Neue Horizonte: Das James-Webb-Weltraumteleskop wird unser kosmisches Verständnis verändern

Die nicht unbedingt bescheidene Mission des neue Weltraumteleskops der NASA ist es, die Geheimnisse des Universums zu lüften. Erstes Ziel seiner Beobachtungen sind Exoplaneten, die Sterne außerhalb unseres Sonnensystems umkreisen.

Von Nadia Drake
Veröffentlicht am 28. Dez. 2021, 08:45 MEZ
Diese künstlerische Darstellung zeigt einen Exoplaneten, der vor einem sonnenähnlichen Stern vorüberzieht. Das James-Webb-Weltraumteleskop soll Aufbau ...

Diese künstlerische Darstellung zeigt einen Exoplaneten, der vor einem sonnenähnlichen Stern vorüberzieht. Das James-Webb-Weltraumteleskop soll Aufbau und Zusammensetzung der Atmosphären von Exoplaneten in bisher nie dagewesenem Detail untersuchen, um zu ermitteln, unter welchen Voraussetzungen ein Planet bewohnbar wird.

Foto von Illustration by Dana Berry, National Geographic

Wie es so in einem sterilen Raum hinter Glas steht, wirkt das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) wie ein Museumsstück – ein Artefakt, das bewahrt und bewundert werden muss. Dabei hat seine Geschichte noch gar nicht begonnen: Derzeit arbeitet eine ganze Armada von Technikern daran, das Teleskop auf seine anstehende Millionen Kilometer lange Reise vorzubereiten, die darin gipfeln wird, dass sich das goldene Wabenauge des Hauptspiegels mit einem Durchmesser von 6,5 Metern entfaltet, und seinen Blick in die Vergangenheit richtet: Auf die frühesten Anfänge der Planeten, Sterne und Galaxien.

Doch noch ist das in Gold-, Silber und Lilatönen glänzende Teleskop kompakt zusammengeklappt. Anders könnte die Ariane-5 ECA – immer die größte Rakete der Welt – das 10 Milliarden US-Dollar teure Instrument nicht in den Weltraum transportieren.

Den größten Teil der Kosten des zum jetzigen Zeitpunkt teuersten wissenschaftlichen Projekt in der Geschichte der unbemannten Raumfahrt trägt die NASA. Um sich einen Mindestanteil an der Beobachtungszeit des JWST zu sichern, stellt die European Space Agency (ESA) Mitarbeiter für das Missionszentrum und übernimmt die Kosten für zwei der vier im Teleskop verbauten Instrumente sowie den Raketenstart. So erklärt sich, warum der Startpunkt der Reise des JWST der tropische Weltraumbahnhof Centre Spatial Guyanais in der Nähe von Kourou in Französisch-Guayana ist, der von der französischen Raumfahrtagentur CNES betrieben wird, einem Gründungsmitglied der ESA.

Die weitläufige Anlage befindet sich am nordöstlichen Rand des Amazonas-Regenwalds. Teile des Weltraumbahnhofs sind so abgelegen, dass Jaguare, die hier die verlassenen Straßen überqueren, kein ungewöhnlicher Anblick sind.

Arbeiter erscheinen im direkten Vergleich zum James-Webb-Weltraumteleskop – hier zu sehen in einem sterilen Raum des Unternehmens Northrop Grumman im kalifornischen Redondo Beach im Juli 2020 – klein wie Ameisen.

Foto von Chris Gunn, NASA

Die Fragen, die die Mission des JWST beantworten soll, sind einige der größten der Menschheit: Woher kommen wir? Wie ist aus dem Wirrwarr an Molekülen, Sternen, Galaxien, Schwarzen Löchern und Planeten in unserem Universum, Leben entstanden? Sind unter den Millionen – vielleicht sogar Milliarden – Gesteinsplaneten im Weltraum solche, die einst über eine blühende, lebendige Biosphäre verfügen – oder es jetzt noch tun?

Auf der Suche nach Antworten soll das JWST im Laufe seiner Mission Hunderte – möglicherweise sogar Tausende – Exoplaneten beobachten. Es wird die geschmolzenen Oberflächen höllischer Lavawelten betrachten, die nur wenige Stunden benötigen, um ihre Sterne zu umkreisen. Es wird Planeten auskundschaften, die das gewaltsame Ende ihrer Zentralgestirne überlebt haben und die nun ihre Bahnen um einen toten Stern ziehen. Es wird die Atmosphäre von Gasriesenplaneten untersuchen, zwischen staubigen Scheiben Ausschau nach neugeborenen Planeten halten, die sich an junge Sterne klammern, und eine Handvoll kleiner, steiniger Welten erforschen, die der Erde ähnlich sein könnten.

