Polarlichter beobachten: Profitipps für perfekte Fotos
Nordlichter zählen zu den beeindruckendsten Naturschauspielen. Wo lassen sie sich beobachten? Wann ist die beste Zeit für Polarlichter? Und wie fotografiert man sie?
Polarlichter über Island.
Nachdem Nanabozho die Menschheit erschaffen hatte, zog er sich in den Norden Kanadas zurück. Dort entzündet er von Zeit zu Zeit ein riesiges Feuer. Die Flammen sind als bunte Lichtschleier weithin am Himmel sichtbar. Sie sollen die Menschen daran erinnern, dass ihr geisterhafter Schöpfer immer noch unter ihnen weilt, um sie zu beschützen.
Nicht nur in der Mythologie der kanadischen Ureinwohner spielen Polarlichter eine tragende Rolle. In nahezu allen eisigen Gefilden entstanden Legenden um das bizarre Wetterphänomen. Einige Menschen sahen darin die Fackeln der Götter, andere die Seelen der Verstorbenen.
In Skandinavien glaubte man, die funkelnden Lichter über dem nächtlichen Meer seien die Reflektion riesiger Heringsschwärme.
Inhalt
- Wie Polarlichter entstehen
- Wo sieht man Polarlichter am häufigsten?
- Nordlichter in Deutschland
- Polarlichter fotografieren: Wo sie am schönsten sind
- Hotspots für Aurorajäger
- Tipps und Tricks für faszinierende Polarlicht-Fotos
- Gut vorbereitet: Die passende Ausrüstung
- Im Fokus: Die richtigen Einstellungen
- Der Bildaufbau entscheidet
- Feinschliff im digitalen Labor
Wie Polarlichter entstehen
Heute wissen wir: Polarlichter entstehen, wenn Sonnenwind in die Erdatmosphäre eindringt. Die Sonne prustet ständig sogenanntes Plasma ins All, das aus geladenen Teilchen besteht. In Überschallgeschwindigkeit reisen diese Sonnenbotschafter zur Erde. Dort treffen sie zunächst auf einen natürlichen Schutzschild – das Erdmagnetfeld. Es schirmt den Planeten vor kosmischer Strahlung ab.
Doch die außerirdischen Reisenden nutzen Schlupflöcher. Sie strömen entlang der Magnetfeldlinien zu den Polarkreisen. Dort gelingt es den Teilchen, in die Erdatmosphäre einzudringen. Es kommt zum Energieaustausch mit den Luftmolekülen.
Weit oberhalb der Wolkendecke, teilweise mehr als 400 Kilometer über uns, entsteht dann das charakteristische Farbspiel am Himmel: Sauerstoffatome leuchten je nach Höhe grün oder rot, Stickstoffatome violett oder blau.
Wo sieht man Polarlichter am häufigsten?
Am häufigsten lässt sich das Naturschauspiel jenseits des 60. Breitengrads beobachten. Auf der Nordhalbkugel gibt es etwa in Alaska, Grönland, Island, Kanada oder Skandinavien gute Chancen. In der südlichen Hemisphäre lohnen unter anderem die südlichen Zipfel Argentiniens, Australiens oder Neuseelands. Wer das ultimative Abenteuer sucht, reist direkt in die Antarktis.
Damit die Lichtershow über den Wolken überhaupt sichtbar wird, müssen die Polarnächte dunkel genug sein. Das ist im Sommer selten der Fall. Herbst und Winter sind deshalb die besten Jahreszeiten für Polarlichter. Im Norden spricht man dann von Nordlichtern oder Aurora borealis, im Süden heißen sie Südlichter oder Aurora australis.
Nordlichter in Deutschland
Wenn die Sonnenstürme besonders stark sind, tanzen Polarlichter manchmal auch über Zentraleuropa. Dann kann es sogar sein, dass Teile des deutschen Nachthimmels in bunten Farben erstrahlen. Das war zum Beispiel im Oktober 2024 der Fall.
