Gefährlicher Flirt: Warum es nichts bringt, den Partner eifersüchtig zu machen
Angebaggert zu werden ist manchmal schön fürs Ego, doch für die Beziehung ist es Gift. Eine neue Studie zeigt, wie zerstörerisch die Aufmerksamkeit ist, die der Partner von anderen bekommt – selbst dann, wenn er sie nicht erwidert.
Den kleinen, harmlosen Flirt gibt es in einer Langzeitbeziehung nicht. Denn wer dabei zusehen muss, wie der Partner von anderen begehrt wird, geht emotional automatisch auf Distanz.
„Wenn ein Mann will, dass seine Frau zuhört, braucht er nur mit einer anderen zu reden.“ Dieses Zitat der US-amerikanischen Schauspielerin Liza Minelli fasst augenzwinkernd eine allseits bekannte Strategie in Liebesdingen zusammen: Möchte man seinem Partner oder seiner Partnerin bewusst machen, was er oder sie an einem hat, hilft es, den eigenen Marktwert hervorzuheben. Ein kleiner Flirt mit anderen vor den Augen des oder der Liebsten bringt Schwung in eine eingefahrene Beziehung. Richtig?
Falsch. Wie eine Studie zeigt, die in der Zeitschrift The Journal of Sex Research erschienen ist, steigert Eifersucht in etablierten Beziehungen nicht das Begehren. Im Gegenteil: Wer dabei zusehen muss, wie der oder die Langzeitpartner*in von anderen angebaggert wird, ist daraufhin weniger bereit, in die Beziehung zu investieren – auch dann, wenn der Flirt nicht erwidert wird.
Experimente mit Eifersucht
Zu diesem Ergebnis kommen Gurit Birnbaum, Hauptautorin der Studie und Psychologin an der Reichman-Universität in Herzliya, Israel, und ihr Team anhand von drei Experimenten. Bei den 244 bzw. 190 Teilnehmenden handelte es sich um heterosexuelle Männer und Frauen, die alle seit mindestens vier Monaten in einer Beziehung waren.
Im ersten Experiment sollte sich ein Teil der Teilnehmenden ein Szenario vorstellen, in dem der oder die Partner*in angeflirtet wird, ohne diese Interaktion zu erwidern. Eine Kontrollgruppe wurde gebeten, sich ein Szenario vorzustellen, in dem eine neutrale Interaktion stattfindet. Danach schrieben die Teilnehmenden beider Gruppen eine sexuelle Fantasie über den oder die Partner*in auf, die vom Studienteam hinsichtlich des Ausdrucks von Verlangen und einem Fokus auf das Vergnügen des oder der Partner*in bewertet wurden. Niedrige Werte waren Anzeichen für defensive Distanzierung und sexuelle Zurückgezogenheit.
Beim zweiten Experiment kam Virtual Reality zum Einsatz: Mithilfe von VR-Headsets wurden die Proband*innen in das Umfeld einer Bar versetzt, in der sie die Interaktion des oder der Partner*in mit einem virtuellen Fremden beobachteten. Wieder war die Begegnung entweder ein Flirt oder ein neutrales Gespräch. Im dritten Experiment sollten die Teilnehmenden sich an eine tatsächliche Situation erinnern, in der ihr Partner oder die Partnerin entweder angebaggert wurde oder, in der Kontrollgruppe, neutral mit einer anderen Person interagiert hatte.
Im Anschluss an beide Experimente machten die Proband*innen Angaben dazu, wie stark sie sich zu Partner oder Partnerin hingezogen fühlen und wie groß ihr Interesse ist, sich um den Erhalt der Beziehung zu bemühen sowie den oder die Konkurrent*in abzuwehren.
In Langzeitbeziehungen gelten andere Regeln
Die Ergebnisse fielen deutlich aus: Die Proband*innen, die sich Flirtsituationen vorstellten oder erlebten, gaben zwar öfter an, den oder die Rival*in abwehren zu wollen als die Kontrollgruppe, doch diese Eifersucht machte den oder die Partner*in nicht begehrenswerter. Stattdessen war das sexuelle Verlangen zu ihr oder ihm ebenso wie der Wunsch, in die Beziehung zu investieren, geringer als in der Kontrollgruppe.
Die Annahme, dass man für den eigenen Partner oder die eigene Partnerin attraktiver wird, wenn andere einen begehren, beruht auf dem Nachahmungseffekt, auch Mate Copying genannt. Er ist sowohl beim Menschen als auch bei Tieren durch Studien belegt und besagt, dass ein potenzieller Partner attraktiver und begehrenswerter wirkt, sobald andere an ihm Interesse zeigen. Diesem wissenschaftlich belegten Phänomen widersprechen die neuen Studienergebnisse jedoch.
Erklären lässt sich das dem Studienteam zufolge dadurch, dass sich die Forschung dem Thema bisher nur in Bezug auf die Partnerwahl und den Beginn neuer Partnerschaften angenommen hat. Wie der Aspekt in etablierten Beziehungen wirkt, wurde nicht untersucht. Doch „sobald wir eine Beziehung aufgebaut haben, machen wir uns Sorgen, dass ein Konkurrent unseren Partner abwerben könnte“, sagt Studienautor Harry Reis, Psychologe an der University of Rochester im US-Bundesstaat New York.
Selbstschutz aus Angst vor Verlust und Zurückweisung
Um unseren Partner an uns zu binden, nutzen wir Menschen positive Taktiken wie Geschenke und das Übernehmen von Aufgaben sowie negative Taktiken wie die Kontrolle der Zeit des anderen. „Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Partner zu einer anderen Person hingezogen fühlt, als hoch eingeschätzt wird, weil er zum Beispiel Aufmerksamkeit von ihr erhält, neigen wir dazu, die positiven Taktiken aufzugeben“, sagt Birnbaum.
Statt mehr in die Beziehung zu investieren, um sie zu stärken, kommt es zu einer emotionalen Distanzierung von dem oder der Langzeitpartner*in. Das hat laut Birnbaum den Zweck, den „potenziellen Schlag gegen das eigene Selbstwertgefühl durch Zurückweisung zu vermeiden.“ Bewusst oder unterbewusst wollen wir kein Risiko eingehen, indem wir noch mehr Energie in einen Partner stecken, dessen Engagement für die Beziehung durch konkurrierende Bewerber gefährdet sein könnte.
Der Versuch, eine etablierte Beziehung zu stärken, indem man die Aufmerksamkeit anderer sucht, um den oder die Partner*in eifersüchtig zu machen, geht also mit großer Sicherheit nach hinten los. Der wichtigste Ratschlag für das Liebesleben, den die Studie geben kann, ist laut Harry Reis also: „Flirten Sie nicht mit anderen, wenn Sie wollen, dass Ihr Partner mit Ihnen glücklich ist.“