Nur wenige der Tausenden Exoplaneten in unserer Galaxie hat Ähnlichkeit mit den Planeten unseres Sonnensystems. Bei dem größten Teil handelt es sich wortwörtlich um fremde Welten.

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    „Eine der wichtigsten Erkenntnisse, die bisher auf dem Gebiet der Exoplanetenforschung gewonnen wurde, ist, dass die Vielfalt der Planeten in der Galaxie die der Planeten in unserem Sonnensystem bei weitem übersteigt“, sagt Natasha Batalha vom Ames Resarch Center der NASA in Mountain View, Kalifornien. „Wir wollen herausfinden, welche Entwicklungen dazu geführt haben, dass auf der Erde lebensfreundliche Bedingungen entstehen konnten. Eine Frage ist zum Beispiel, ob Ozeane aus flüssigem Wasser und das Vorhandensein von Sauerstoff Alleinstellungsmerkmale der Erde sind – oder ob beides in der gesamten Galaxie eigentlich relativ häufig vorkommt.“

    Bevor die Mission des JWST richtig starten kann, muss es zunächst einmal seinen aufregenden Flug durch den Weltraum heil überstehen. Der Ausblick darauf lässt Astronomen auf der ganzen Welt bereits jetzt nervös auf der Stuhlkante herumrutschen.

    „Ich bin definitiv aufgeregt“, sagt Peter Jensen von der ESA, Chefberater der Mission, während er durch die Glasscheibe das glänzende Teleskop in seinem sterilen Aufenthaltsraum betrachtet. Nach dem Start wird das JWST eine Reihe von Manövern ausführen, die keinen Raum für Fehler lassen: Unter anderem muss der Hauptspiegel entfaltet und die Sonnensegel ausgeklappt werden. „Der Gedanke an den Start beschäftigt mich stark”, sagt Peter Jensen. „Aber dank meinem Hintergrund im Maschinenbau mache ich mir zumindest über diesen Aspekt keine allzu großen Sorgen.“

    Die Planeten der Milchstraße

    Wie bei vielen ehrgeizigen Projekten der Menschheit vor ihm war auch der Weg des James-Webb-Weltraumteleskops von technischen Problemen und explodierenden Kosten gezeichnet. Erst kürzlich entbrannte außerdem eine Kontroverse betreffend seinen Namen. Wenn aber alles nach Plan läuft, wird das JWST, das von vielen als Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops gesehen wird, in Zukunft ein ganzes Füllhorn an wissenschaftlichen Freuden über uns ausschütten.

    Galerie: Die Milchstraße - süchtig nach neuen Sternen

    Planet Fomalhaut b (in box), orbits its parent star Fomalhaut (at center) in a huge, dusty debris ring. The Fomalhaut system, captured by Hubble in visible light, is located approximately 25 light-years from Earth and will be analyzed by the James Webb Space Telescope in infrared.
    False color Image by Paul Kalas, University of California, Berkeley, NASA, Esa

    Das JWST betrachtet den Weltraum im Infrarotbereich. Die hochempfindliche Optik des großen Hauptspiegels ermöglicht dabei das Erkennen weit entfernter Signaturen erster Sterne und Galaxien.
    Auch für die Beobachtung fremder Welten wird die starke Empfindlichkeit von Vorteil sein. Zu Beginn der Entwicklungsphase hatte diesen Aspekt noch niemand in Betracht zog, da es damals zwar einige Theorien gab, laut denen im Weltraum Planeten existieren, die um andere Sterne kreisen, konkrete Beweise dafür fand man aber erst im Jahr 1992 mit der ersten Entdeckung eines Exoplaneten. Die Einbindung von Exoplaneten in die Mission des JWST wurde im Jahr 1989 beschlossen.

    „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Exoplaneten am Anfang irgendwann einmal ein Thema gewesen wären“, sagt Peter Jensen. „Das kam erst viel später, nachdem festgestellt wurde, dass es sie überhaupt gibt.“

    Der Planet Formalhaut b (Kasten) umkreist den Stern Formalhaut (Mitte) in einem großen Ring aus staubigem Geröll. Das Hubble-Teleskop hat das Formalhaut-System, das sich in einer Entfernung von ungefähr 25 Lichtjahren zur Erde befindet, bei sichtbarem Licht aufgenommen. Das JWST wird es im Infrarotbereich analysieren.

