussionen über den Emissionshandel, dessen konkreter Nutzen noch nicht geklärt ist, wertvolle Zeit kosten, die an anderer Stelle dringend gebraucht wird.

    Wird das Coronavirus Thema sein?

    Experten zufolge ist COP26 von einzigartiger Dringlichkeit. Sie haben Recht: Die Konferenz findet zu einer Zeit statt, in der so klar ist wie nie zuvor, was auf dem Spiel steht. In Bezug auf den Klimawandel steht die Menschheit kurz vor dem Abgrund, während gleichzeitig eine globale Pandemie die Welt in Atem hält.

    Seit der letzten Weltklimakonferenz im Jahr 2019 sind geschätzt fast fünf Millionen Menschen an einer Zoonose gestorben – einer Krankheit, die vom Tier auf den Menschen übergesprungen ist. Inwiefern zwischen diesen Infektionen und den zu verhandelnden Umweltthemen ein Zusammenhang besteht, erschließt sich möglicherweise nicht sofort.

    Wissenschaftler sind sich einig, dass Menschen in Zukunft immer häufiger mit zoonotischen Infektionswellen zu kämpfen haben werden. Grund dafür ist der engere, häufigere Kontakt mit den ursprünglichen Wirten des Erregers: Durch Abholzung, Bergbau, die Jagd und den Verzehr von Wildtieren und das immer tiefere Eindringen in ihre natürlichen Lebensräume wird das Risiko für die nächste Pandemie extrem erhöht.

    Die Coronapandemie hat der Weltwirtschaft mehr geschadet als jedes andere Ereignis seit dem Zweiten Weltkrieg. Das wird sich auch in der Frage der Finanzierung von beschlossenen Maßnahmen niederschlagen.

    In logistischer Hinsicht gab es aufgrund der Reisebeschränkungen zur Pandemieeindämmung ebenfalls Probleme. Leidtragende sind ausgerechnet die Delegierten und Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen, die aus dem „globalen Süden“ und damit den Teilen der Welt stammen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Viele von ihnen wussten nicht, ob sie überhaupt zur Konferenz anreisen dürfen.

    Doch die Pandemie hat für COP26 auch ihre positiven Seiten. Sie gibt dem Treffen einen neuen, klaren Sinn und liefert einen Präzedenzfall, der der Welt vor Augen führt, wie schnell Veränderungen im Angesicht einer großen, umfassenden Gefahr herbeigeführt werden können.

    „Die Pandemie hat verdeutlicht, wie zerbrechlich und gefährlich die alte Normalität war“, heißt es in einem Bericht der Independent Expert Group on Climate Finance der UN im Dezember 2020. „Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir uns den durch den Klimawandel und den Verlust der Artenvielfalt verursachten Schäden stellen müssen, die weitaus größer und langfristiger sind als die, die COVID-19 mit sich gebracht hat.“

    Das Jahr 2021 hat wiederholt gezeigt, dass es höchste Zeit ist, zu handeln: Waldbrände, Flutkatastrophen, die beschleunigte Gletscherschmelze, Heuschreckenplagen, Hitzerekorde und ein weltweites Versagen beim Artenschutz. Die Tatsache, dass wir uns an einem kritischen Wendepunkt befinden, kann von den Nationen dieser Erde kaum noch ignoriert werden.

    Links: Im August 2021 wüteten überall in Griechenland mehr als 500 Waldbrände. Dieses Bild zeigt einen der Brände in der Nähe Athens, der erst nach mehreren Tagen unter Kontrolle gebracht werden konnte. Am 3. August wurde die höchste Temperatur seit Beginn der Aufzeichnungen in dem Land gemessen: 46,3 Grad Celsius.
    Rechts: Ein Fischer überprüft die Dicke der Eisdecke am Ilulissat-Eisfjord in Grönland. Das grönländische Eisschild ist in den vergangenen Jahren so schnell geschmolzen wie in 12.000 Jahren nicht. Sollte es vollständig abschmelzen, würde das einen Anstieg des Meeresspiegels um 7 Meter nach sich ziehen.

    Foto von ANASMEISTER ON UNSPLASH Links ANINGAAQ ROSING CARLSEN, VISIT GREENLAND Rechts

    Neben diesen düsteren Aussichten gibt es aber auch Dinge, die Hoffnung machen: An seinem ersten Arbeitstag als Präsident hat Joe Biden veranlasst, dass die USA dem Pariser Klimaschutzabkommen wieder beitreten. Initiativen wie der Earthshot Prize, der seit dem Jahr 2020 jährlich von der Royal Foundation verliehen wird, belohnen die, die sich für Umwelt und Natur einsetzen. Einige der mächtigsten Finanzinstitute der Welt haben ihre Verantwortung erkannt und investieren vermehrt in ethische Projekte. Im November 2020 beschloss Großbritannien – unter anderem mit Unterstützung der Pristine Seas-Initiative von National Geographic – in seinen Überseeterritorien den Ozean auf einer Gesamtfläche von 4,3 Millionen Quadratkilometern unter Naturschutz zu stellen.
    All diese Beispiele zeigen, dass auf ehrgeizige Absichten langsam aber sicher entschlossene Taten folgen.

    Welche Verantwortung trägt Großbritannien?

    Die Aufgabe des Ausrichters der Weltklimakonferenz ist vergleichbar mit der eines Richters im Gerichtssaal: Er ist für den reibungslosen Ablauf der Verhandlungen verantwortlich, sorgt für Diplomatie und stellt sicher, dass der Fokus auf den zu klärenden Themen bleibt. Wenn in der Vergangenheit eine Weltklimakonferenz keine oder nur unzureichende Ergebnisse brachte, wurde dieses Versagen immer dem Gastgeber angelastet. Gleichermaßen wurde dieser gelobt, wenn der Gipfel erfolgreich verlief.

    Tausende Demonstranten nehmen am 20. September 2019 am Globalen Klimastreik teil.

    Foto von Simon Ingram, National Geographic

    In seiner Eröffnungsrede im Februar 2021 betonte der britische Premierminister Boris Johnson das Ziel seines Landes, in Hinblick auf erneuerbare Energien, Elektromobilität und Emissionsspeichertechnologien eine weltweite Führungsrolle zu übernehmen. Er versicherte außerdem, dass Großbritannien weiterhin plane, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Zu diesem Ziel verpflichtete sich das Land bereits im Juni 2019. Es war das Erste der G-7, das diese Absicht offiziell machte. Zwar wurden Zweifel an der Machbarkeit dieses Vorsatzes laut, das änderte jedoch nichts daran, dass Großbritannien seinen moralischen Standpunkt deutlich gemacht hatte. Es übernahm eine Vorreiterrolle, die andere Nationen dazu ermutigen sollte, seinem Beispiel zu folgen.

    Es wird sich zeigen, ob sich diese Geschichte beim COP26 wiederholen wird.

    Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.co.uk veröffentlicht.

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