Eule oder Lerche? Chronotyp ist am Haar ablesbar

Die Untersuchung offenbarte auch, dass sich Schichtarbeiter nicht an ihren wechselnden Tagesrhythmus anpassen können.

Von Rachel Kaufman
Veröffentlicht am 14. Okt. 2019, 14:59 MESZ
Eine Frau trinkt morgens auf einem Campingplatz in Kalifornien einen Kaffee (Archivbild).
Eine Frau trinkt morgens auf einem Campingplatz in Kalifornien einen Kaffee (Archivbild).
Foto von Joël Sartore, National Geographic

Nachteule oder Lerche? Die Geheimnisse unseres Schlafzyklus könnten sich an den Haaren auf unserem Kopf ablesen lassen. Der Grund dafür: Jene Gene, die unsere chronobiologische Uhr regulieren, finden sich auch in den Zellen unserer Haarfollikel.

Ein kleiner Hirnbereich in unserem Hypothalamus, der sogenannte Nucleus suprachiasmaticus, kontrolliert unsere innere Uhr. RNA-Stränge verarbeiten die Signale aus diesem Hirnbereich im ganzen Körper in 24-Stunden-Zyklen.

Genaktivität der Chronotypen

Die RNA-Stränge mit den „Biorhythmus-Genen“ finden sich im gesamten Körper, von den weißen Blutkörperchen bis zum Mundinnenraum. Aber für Wissenschaftler sind Haare am einfachsten zu testen.

Makoto Akashi vom Research Institute for Time Studies der japanischen Yamaguchi University und seine Kollegen prüften 2010 im Rahmen einer Studie daher die Haare von Probanden. Sie zupften den Testpersonen einen ganzen Tag lang im 3-Stunden-Takt Haar- und Barthaare aus. Die Probanden hatten zuvor Angaben über ihren bevorzugten Biorhythmus mit Schlaf-, Wach- und Essenszeiten sowie über andere Lebensgewohnheiten gemacht.

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Die Haarproben wurden genommen, nachdem die Probanden sich zuvor neun Tage lang streng an ihre bevorzugten Tagespläne gehalten hatten: Die Frühaufsteher oder Lerchen waren also früh aufgestanden, während die Eulen jeden Tag spät zu Bett gingen und entsprechend spät aufstanden.

Als die Forscher die Gene in den Haarfollikeln der Probanden testeten, entdeckten sie, dass die Aktivität die Biorhythmus-Gene direkt nach dem Aufwachen ihren Höhepunkt erreichte – und zwar unabhängig davon, ob der Proband um 6 Uhr morgens oder 10 Uhr vormittags aufwachte.

Das deutete darauf hin, dass das Gehirn diese Gene bei unterschiedlichen Personen zu unterschiedlichen Tageszeiten „aktiviert“.

Auch andere Gene, die im Zusammenhang mit der biologischen Uhr stehen, folgten ähnlichen Mustern. Daher sei es der Studie zufolge möglich, den Tagesrhythmus einer Person anhand von deren Haaren zu bestimmen.

Leben im konstanten Jetlag

Die meisten Menschen wissen vermutlich von selbst, ob sie lieber früh oder spät aufstehen. Aber solche Forschungen können auch neue Einblicke in die menschliche Gesundheit geben, wie manche Wissenschaftler sagen.

Störungen des Biorhythmus können sich negativ auf den Körper auswirken und wurden bereits mit Bluthochdruck, Diabetes und sogar Krebs in Zusammenhang gebracht.

Die Forscher untersuchten zudem auch über drei Wochen hinweg die Haare von Schichtarbeitern, die ein erhöhtes Risiko für einen gestörten Biorhythmus haben. Während dieser drei Wochen wechselten diese Arbeiter zwischen Frühschicht (6 Uhr bis 15 Uhr) und Spätschicht (15 Uhr bis Mitternacht).

Allerdings reichten drei Wochen nicht aus, damit sich die innere Uhr der Arbeiter an den veränderten Tagesrhythmus anpassen konnte, wie die Analysen der Gene aus den Follikeln zeigten.

Obwohl sich der Tagesrhythmus der Arbeiter um sieben Stunden verschob, wies ihre innere Uhr nur eine Verschiebung von zwei Stunden auf. Das lässt darauf schließen, dass die Schichtarbeiter in einem konstanten Zustand des Jetlags leben, hieß es in der Studie.

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Die Autoren plädierten deshalb dafür, Studien wie die ihre zu berücksichtigen, wenn neue Arbeitsmodelle entwickelt werden, die nicht mehr mit dem Biorhythmus kollidieren. Beispielsweise könnte man wechselnde Arbeitsschichten so gestalten, dass die Menschen genug Zeit haben, sich daran anzupassen.

Eine regelmäßige Überprüfung des Biorhythmus mit nicht invasiven Methoden könnte auch als eine Art Frühwarnsystem dienen, sagte Akashi: „Ich hoffe, unsere Methode wird bei regelmäßigen Gesundheitsuntersuchungen in Schulen und Firmen eingeführt, um einen gesunden Biorhythmus beizubehalten.“

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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