Ab welchem Alter ist man alt?

Mit welchem Alter man in Deutschland als alt wahrgenommen wird, verändert sich laut einer neuen Studie im Laufe der Jahrzehnte. Wer was als alt empfindet – und wie sich dies wandelt.

Ist Altsein nur eine Frage des Empfindens? Eine neue Studie zeigt, ab wann Menschen in Deutschland einander als alt ansehen – und wie sich diese Zahl im Laufe der Zeit verändert.
 

Foto von Sabrina / Adobe Stock
Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 29. Apr. 2024, 10:04 MESZ

70, 75 oder 80? Ab wann gilt man in Deutschland eigentlich als alt? Ein deutsch-englisches Forschungsteam um den deutschen Psychologen Markus Wettstein hat genau diese Frage im Rahmen einer aktuellen Studie untersucht.

Dazu werteten die Forschenden Daten des Deutschen Alterssurvey aus, der die Einstellung von Menschen zwischen 40 und 85 Jahren zum Altsein abfragt. Dabei bezogen sie sowohl aktuelle Einschätzungen als auch mehrere Jahrzehnte alte Angaben mit ein. Die Frage, die für die Teilnehmenden jeweils im Mittelpunkt stand: „Ab welchem Alter würden Sie jemanden als alt bezeichnen?“

Definition vom Altsein verschiebt sich 

Die Ergebnisse zeigen: Über die letzten Jahrzehnte hinweg stieg der empfundene Beginn des Alters. Ein konkretes Beispiel aus der Studie, die im Fachmagazin Psychology and Aging erschien, lautet: 65-Jährige, die im Jahr 1955 geboren wurden, empfinden im Schnitt ein Alter von 74 Jahren als alt. Zum Vergleich: In einer älteren Umfrage empfanden 65-Jährige, die 1911 geboren wurden, ein Alter von 71 Jahren durchschnittlich als alt.

Wie kommt es zu dieser Veränderung in der subjektiven Wahrnehmung? Laut der Studie liegen die Gründe dafür vermutlich in der gestiegenen Lebenserwartung und dem höheren Renteneintrittsalter. Einen starren Trend erkennen die Forschenden hier jedoch nicht: Welches Alter man als alt empfindet, wird in den kommenden Jahrzehnten vermutlich nicht gleichmäßig mit einer höheren Lebenserwartung ansteigen. 

Für Frauen sind Menschen später alt als für Männer

Einen Unterschied erkennt die Studie zwischen Männern und Frauen: Im Schnitt definierten Frauen den Beginn des Altseins 2,4 Jahre später als Männer. Laut den Forschenden hängt das einerseits mit der höheren Lebenserwartung von Frauen zusammen – diese liegt Stand 2022 bei durchschnittlich 82,8, bei Männern hingegen nur bei 78,1 –, andererseits aber auch mit gesellschaftlichen Faktoren. Beim Altern herrsche ein gesellschaftlicher Doppelstandard, laut dem das Altsein bei Frauen kritischer und negativer behaftet sei als bei Männern. Das könne einer der Faktoren sein, der dazu führe, dass Frauen sich später als alt wahrnehmen als Männer.

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    Männer empfinden im Schnitt ein niedrigeres Alter als alt als Frauen.

    Foto von Diego Cervo / Adobe Stock

    Zudem verschiebt sich die Wahrnehmung des Alters mit dem Alter der befragten Person selbst. „Wenn eine Person älter wird, schiebt sie den Beginn des höheren Alters immer ein bisschen weiter nach hinten“, sagt Wettstein. So empfindet eine Person mit 65 Jahren vielleicht 74 Jahre als alt – fünf bis 10 Jahre später schiebt dieselbe Person diese Grenze dann aber weiter nach hinten, oft um ein oder zwei Jahre. 

    „Es ist unklar, inwieweit der Trend zum Aufschieben des Alters eine positivere Einstellung gegenüber älteren Menschen und dem Altern widerspiegelt oder eher das Gegenteil“, sagt Wettstein. „Vielleicht wird der Eintritt ins Alter aufgeschoben, weil die Menschen das Altsein als einen unerwünschten Zustand betrachten.“ 

     

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