    Foto von NASA

    In den vergangenen Jahren konnte zum Beispiel mithilfe des Kepler-Weltraumteleskops der NASA gezeigt werden, dass Planeten, die andere Sterne umkreisen in der Milchstraße in so großer Zahl vorhanden sind wie Sandkörner auf der Erde. Dank dieses Überangebots kann das JWST-Team aus den Vollen zu schöpfen und sich die interessantesten Welten für ihre detaillierten Analysen aussuchen.

    Die NIRCam des Weltraumteleskops ist mit einem Koronografen ausgerüstet, der das Licht von Zentralgestirnen abschirmt und direkte Aufnahmen von schwer sichtbaren, weitentfernten Planeten in deren Orbit ermöglicht – darunter auch solche, die sich erst noch im Entstehen befinden. Das JWST kann fremdartige Atmosphären durchblicken und die Substanz bestimmen, aus der die Gaswolken bestehen. Außerdem analysiert es, wie sich diese über die Lebensdauer des Planeten entwickelt haben, und ermittelt die molekularen Signaturen im Tagseitenlicht der Planeten.

    „Welche Prozesse haben diese Planeten bis zu ihrem jetzigen Zustand durchlaufen? Welche Szenarien führen zu der Entwicklung einer Biosignatur – und Leben?“ fragt Knicole Colón, stellvertretende Projektwissenschaftlerin der Exoplaneten-Mission des JWST, die für die NASA fremde Welten untersucht. „Um das zu beantworten, müssen wir alle Informationen sammeln, die wir bekommen können. Von all den Planeten in unserem Sonnensystem existiert schließlich nur auf einem Leben.“

    Die Atmosphäre von Hot Jupiter und Supererde

    Nachdem das JWST seine Anreise beendet hat, müssen alle Komponenten erst auf Betriebstemperatur kommen, Funktionstest durchgeführt, Instrumente kalibriert und die Spiegel feinjustiert werden, sodass mit ersten wissenschaftlichen Daten erst nach ungefähr einem halben Jahr gerechnet werden kann. Die Atmosphäre von Planeten, die auf ihrer Umlaufbahn den Raum zwischen dem Teleskop und ihrem Stern passieren, wird für einen kurzen Moment von dem Licht des Sterns erleuchtet und ist als Umriss erkennbar. Das JWST liest die Signatur der Gase in den Atmosphären, durch die Licht fällt.

    Einige der ersten Kandidaten, die auf diese Weise erfasst werden sollen, sind WD 1856b – ein riesiger Planet, der um einen toten Stern kreist – und HD 80606b, dessen Orbit eher der schiefen, langgezogenen Schleife ähnelt, in der Kometen durch den Weltraum schießen.
    Laut Knicole Colón könnten solch extreme Systeme Hinweise darauf liefern, wie verschiedene Formen von Planeten entstehen und überleben. Die Erforschung der Gase erlaubt den Wissenschaftlern Rückschlüsse auf Größe, Temperatur und Evolution eines Planeten in Verbindung mit seinem Klima und anderen Merkmalen.

    Bei vielen der ersten Beobachtungsobjekte des JWST handelt es sich um Hot Jupiters, eine Klasse von Planeten, die in unserem Sonnensystem nicht vorkommen. Sie umrunden ihre Sterne innerhalb von wenigen Stunden oder Tagen und sind der bisher am häufigsten entdeckte Exoplanetentyp.

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    Natalie Batalha von der University of California in Santa Cruz leitet eines der ersten Exoplanet-Beobachtungsprogramme des JWST. Sie und ihr Team werden drei Hot Jupiters untersuchen: WASP-39b, WASP-18b und NGTS-10b. Bei der Analyse des Verhältnisses von Kohlenstoff zu Sauerstoff in der Atmosphäre der Planeten – eine Information, die Hinweise auf deren Entstehungsgeschichte liefert – kommen alle vier Instrumente an Bord des JWST zum Einsatz. Die Wissenschaftler planen außerdem, die Bilder des JWST mit früheren Aufnahmen des Hubble-Teleskops zu vergleichen.

    „Wir brauchen einen Richtwert, dem wir die neuen Daten gegenüberstellen können“, sagt Natalie Batalha. „Manche Dinge, die wir mit dem James-Webb-Weltraumteleskop sehen werden, kennen wir wahrscheinlich schon von Hubble. Doch das Bekannte wird jetzt durch neue, überraschende Aspekte ergänzt.“

    Ein anderer faszinierender Planetentyp, den man in unserem Sonnensystem vergeblich sucht, ist die Supererde. Diese terrestrischen Welten – etwa Gliese 486b, GJ 1132b und K2-18b – sind größer als unsere Erde aber kleiner als Neptun.

