Riesige Dinosaurierspuren auf schottischer Insel entdeckt

Die Spuren gewähren einen Einblick in den Mittleren Jura – eine Periode, aus der man bisher nur wenige Fossilien gefunden hat.

Von Michael Greshko
bilder von Steve Brusatte, National Geographic Creative
Veröffentlicht am 3. Apr. 2018, 16:37 MESZ
Dinosaurierspuren
Die Entdeckung auf der Insel Skye umfasst etwa 50 Fußabdrücke von Dinosauriern. Ein Großteil wurde von langhalsigen Sauropoden hinterlassen. Bei diesem Fußabdruck kann man die Zehen des Sauropoden erkennen.
Foto von Steve Brusatte, National Geographic Creative

Vor über 160 Millionen Jahren trotteten riesige Sauropoden mit langen Hälsen schwerfällig durch urzeitliche Lagunen auf dem Gebiet des heutigen Großbritanniens. Nun hat man an der unwirtlichen, rauen Küste der schottische Insel Skye Dutzende ihrer Fußabdrücke entdeckt.

Vom felsigen Ufer aus könnte man die riesigen Fußspuren für Gezeitentümpel halten. Auf den zweiten Blick offenbaren sich jedoch die Formen der Zehen und Fersen der Dinosaurier.

„Diese Spuren befanden sich jahrelang direkt vor unseren Augen“, sagt der Paläontologe Michael Habib von der University of Southern California, der an der Entdeckung nicht beteiligt war. „Das verdeutlicht, dass die Sauropoden so viel größer als alles waren, dass wir Paläontologen im Freien erst mal gar nicht nach irgendwas von solchen Ausmaßen suchen.“

Zwischen den riesigen Abdrücken fand das Team außerdem charakteristische, dreizehige Fußabdrücke von Theropoden, die vermutlich ältere Cousins des kreidezeitlichen Tyrannosaurus rex waren.

Die Spuren auf Skye, von denen am 2. April im „Scottish Journal of Geology“ berichtet wurde, bieten einen seltenen Einblick in den mittleren Jura. Aus dieser Periode vor etwa 163 bis 174 Millionen Jahren hatte man bisher kaum Dinosaurierfossilien gefunden. Die jüngste Entdeckung untermauert den Status der Insel Skye als Schlüsselregion für ein tieferes Verständnis dieser geheimnisvollen Epoche der Erdgeschichte.

„Der Mitteljura war eine wichtige Zeit: Etwa um diese Zeit herum erhoben sich die ersten Vögel in den Himmel, die ersten Tyrannosaurier entwickelten sich und die ersten wirklich gewaltigen Sauropoden kamen auf“, sagt der Co-Autor der Studie Steve Brusatte. Der Paläontologe der Universität Edinburgh wird von National Geographic gefördert.

„Skye ist einer der wenigen Orte, an denen man diese Fossilien finden kann.“

WASSER, ÜBERALL WASSER

Im April 2016 stolperten die beiden Forscher Davide Foffa und Hong-Yu Yi am Brother‘s Point (Rubha nam Brathairean) über die Abdrücke. 2017 suchten Brusatte und seine Studentin Paige dePolo den Ort auf, um ihn zu kartieren und die Spuren zu untersuchen. Ihre Feldforschung wurde von der National Geographic Society finanziert.

Bei dem Wort „Feldforschung“ denkt der ein oder andere vielleicht an Indiana Jones, der mitten in der Wüste steht. Aber auf Skye bedeutet Feldforschung eher kalte, verregnete Winde, die unablässig toben und die Drohnen umherschleuderten, mit denen die Forscher das Gebiet kartieren wollten. Die Flut überschwemmte zudem regelmäßig die Fußspuren an der Küste.

„Ich hatte eine Uhr an meinem Rucksack und wir haben ständig auf die Uhrzeit geachtet. ‚Ungefähr jetzt sollte das Wasser steigen – ah, da ist es ja schon‘“, sagt dePolo, die Hauptautorin der Studie und eine Forscherin am Nevada State Museum in Las Vegas. „Man gewöhnt sich daran.“

Um die Spuren während der Ebbe zu vermessen, erfand dePolo ein Intervalometer, wie sie es nennt: Zwei versetzte Kameras, die an einer einfach zu transportierenden Stange befestigt werden. So wie unsere Augen uns eine Tiefenwahrnehmung ermöglichen, erlaubten es die beiden Kameras dePolo und einem Kollegen, die Fußspuren in 3D zu vermessen.

ERFOLGREICHE LANGHÄLSE

Ebenso wie die einzigen anderen bekannten Sauropodenspuren auf Skye entstanden auch die neuen Spuren in feinkörnigem Lagunensediment. Aufgrund ihrer Ähnlichkeit vermuten dePolo und Brusatte, dass die Sauropoden auf Skye – und vielleicht auch anderswo – regelmäßig durch das flache Küstenwasser wateten.

Auf gewisse Weise schließt sich damit der Kreis: Im frühen 20. Jahrhundert hatten Paläontologen fälschlicherweise angenommen, dass die langhalsigen Saurier in Sümpfen lebten, wo sie ihre massigen Körper durch den Auftrieb das Wassers bewegen konnten. Seither hat man allerdings weitere Entdeckungen gemacht, die darauf schließen lassen, dass die Riesen auf festem Grund liefen und sich so über die ganze Welt ausbereiteten. Mittlerweile hat man Knochen und Fußabdrücke von Sauropoden auf allen sieben Kontinenten gefunden, selbst in der Antarktis.

„Es war nicht so, dass sie ausschließlich im Wasser leben konnten und dort vor sich hinvegetierten“, sagt Brusatte. „Wir glauben jetzt eher, dass sie so dynamisch und vital waren – so erfolgreich –, dass sie vermutlich jede Umgebung erkundeten, die sie erreichen konnten.“

Vermutlich wird man auf Skye noch weitere Fußabdrücke finden. Brusattes Team hat bereits andere potenzielle Spuren ausgemacht. Wenn dePolo kommenden Herbst nach Edinburgh zurückkehrt, um ihren Doktor zu machen, wird sie die neue Studie leiten, um mehr darüber zu erfahren.

„Darin liegt doch das Abenteuer, oder nicht?“, sagt sie.

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