Versteinerte Bäume: Ältester fossiler Wald der Welt in England gefunden

Im Gestein der Hangman-Sandstein-Formation der Küste Südenglands haben Forschende Spuren eines Waldes aus dem Devon gefunden.

Diese Illustration zeigt, wie der Wald, von dem nun fossile Spuren gefunden wurden, ausgesehen haben könnte.

Foto von Peter Giesen/Chris Berry
Von Katarina Fischer
Veröffentlicht am 15. März 2024, 12:34 MEZ

Immer wieder müssen aufgrund von neuen Forschungsergebnissen bislang gültige Superlative korrigiert werden. Das aktuellste Beispiel hierfür ist die Benennung des ältesten fossilen Waldes der Welt. Bisher wurde dieser in der Kleinstadt Cairo im Nordosten des US-Bundesstaats New York verortet. Im Jahr 2019 stieß man hier auf die versteinerten Überreste von Bäumen, die auf ein Alter von 380 Millionen Jahren datiert wurden.

Nun muss der bisherige Spitzenreiter seine Position jedoch räumen, denn in der englischen Hangman-Sandstein-Formation an der Küste von Nord-Devon und West-Somerset haben Forschende der Universitäten von Cambridge und Cardiff fossile Hinweise auf einen Wald entdeckt, der vier Millionen Jahre älter ist. Ihren Fund beschreiben sie in einer Studie, die in der Zeitschrift Journal of the Geological Society erschienen ist.  

Calamophyton: Vorfahren der modernen Bäume

Bislang vermutete man in den Felsen der Hangman-Formation – den höchsten Meeresklippen Englands – keine nennenswerten Pflanzenfossilien. Doch das Gegenteil war der Fall: Die Forschenden stellten fest, dass dieser Küstenabschnitt reich an versteinertem Pflanzenmaterial aus dem Devon ist, einer geochronologischen Periode innerhalb des Paläozoikums. Sie begann vor über 419 Millionen Jahren und endete vor 358 Millionen Jahren. Am Ende dieser Periode waren Pioniere der Landtiere – in erster Linie Gliederfüßer – bereits etabliert und die ersten samentragenden Pflanzen hatten sich entwickelt.

Zu diesen Prototypen der heute bekannten Baumarten zählten auch Arten der Gattung Calamophyton. Sie ähnelten im Aussehen heutigen Palmen, ihre Stämme waren jedoch nicht aus massivem Holz, sondern hohl, und sie hatten keine Blätter. Stattdessen waren ihre Äste von Hunderten zweigartigen Strukturen bedeckt. Im Vergleich zu modernen Bäumen waren Vertreter von Calamophyton mit einer maximalen Größe zwischen zwei und vier Metern eher klein.

Ebendieser Gattung ordnete Studienautor Christopher Berry, Paläobotaniker an der Universität in Cardiff, die versteinerten Pflanzenfunde der Hangman-Formation zu. „Als ich zum ersten Mal Bilder der Baumstämme sah, wusste ich sofort, worum es sich handelt, weil ich diese Baumart seit 30 Jahren weltweit erforsche“, sagt er.

Wie Wälder die Landschaft verändern

Laut Hauptautor Neil Davies, Geologe an der Cambridge University, hatte die urzeitliche Baumformation mit heutigen Wäldern wenig gemeinsam. „Es war ein ziemlich merkwürdiger Wald“, sagt er. Die Bäume standen zwar dicht beieinander, doch „es gab kein nennenswertes Unterholz und Gras war noch nicht aufgetaucht.“ Trotzdem fanden wirbellose Landtiere auf dem Boden unter den Urzeitbäumen Nahrung, denn diese warfen viele Zweige ab – und das hatte Davies zufolge nicht nur einen Effekt auf das Leben im Wald, sondern auch auf die ihn umgebende Landschaft.

BELIEBT

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    Neil Davies betrachtet am Fundort versteinerte Rippelspuren im Fels, die sich einst am Boden des Calamophyton-Waldes gebildet haben.

    Foto von Neil Davies

    Im Devon war der Fundort einst eine von kleinen Flusskanälen durchzogene Ebene, die Bergen im Nordwesten vorgelagert war. Die Zweige, die die Bäume abwarfen, sammelten sich in den Sedimentschichten an und beeinflussten auf diese Weise den Lauf der Flüsse durch die Landschaft. „Die Fossilien geben Aufschluss über eine Schlüsselphase in der Entwicklung der Erde, als Flüsse begannen, auf eine grundlegend andere Weise zu funktionieren als zuvor und zu der großen erosiven Kraft wurden, die sie heute sind“, so Davies.

    Das Devon habe das Leben auf der Erde auch anderweitig grundlegend geprägt. „Es veränderte die Wechselwirkung zwischen Wasser und Land, weil Bäume und andere Pflanzen durch ihre Wurzelsysteme für die Stabilisierung von Sedimenten sorgten“, so Davies. Über die allerersten Wälder, die diesen großen Einfluss auf unseren Planeten hatten, ist nur wenig bekannt. Der Fund in der Hangman-Formation bietet Davies zufolge nun eine äußerst seltene Gelegenheit, diese früheste Waldart an der Stelle zu untersuchen, wo sie einst gewachsen ist, die Umgebung der Calamophyton-Bäume zu interpretieren und ihre Auswirkungen auf das Sedimentsystem zu bewerten.

    „Manche Leute denken, dass britische Gesteine schon genug untersucht wurden“, sagt Davies. „Aber dieser Fund zeigt, dass eine erneute Untersuchung wichtige neue Entdeckungen bringen kann.“

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