Von flinken Füchsen und geduldigen Fotografen
Fotograf Michael Forsberg ist ein geduldiger Mann. Ein sehr … geduldiger … Mann.
Diese Charaktereigenschaft war durchaus nützlich, als er beschloss, Swiftfüchse im Schutzgebiet Buffalo Gap National Grassland im Westen South Dakotas, vor die Linse zu bekommen. Forsberg besuchte die weite Prärie-Ebene über drei Jahre hinweg mehrere Male, um Fotos von den nur hauskatzengroßen Tieren zu schießen.
Viel Zeit verbrachte er dafür auf dem Bauch liegend und wartend in Tarnzelten, die so klein waren, dass er sich darin kaum aufsetzen konnte. Er bezog noch vor Sonnenaufgang seinen Beobachtungsposten und verließ ihn erst nach Sonnenuntergang wieder. Manchmal verbrachte er auch die Nacht dort.
„Sie mögen die Gegenwart von Menschen nicht, also muss man warten, bis sie von selbst zu einem kommen, nicht umgekehrt.“
Ein Auszug aus seinem Notizbuch:
Conata Basin, Buffalo Gap National Grassland, South Dakota.
Höhlen Agate-West und Agate-Hügel
21. Juni 2011
5:00 Uhr: Sommersonnenwende. Regen und keine Sonnenaufgang. Böiger Nordwind mit über 30km/h. Keine Füchse und es rührt sich auch nichts in der Präriehund-Kolonie. Nur ein paar Ohrenlerchen machen sie im Gras zu schaffen. Ihre Rufe klingen wie das Klingeln kleiner Glöckchen. Ein einsames Gabelantilopenweibchen hat die Nacht über den P-Hunden verbracht und schaut nun wiederkäuend nach Süden.
08:30 Uhr: Regen hat aufgehört, Wind hält an. Keine Füchse.
11:00 Uhr: Keine Füchse.
13:30 Uhr: Immer noch keine Füchse …
16:00 Uhr: Ein Fuchswelpe streckt den Kopf aus dem Bau und schaut in meine Richtung.
Und so ging das mehr als einhundert Tage lang über einen Zeitraum von drei Jahren. Dabei sammelte Forsberg eine Kollektion von Bildern an, auf denen verspielte Welpen und ihre jagenden Eltern in ihrer natürlichen Lebensumgebung zu sehen sind.
Eine Swiftfuchs-Mutter mit ihren Jungen im Buffalo Gap National Grassland im Westen South Dakotas.
„Es war schwierig, weil sie überwiegend nachtaktiv sind, in Löchern unter der Erde Leben und ständig ihren Standort wechseln“, erklärt Forsberg in einem Telefoninterview. „Es ist wie bei diesem Jahrmarktsspiel Hau-den-Maulwurf. Meistens trifft man nichts. Aber wenn man genug Zeit mit ihnen verbringt, weiß man irgendwann, wo sie ihre Reviere haben und wo die Familien leben.“
Zusätzlich zu den Tarnzelten nutzte Forsberg ein komplexes Netzwerk aus ferngesteuerten Kameras und Fotofallen, um mit seinen Weitwinkelobjektiven nahe genug an die Füchse heranzukommen. Und das erstaunlichste nach der ganzen Planung und stundenlangen Warterei? Forsberg bezeichnet es als beeindruckendste Zeit seines Lebens.
Dieses Diagramm zeigt die große Aufteilung von Michael Forsbergs Kameras und Tarnzelten.
„Das Leben rauscht heutzutage so schnell an uns vorbei, doch da draußen in der Prärie ist man gezwungen, alles langsamer angehen zu lassen. Man muss sich nach dem Zeitplan der Natur richten. Nicht nach seinem persönlichen”, meint er. „Alles, was man tut wird von Wind und Wetter vorgegeben, und von den Tieren, die man dort fotografieren will. Der Lebensrhythmus passt sich dem der Natur an.“
„Die Prärie selektiert sehr stark. Aber es ist ein zäher Ort und die Tiere, die hier leben, sind es ebenso. Ich hoffe, dass die Leute sie und ihre Lebensumgebung durch meine Arbeit mehr zu schätzen lernen.”
„Wir Fotografen bekommen nur selten die Chance auf so ein intensives Projekt. Normalerweise sind wir immer auf dem Sprung für das nächste Foto”, fährt er fort. „Dieses Projekt hatte keine Deadline und um Erfolg zu haben, musste ich Zeit investieren. Die Kraft eines solchen Ortes dabei erleben zu dürfen, war unglaublich.”
„Hier draußen ist alles flink, lebt in Löchern unter der Erde und wird gejagt - es ist ganz anders als im Grand Canyon oder den Rocky Mountains, aber genauso beeindruckend.”
Auf seinem letzten Trip in die Prärie – als ihm schließlich Zeit und Geld für das Projekt ausgingen – sammelte Forsberg gerade seine Kamerafallen und Ausrüstung zusammen, als er plötzlich lautes Gejaule aus einer der Präriehund-Kolonie hörte. Dort erlegte gerade ein Swiftfuchs einen Präriehund.
Forsberg legte sich auf den Bauch und ohne seine ferngesteuerten Kameras, ohne sein Tarnzelt konnte er einen Swiftfuchs aus nur wenigen Metern Entfernung aufnehmen.
Ein Swiftfuchs trägt die vordere Hälfte eines kürzlich erlegten Präriehunds direkt an Fotograf Michael Forsberg vorbei.
„Der Fuchs schaute mich an und ich sah, dass er den Kadaver entzweigerissen hatte, weil er ihn sonst nicht tragen konnte. Er schnappte sich den halben Präriehund, doch anstatt damit wegzulaufen, brachte er seine Beute bis auf fünf Meter zu mir heran, als wollte er damit angeben.”
„Mir bedeutete das alles. Ich weiß noch, wie ich das Bild meiner Redakteurin Kathy Moran geschickt habe und dabei Tränen in den Augen hatte, weil ich nie erwartet hätte, es zu bekommen. Es war ein wundervolles Geschenk am letzten Tag einer mehrjährigen Reise.”
Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
Naturfotografie
Die besten Wildtierfotos 2019
In diesem Jahr ging der erste Platz an den chinesischen Fotografen Yongqing Bao für seine aussdrucksstarke Aufnahme eines Tibetfuchses, der ein Murmeltier attackiert.
Das raue Leben der Polarwölfe am Ende der Welt
Unser Autor verbrachte 30 Stunden mit einem Wolfsrudel der kanadischen Arktis und erhielt intime Einblicke in das Leben der kaum erforschten Tiere.
Zu Hause fotografieren wie ein National Geographic-Fotograf
Mit diesen Tipps von unseren Profis kann die Foto-Safari in der Wohnung oder Nachbarschaft sofort losgehen.