    JWST wird außerdem sieben ungefähr erdgroße Gesteinsplaneten im Trappist-1-System untersuchen, die einen jupitergroßen Stern umkreisen. Drei von ihnen wurden als gemäßigte Planeten klassifiziert. Der beste Kandidat für erdähnliche Bedingungen ist Trappist-1e. Trappist-1c hingegen befindet sich in geringerer Entfernung zu dem Zentralgestirn, sodass auf ihm eher venusartige Temperaturen herrschen.

    „Das Ziel dieses Programms ist schnell erklärt“, sagt Laura Kreidberg, die die Untersuchung von Trappist-1c leitet. „Wir wollen wissen, ob der Planet eine Atmosphäre hat, oder nicht. Bisher können wir nur raten.“

    Direct Imaging: Das Unsichtbare sichtbar machen

    Nicht alle Planeten können vom JWST dabei beobachtet werden, wie sie an ihrem Stern vorüberziehen. Manche sind Hunderte Male weiter von ihrem Zentralgestirn entfernt, als die Erde von der Sonne, und bewegen sich in Systemen, die nur von oben oder unten betrachtet werden können.

    Ein Teil der Exoplaneten in solchen Systemen soll mithilfe von Direct Imaging erforscht werden. Bei dieser Methode wird das Licht des Sterns ausgeblendet, um die Planeten als kleine Lichtpunkte abzubilden. Diese Form der Beobachtung wird hauptsächlich auf große Planeten angewendet werden: Gasriesen und vielleicht Eisriesen, die sehr weit von ihren Sternen entfernt sind und daher leichter zu erkennen sind. Die daraus resultierenden Erkenntnisse ermöglichen es den Wissenschaftlern, mehr über den Aufbau von Atmosphären, die Art und Anzahl eventuell vorhandener Wolken und die enthaltenen Mengen von Molekülen wie Methan und Kohlenmonoxid zu ermitteln – und so wichtige Informationen zu dem Ursprung eines Planeten zu sammeln.

    Galerie: Unsere Galaxis

    „Planeten entstehen in einem großen Durcheinander, umgeben von Geröll und Staub“, erklärt Sasha Hinkley von der University of Exeter in England, der eines der ersten Direct Imaging-Programme der Mission leitet. Astronomen, die die Zusammensetzung eines Planeten mithilfe des JWST ermitteln wollen, müssen ihre Ergebnisse sortieren: In Material, das seit dem Zeitpunkt seines Entstehens für den Planeten spezifisch ist, und andere Bestandteile, die erst später dazukamen. „Was war schon immer da und was wurde durch äußere Einflüsse ergänzt? Das wollen wir herausfinden“, sagt Sasha Hinkley.

    Durch Direct Imaging können Wissenschaftler auf die Suche nach Planeten in der Nähe von Sternen wie Alpha Centauri A gehen, der der Sonne am nächsten ist. Zwar gibt es Hinweise auf Exoplaneten in diesem System, doch keiner konnte bisher abschließend bestätigt werden. Andere Systeme, die das JWST untersuchen wird, sind HR8799, in dem mindestens vier große Planeten ihr Zentralgestirn umkreisen, Beta Pictoris, dessen Stern über mindestens zwei Planeten verfügt, und 51 Eridani, in dem der kälteste und leichteste Planet zu finden ist, der bis heute mithilfe von Direct Imaging entdeckt werden konnte.

    Suche nach Leben auf anderen Planeten

    Die Erwartungen an das neue Wissen, dass das JWST über Planeten in unserer Galaxie liefern soll, sind groß. Davon, dass es Zeichen für Leben in fremden Welten finden wird, geht jedoch niemand aus. Die gezielte Forschung in diese Richtung sprengt den Rahmen der Möglichkeiten und würde schlicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen.

    „Außerirdisches Leben zu finden ist schwierig – ich bin nicht sehr optimistisch, dass wir auf Biomarker stoßen werden. Aber ich bin mir sicher, dass wir stattdessen viel über die Atmosphären lernen werden, die die Planeten dieser kleinen Sterne umgeben“, sagt Kevin Stevenson vom Johns Hopkins Applied Physics Laboratory in Laurel, Maryland, der mithilfe des JWST fünf Gesteinsplaneten beobachten wird.

