Erste Vermehrung von Regenwürmern in simuliertem Marsboden gelungen

Wissenschaftler hoffen, dass Regenwürmer den Menschen eines Tages dabei helfen könnten, auf dem Mars Pflanzen anzubauen.

Von Sarah Gibbens
Veröffentlicht am 4. Dez. 2017, 09:45 MEZ
Proben
Mit dem simulierten Marsboden der NASA und Regenwürmern hat man in diesem niederländischen Labor Rucola gezüchtet.
Foto von Wieger Wamelink

Es gibt eine Reihe von Faktoren, welche die Erde zu dem lebensfreundlichen Ort machen, der sie ist – und einer davon ist der Boden, auf dem wir unsere Nahrung anbauen. Er enthält ein kompliziertes Gemisch aus Nährstoffen, Bakterien und Pilzen, die das Pflanzenwachstum ermöglichen. Der Boden auf dem Mars hingegen ist steril und voller toxischer Verbindungen.

Die Visionen von Reisen zum Mars und möglichen Kolonien auf dem Roten Planeten werfen auch Fragen darüber auf, was wir dort essen und wie wir dort überleben sollen. Wissenschaftler glauben, dass es möglich ist, Pflanzen auf dem Mars nachhaltig anzubauen. Dafür müssen sie den Boden des Planeten aber verändern. Der Biologe Wieger Wamelink glaubt, dass Regenwürmer dabei helfen können.

In seinem niederländischen Forschungslabor an der Wageningen Universität wurden kürzlich zwei Regenwürmer in einer Kolonie geboren. Das Besondere: Die Kolonie lebt in Boden, der von der NASA so zusammengesetzt wurde, dass er Bodenproben vom Mars entspricht.

Für Wamelink, der seit 2013 in dem Labor arbeitet, deuten die erfolgreichen Geburten darauf hin, dass die Regenwürmer in dem nachgestellten Boden nicht nur überleben, sondern anscheinend auch prächtig gedeihen. Auf der Erde spielen Würmer eine entscheidende Rolle im Nährstoffkreislauf. Das lässt Wissenschaftler hoffen, dass sie diese Rolle eines Tages auch auf dem Mars übernehmen könnten.

NÄHRSTOFFKREISLAUF

Damit es auf dem Mars ein selbsterhaltendes Landwirtschaftssystem geben kann, darf kein Teil der Pflanze verschwendet werden. Die Würmer könnten dabei helfen, nicht verwendbare Pflanzenteile wie Stiele und Blätter zu zersetzen, damit die darin enthaltenen Nährstoffe später wieder genutzt werden können. Die Würmer zersetzen aber nicht nur das tote organische Material, sondern schaffen auch kleine Tunnel im Boden, durch die die Wurzeln der Pflanzen gleichmäßiger mit Wasser versorgt werden.

„[Würmer] schnappen sich die organische Materie von der Bodenoberfläche – fressen und kauen sie – und wenn sie sie ausscheiden, können Bakterien sie weiter zersetzen. Ansonsten würde man [ohne Würmer] die Nährstoffe im Boden verbrauchen“, erklärt Wamelink.

„Auf dem Mars“, fügt er hinzu, „darf man nichts verschwenden.“

Zwei Arten von Regenwürmern wühlen sich in den simulierten Marsboden, auf dem Rucola wächst.
Foto von Wieger Wamelink

Seine Forschung befindet sich noch in der Anfangsphase. Bisher wurden auch noch keine vollständigen Marsbedingungen simuliert, unter denen Forscher versuchen wollen, Pflanzen anzubauen. Die Bakterien, welche die Wurmausscheidungen in Nährstoffe umwandeln, kommen in Wamelinks Labor natürlich vor. Auf dem Mars wäre das nicht der Fall.

Wamelink reichert den Boden außerdem mit Stickstoff an, indem er einen bestimmten Dünger hinzugibt. Er vermutet, dass Dünger auf dem Mars aus sterilisierten menschlichen Ausscheidungen gemacht werden müsste.

Um genau zu wissen, ob man auf dem Mars wirklich Pflanzen anbauen kann – wie es im Buch „Der Marsianer“ beschrieben wird“ –, müssen die Forscher Bedingungen simulieren, die denen des Roten Planeten stärker ähneln. Und dafür benötigen sie exaktere Bodenproben.

Da kommt Trent Smith ins Spiel. Er ist ein Weltraumbiologe, der die NASA Exploration Mission 1 leitet. Bei seiner Arbeit an dem Gemüseproduktionssystem der Organisation (kurz „Veggie“ genannt) half Smith bei der Erstellung einer Bodenart namens Mars 1A. Daraus entstand auch der Boden, den Forscher wie Wamelink nutzen.

DAS TOXINPROBLEM

Laut Smith konnten sie den Marsboden basierend auf spektralen Bildverarbeitungsprozessen akkurat replizieren, aber dem falschen Boden mangelt es noch an einer wichtigen Verbindung, die es auf dem Mars gibt: Perchlorate. Diese Salze der Perchlorsäure entstehen auf der Erde beispielsweise durch bestimmte Prozesse in der Industrie. Die Forscher konnten sie allerdings noch nicht akkurat in dem simulierten Marsboden replizieren.

Mikroben überleben in Perchloraten recht gut, und es ist für Pflanzen immer noch möglich, in Böden mit dieser Substanz zu wachsen, sagen Wamelink und Smith. Aber die Verbindungen können für Menschen tödlich sein, sowohl in purer Form als auch in Pflanzen, die auf solchen Böden gezüchtet wurden. In Studien, bei denen Würmer hohen Dosen an Perchloraten ausgesetzt waren, überlebten die meisten Tiere nicht.

MARS-TERRAFORMING

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    „Die Pflanzenstudien gehen davon aus, dass man die Perchlorate beseitigen kann“, sagt Smith.

    Einen natürlichen Prozess zu finden, mit dem man die Perchlorate aus dem Marsboden entfernen kann, bleibt für Wamelink und Smith die größte Herausforderung auf ihrem Weg zu einem nachhaltigen Landwirtschaftssystem auf dem Planeten.

    Wamelink will außerdem herausfinden, welche Bakterien und Pilze sich am besten an den derzeit unwirtlichen Boden des Mars anpassen können. Sobald diese Hürde genommen ist, gibt es noch eine weitere Herausforderung: die Bestäubung der Pflanzen. Bisher haben die Forscher das per Hand mit einem kleinen Pinsel gemacht – eine Aufgabe, die auf dem Mars zu mühselig wäre.

    Wamelink hat schon einen Vorschlag, welches Tier man als potenziellen Bestäuber des Roten Planeten rekrutieren könnte: „Wir tippen auf die Hummel.“

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