Hilfe bei Depressionen vor der Periode: Forschende finden die Ursache von PMDS

Acht Prozent der Menstruierenden leiden an einer besonders schlimmen Form der PMS, der prämenstruellen dysphorischen Störung. Forschende aus Leipzig konnten nun ihre Ursache finden – und ermöglichen damit eine gezieltere Therapie der Depressionssymptome.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 10. Feb. 2023, 08:48 MEZ
Eine Frau sitzt auf einem Bett und hat ihren Kopf auf ihren angezogenen Knie gelegt.

In der zweiten Zyklushälfte wird das Leben von PMDS-Betroffenen zur Belastung. Die starke Form der PMS verursacht unter anderem Depressionen – Forschende fanden nun die Ursache.

Foto von Alex Green / Unsplash

Rund die Hälfte aller menstruierenden Personen hat an den Tagen vor der Periode mit depressiven Verstimmungen, Abgeschlagenheit oder starken Schmerzen zu kämpfen. Es sind nur einige Beschwerden des prämenstruellen Syndroms – kurz PMS –, das nach dem Eisprung einsetzt.  

Acht Prozent der Menstruierenden leiden sogar an einer besonders schweren Form davon: der prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS). Bei ihnen reichen die Symptome von Schlafstörungen über Kontrollverlust bis hin zu Depressionen. Viele Betroffene fühlen sich dadurch in ihrer zweiten Zyklushälfte wie eine völlig andere Person. 

Die genauen Ursachen der PMDS waren bislang nicht bekannt. Ein Forschungsteam um Neurowissenschaftlerin Julia Sacher vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften und Nuklearmediziner Osama Sabri vom Universitätsklinikum Leipzig hat sie nun gefunden. Ihre Patientinnen-Studie zeigt: Eine erhöhte Serotonintransporter-Dichte im Gehirn löst bei PMDS-Betroffenen die kurzfristigen Depressionssymptome aus. Die Studie, die in der Zeitschrift Biological Psychiatry erschien, kann als Ausgangspunkt für gezieltere Behandlungsansätze dienen. 

Serotoninmangel löst Depressionssymptome aus

“Bei Patientinnen mit PMDS scheint die Antwort des Gehirns auf die Veränderungen im Zyklus falsch reguliert zu werden.”

von Julia Sacher.

Allgemein wird angenommen, dass PMDS durch eine Überempfindlichkeit des Körpers auf die monatlichen Schwankungen der Sexualhormone Östrogen und Progesteron verursacht wird. Diese Hormone haben Einfluss auf den Serotoninspiegel, der sich direkt auf die Stimmung auswirkt. „Bei Patientinnen mit PMDS scheint die Antwort des Gehirns auf diese Veränderungen im Zyklus falsch reguliert zu werden“, erklärt Julia Sacher. 

Um dem genauen Mechanismus auf den Grund zu gehen, untersuchten die Forschenden in ihrer Studie die Gehirne von 30 PMDS-Patientinnen und 29 gesunden Studienteilnehmerinnen über zwei Menstruationszyklen hinweg. Dabei stand die Rolle des Botenstoffs Serotonin im Vordergrund. Mithilfe der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) machte das Forschungsteam zu verschiedenen Zykluszeitpunkten Aufnahmen der Gehirne der Probandinnen, um die Veränderungen des Serotoninspiegels während eines Menstruationszyklus nachvollziehen zu können.  

„Dabei haben wir herausgefunden, dass vor der Menstruationsblutung die Serotonintransporter-Dichte im Gehirn erhöht ist und damit ein Verlust von diesem Botenstoff im synaptischen Spalt begünstigt wird“, sagt Sacher. Denn: Der Serotonintransporter entfernt als Transportmolekül das ausgeschüttete Serotonin aus dem synaptischen Spalt, der zur Signalübertragung dient, und transportiert es zurück in die Nervenzelle. Ist die Dichte des Serotonintransporters erhöht, kommt es im synaptischen Spalt zu einem Serotoninmangel bei der Signalübertragung – und die typischen PDMS-Symptome werden ausgelöst.

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    Die Serotonintransporter-Dichte nahm bei PMDS-Patientinnen um ganze 18 Prozent zu, während sie bei gesunden Studienteilnehmerinnen nur um zehn Prozent anstieg. Die Ursache der PMDS ist also eine Fehlregulierung des Serotonins im Gehirn. Eine erstaunliche Entdeckung, so Sacher: „Dieser Befund ist überraschend, weil man bisher dachte, der Serotonintransporter sei ein individuelles Merkmal, das sich in einer derartig kurzen Zeitspanne von zwei Wochen nicht verändert – normalerweise geht man von nur geringfügigen Veränderungen alle 10 Jahre aus.“ 

    Die neuen Ergebnisse können PMDS-Betroffenen eine gezieltere Therapie ermöglichen – und damit zu mehr Lebensqualität verhelfen. So kann die Einnahme von Antidepressiva, die einen Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer als Wirkstoff enthalten, nun auf wenige Tage reduziert werden. 

    Auch mit dem Essverhalten oder einer Tageslichtlampe könnten PMDS- und auch PMS-Betroffene ihren Serotoninspiegel beeinflussen. So könnten Lebensmittel wie Käse, Geflügel, Tofu, Nüsse oder dunkle Schokolade, die Vorläuferstoffe von Serotonin enthalten, zu einer Verbesserung des Zustands beitragen. „Allerdings erreicht man durch diese Maßnahmen nicht die Konzentrationen, die durch eine medikamentöse Therapie erreicht werden. Hier müsste in zukünftigen Studien noch genauer erforscht werden, wie man über Ernährung und Licht-Therapie gezielt PMDS beeinflussen kann“, sagt Sacher. 

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