    Wenn, dann würde eine solche Entdeckung eher zufällig passieren: Wenn zum Beispiel eine Mischung aus Gasen und chemischen Elementen in einer Atmosphäre festgestellt wird, die allein durch geologische Vorgänge sind entstehen kann. Zwar haben Astrobiologen eine ungefähre Idee, wonach sie Ausschau halten müssen – nämlich Methan, Ozon und andere Produkte metabolischer Prozesse – doch welche Formen genau Signaturen außerirdischen Lebens annehmen können, ist nicht klar.

    Obwohl eine Handvoll erdgroßer Gesteinsplaneten auf der Beobachtungsliste des JWST stehen, ist die Chance, auf ihnen Hinweise auf Leben zu finden, nur gering. Sie umkreisen kleine, rötliche Sterne, die zu heftiger Strahlung neigen, durch die die Oberfläche ihrer Planeten möglicherweise sterilisiert wird. Bevor also die Frage der Existenz von Leben gestellt werden kann, muss das JWST zunächst herausfinden, muss erst die der Atmosphäre geklärt werden.

    „Wir wissen schlicht nicht, ob Planeten eines so kleinen Sterns überhaupt eine Atmosphäre haben“, sagt Natasha Batalha. „Vergessen wir also erst einmal die Biomarker und konzentrieren uns lieber darauf.“

    Trotzdem kann das JWST dabei helfen, späteren Suchen nach Biosphären den Weg zu ebnen.

    3D-Flug durch den Orionnebel
    Dies ist eine 3D-Visualisierung des Orionnebels. Spezialisten der NASA haben Aufnahmen von sichtbarem und Infrarotlicht von den Weltraumteleskopen Hubble und Spitzer kombiniert, um diesen animierten Durchflug zu erstellen.

    „Aus den bisherigen Forschungen wissen wir, dass jeder Exoplanet so einzigartig ist wie eine Schneeflocke – deswegen können wir noch keine universell gültigen Aussagen über sie treffen“, sagt Kevin Stevenson. „Das James-Webb-Weltraumteleskop wird uns dabei helfen, das große Ganze besser zu verstehen.“

    Die neue Mission wird außerdem zeigen, ob sich die Methode der Betrachtung des Umrisses einer Atmosphäre während des Transits des Planeten vor dem Zentralgestirn auch auf die Suche nach außerirdischen Lebensformen anwendbar ist.

    „Vielleicht werden wir feststellen, dass wir auf diese Weise nicht zu den Ergebnissen kommen, die wir uns erhoffen“, sagt Kevin Stevenson. „Es ist möglich, dass die Transitmethode in Hinblick auf die Erforschung potenziell bewohnbarer Planeten schnell an ihre Grenzen stößt. Das wäre auch in Ordnung, denn nur wenn wir die Grenzen kennen, wissen wir, an welcher Stelle wir andere Techniken anwenden müssen.“

    Nächste Mission bereits in Planung

    Obwohl die JWST-Mission noch nicht begonnen hat, arbeiten Wissenschaftler jetzt schon an einem Nachfolger: Einem großen Weltraumteleskop, das Biomarker auf erdähnlichen fremden Planeten erkennen soll. Es wird noch Jahrzehnte dauern, bis ein solches Instrument einsatzbereit ist. Umso wichtiger sind in der Zwischenzeit die Beobachtungen des JWST.

    „Die Öffentlichkeit wartet ungeduldig darauf, dass endlich außerirdisches Leben entdeckt wird. Doch um herauszufinden, wo dieses Leben am wahrscheinlichsten zu finden ist, sind erst viele andere Schritte nötig“, erklärt Natalie Batalha. „Es ist wichtig, erst zu verstehen, welche physikalischen Prozesse zu der Vielfalt im Universum beigetragen haben.“

    Ende Dezember 2021 wird all dieses große Potenzial auf eine Rakete geladen, die den dichten tropischen Regenwald hinter sich lassen und zu fernen Planeten fliegen wird. Eines Tages werden wir vielleicht erfahren, dass fremde, weitentfernte Welten existieren, auf denen es ebenfalls Urwälder gibt, außerirdische Insekten und Flüsse, die in Ozeane fließen, die voller Leben sind. Mit dem James-Webb-Weltraumteleskop wird ein weiterer, wichtiger Schritt gemacht, der es uns ermöglicht, unsere exoplanetarischen Nachbarn ein bisschen besser kennenzulernen.

    Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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