Alzheimer-Plaques bei Mäusen entfernt – wie geht es weiter?

Die bemerkenswerten Ergebnisse könnten wegweisend für die Entwicklung neuer Medikamente sein, aber der Weg zum Erfolg ist noch weit.

Von Michael Greshko
Veröffentlicht am 19. Feb. 2018, 14:45 MEZ
Krankhaftes menschliches Gehirn (Archivbild)
Foto von National Geographic

Mit der steigenden Lebenserwartung in der heutigen Zeit spielen auch Demenzerkrankungen eine immer größere Rolle in unserer Gesellschaft. In Deutschland sind aktuell ungefähr 1,6 Millionen Menschen von Demenz betroffen, zwei Drittel von ihnen sind an Alzheimer erkrankt. Die Krankheit raubt den Betroffenen Stück für Stück ihre Erinnerungen und belastet das Gesundheitssystem.

Eine neue Mäusestudie, die im „Journal of Experimental Medicine“ veröffentlicht wurde, deutet nun aber darauf hin, dass künftige Medikamente die Alzheimer-Plaques im Gehirn aufbrechen könnten, indem sie die Bildung eines einzigen Proteins unterbinden.

Bei dem fraglichen Protein handelt es sich um Beta-Sekretase oder BACE1, das bei der neurologischen Entwicklung von maßgeblicher Bedeutung ist. Es stellt aber auch die Rohmaterialien für die Bildung der Beta-Amyloid-Plaques zur Verfügung, die sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten ablagern. Manche Forscher vermuten, dass diese Ablagerungen die Kommunikation der Nervenbahnen hemmen und so die Symptome der Krankheit verursachen.

Jahrelang haben Forscher versucht, ein Medikament zu entwickeln, das BACE1 abschaltet. Um die Auswirkungen eines solchen Medikaments zu simulieren, züchteten Forscher am Lerner-Forschungsinstitut der Universität Cleveland Mäuse, die Alzheimer-Plaques in ihren Gehirnen bildeten. Dank dem sogenannten Cre/loxP-System konnten die Forscher die BACE1-Gene der gezüchteten Mäuse nach Bedarf abschalten.

Dann überwachte das Team Kohorten von je zwölf Mäusen, um zu beobachten, wie die Deaktivierung von BACE1 mit der Zeit ihr Gehirn veränderte. Am 75. Tag begannen die Mäuse mit der Produktion der Beta-Amyloid-Plaques. Sie verschwanden allerdings im Laufe des weiteren Wachstumsprozesses der Mäuse wieder. Als die Tiere zehn Monate alt waren, konnten die Forscher keinerlei Plaques mehr in den Mäusegehirnen finden.

Kognitive Tests zeigten, dass die Mäuse mit den zurückgebildeten Plaques ein verbessertes Lern- und Erinnerungsvermögen zeigten. Allerdings konnte es sich nicht mit dem jener Mäuse messen, die nie Alzheimer hatten, aber deren BACE1-Gen noch aktiv war.

„Soweit wir wissen, ist das die erste Beobachtung einer so dramatischen Rückbildung von Amyloid-Ablagerungen bei einer Studie mit einem Alzheimer-Mäusemodell“, sagte Riqiang Yan in einer Mitteilung. Der Forscher und Co-Autor der Studie ist der Entdecker des BACE1-Proteins.

ZEIT, KOSTEN UND MÜHEN

Auch wenn die Ergebnisse der Studie beeindruckend sind, muss man genau unterscheiden, was sie nun bedeuten und was nicht.

Zum einen erfolgte die Studie nur an Mäusen, nicht an Menschen. Zum anderen ahmte die Studie nur nach, wie ein potenzielles Medikament BACE1 abschalten würde – sie testete kein bereits vorhandenes Medikament.

Außerdem waren die ältesten Mäuse in die Studie nur zehn Monate alt – das entspricht in etwa einem Menschen mittleren Alters. Bei älteren Mäusen würde eine Heilung vielleicht nicht so effektiv sein. Die Forscher schreiben in ihrer Studie daher auch, dass der Test an älteren Mäusen wiederholt werden sollte.

Nichtsdestotrotz ist die Studie eine willkommene Neuigkeit für Medikamentenentwickler, die sich auf das Abschalten von BACE1 konzentrieren. Entsprechende Medikamente befinden sich bereits in der klinischen Testphase, enttäuschten aber zuletzt.

Verubecestat ist beispielsweise ein experimentelles Medikament, das von Merck Pharmaceuticals entwickelt wurde und BACE1 hemmen soll. In frühen klinischen Studien wirkte es noch vielversprechend. Die Tests an Patienten im frühen Alzheimer-Stadium wurden von Merck am 13. Februar jedoch aufgrund von Unwirksamkeit eingestellt.

Die Entwicklung neuer Medikamente dauert für gewöhnlich viele Jahre. Eine Studie im „Journal of Health Economics“ aus dem Jahr 2016 fand heraus, dass die Kosten für Forschung und Entwicklung eines neuen Medikaments sich im Schnitt auf 2,6 Milliarden Dollar belaufen.

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