Warum wir süchtig nach ungesundem Essen sind – und uns Diäten schwerfallen

Zucker- und fetthaltige Snacks machen regelrecht abhängig und der Heißhunger auf sie führt nach Diäten oft zum Jo-Jo-Effekt. Forschende fanden nun heraus, warum wir so gern sündigen – und wie die Gewichtszunahme aufgehalten werden kann.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 30. März 2023, 09:11 MESZ
Burger, Cola und Pommes auf einem Tablett.

Fettiges Fast Food und zuckerhaltige Getränke: Forschende haben herausgefunden, warum wir ungesundes Essen bevorzugen und wieso es uns vor allem nach Diäten so schwerfällt, darauf zu verzichten. 

Foto von Christopher Williams / Unsplash

Die Handvoll Chips oder das kleine Stück Schokolade am Tag – den meisten Menschen fällt es schwer, den kalorienreichen Sünden des Alltags zu widerstehen. Gerade nach einer Diät kann der Heißhunger auf Süßes oder Fettiges eine fatale Folge haben: den Jo-Jo-Effekt, bei dem die Pfunde direkt wieder auf den Hüften landen. Doch warum sind wir überhaupt regelrecht süchtig nach zucker- und fetthaltigen Snacks? Und weshalb ist es gerade nach einer Diät so schwer, auf sie zu verzichten und das Gewicht zu halten?

Die Antworten darauf liegen in unserem Gehirn. Forschende vom Max-Planck-Institut (MPI) für Stoffwechselforschung haben in zwei unabhängig voneinander durchgeführten Studien herausgefunden, dass sowohl Diäten als auch ungesunde Snacks langfristige Veränderungen im Gehirn bewirken. Ihre Studien erschienen jeweils in der Zeitschrift Cell

Wie Nahrung unser Gehirn beeinflusst

Ein erlerntes Verhalten 

Schon kleinste Mengen Zucker oder Fett reichen und unser Gehirn verändert sich: Ein Lernprozess wird in Gang gesetzt, bei dem das ungesunde Essen langfristig dem gesunden vorgezogen wird. Was dabei genau in unserem Gehirn passiert, untersuchte ein Forschungsteam unter der Leitung von Marc Tittgemeyer in einer neuen Studie des MPI für Stoffwechselforschung. 

Dazu gaben die Forschenden zwei Gruppen von Probandinnen und Probanden acht Wochen lang zusätzlich zu ihrem alltäglichen Ernährungsplan einen kleinen Pudding pro Tag zu essen. Eine Gruppe bekam einen Pudding mit hohem Fett- und Zuckergehalt, die andere einen mit der gleichen Kalorienanzahl, aber weniger Fett. Vor und während des Experiments untersuchten die Forschenden die Hirnaktivität der beteiligten Personen. 

Zucker- und fetthaltiges Essen macht süchtig

Ihr Ergebnis: Die Hirnantwort auf die ungesunde Nahrung war in der Gruppe mit dem fett- und zuckerhaltigen Pudding nach acht Wochen stark erhöht. Vor allem das dopaminerge System wurde stärker aktiviert als bei der Kontrollgruppe. Das ist die Region unseres Hirns, die für Motivation und Belohnung zuständig ist. Das Gehirn wurde schon nach kürzester Zeit neu vernetzt und ein Lernprozess in Gang gesetzt, der sich langfristig auf die Ernährungsgewohnheiten auswirkt. 

„[Das Gehirn] lernt unterbewusst, belohnendes Essen zu bevorzugen. Durch diese Veränderungen im Gehirn werden wir unbewusst immer die Lebensmittel bevorzugen, die viel Fett und Zucker enthalten“, sagt Tittgemeyer. So wird man regelrecht abhängig von den ungesunden Snacks – ähnlich wie bei Suchtmitteln, heißt es in der Studie. 

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    Vor allem der Heißhunger auf die kalorienreichen Lebensmittel kann zu einem Problem werden. Nach einer Diät führt er meistens zum sogenannten Jo-Jo-Effekt. Diesen hat nun ein weiteres Team des MPI für Stoffwechselforschung in Zusammenarbeit mit der Harvard Medical School in einer neuen Studie untersucht und festgestellt: Auch nach Diäten kommt es zu langfristigen Veränderungen im Gehirn.

    Für ihre Studie setzten die Forschenden Mäuse auf Diät und beobachteten die Aktivität verschiedener Neuronen in ihren Hirnen. Dabei fokussierten sie sich insbesondere auf die AgRP-Neuronen im Hypothalamus, die für die Steuerung des Hungergefühls verantwortlich sind. Kaloriendefizite – wie bei einer Diät – aktivieren die AgRP-Neuronen. Während dieser Zeit gelangen vermehrt Signale in ihre neuronalen Bahnen, die ein starkes Hungergefühl auslösen. Diese Veränderungen im Gehirn konnten noch langfristig nach der Diät beobachtet werden. Sie führen zu einer unkontrollierten Nahrungsaufnahme und damit zum Jo-Jo-Effekt: Das Individuum nimmt nach der Diät wieder zu. 

    Kann der Jo-Jo-Effekt verhindert werden?

    Die gute Nachricht für alle, die schon einmal mit dem Jo-Jo-Effekt zu kämpfen hatten: Den Forschenden ist es in einem nächsten Schritt gelungen, die Nervenbahnen der Mäuse, die die AgRP-Neuronen aktivieren, gezielt zu hemmen. So nahmen die Mäuse nach ihrer Diät weniger zu. 

    „Dies könnte uns die Möglichkeit bieten, den Jo-Jo-Effekt zu verhindern“, sagt Henning Fenselau, Erstautor der Studie. „Langfristig ist es unser Ziel, Therapien für den Menschen zu finden, welche helfen könnten das Körpergewicht nach einer Diät zu halten. Um dies zu erreichen, erforschen wir weiterhin, wie wir die Mechanismen blockieren können, die die Verstärkung der neuronalen Bahnen auch beim Menschen vermitteln.“

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