Trotz aller wissenschaftlicher Erklärungen: Bis heute beflügeln Polarlichter die Phantasie der Menschen. Auch David Köster ist ihrem Zauber verfallen. Der Landschaftsfotograf ist Aurorajäger mit Leib und Seele. Seine erste Polarlichtnacht erlebte er vor mehr als zehn Jahren auf Island. Seitdem lässt ihn das mystische Leuchten nicht mehr los.
„Polarlichter sind wie Phänomene aus einer anderen Welt“, sagt David. „Diese Magie kann man schwer in Worte fassen, man muss sie selbst erlebt haben. Es gibt nichts Vergleichbares in der Landschaftsfotografie.“
Polarlichter fotografieren: Wo sie am schönsten sind
Immer wieder zieht es ihn zum Polarkreis, um das nächtliche Spektakel mit seiner Kamera einzufangen. Dabei überlässt er nichts dem Zufall. Akribisch bereitet er sich auf jede Fotosession vor. Auf diese Weise gelingt es ihm, die flüchtigen Himmelslichter in ihrer ganzen Pracht auf den Kamerasensor zu bannen. Man muss aber kein Profi sein, um gute Polarlicht-Fotos zu schießen. David verrät, worauf es ankommt.
Wo zum Beispiel sieht man die schönsten Polarlichter? „Vor allem Island hat sich als Hotspot etabliert“, weiß der Fotograf aus Halle an der Saale. Die Insel liegt weit nördlich, trotzdem herrscht dort ein vergleichsweise mildes Klima. Außerdem lässt sich die Destination von Deutschland aus leicht und schnell erreichen. „Und natürlich ist Island landschaftlich einfach umwerfend“, unterstreicht er.
Geisterhaft: Nordlichter über der Silfra-Schlucht in Island
Hotspots für Aurorajäger
Kein Wunder, dass er im Süden des Landes, an der Eislagune Jökulsárlón, sein bislang beeindruckendstes Polarlicht entdeckt hat.
Ähnliche Bedingungen fänden Polarlicht-Begeisterte auf den Lofoten, der verwunschenen Inselgruppe im Norden Norwegens.
Polarlichtsaison auf der Nordhalbkugel ist von September bis März, im Süden in der anderen Jahreshälfte.
Wer diese Basics berücksichtigt, hat bereits gute Erfolgsaussichten, Aurora mit eigenen Augen zu betrachten.
Mit ein paar Tipps und Tricks lässt sich die Trefferquote aber noch erheblich steigern.
Tipps und Tricks für faszinierende Polarlicht-Fotos
Ein wesentliches Kriterium ist die Aurora-Vorhersage vor Ort. Dazu gibt es den sogenannten KP-Index. Er misst die geomagnetische Aktivität auf einer Skala von 0 bis 9. Je höher der Wert, desto größer die Wahrscheinlichkeit von Polarlichtern. Schon ab KP 3 könne man auf Island sein Glück versuchen, sagt David. Informationen geben unter anderem die Wetterdienste vor Ort.
Ebenso wichtig ist die aktuelle Wetterlage. Die besten KP-Werte nützen nichts, wenn die Polarlichter von Wolken verdeckt sind. Gleiches gilt für Lichtverschmutzung. Davids Rat: Weit weg von Ortschaften fotografieren. Das hat auch den Vorteil, dass man einen freien Blick auf Landschaft und Himmel hat. Am besten, man lernt den passenden Standort schon tagsüber genau kennen.
Auch der Mond entscheidet über ein gelungenes Polarlicht-Foto. Die Nacht sollte möglichst dunkel sein und der Mond das Polarlicht nicht überstrahlen. David schwört auf eine frühe Phase des zunehmenden Monds oder eine späte Phase des abnehmenden Monds. Die besten Fotos gelingen dann kurz nach Mondaufgang oder kurz vor Monduntergang. Online-Tools und Foto-Apps erleichtern die Planung.
Gut vorbereitet: Die passende Ausrüstung
Sind alle Vorbereitungen getroffen, stehen den eigenen Aufnahmen hoffentlich nichts mehr entgegen. Das Kameramodell gerät dabei fast schon zur Nebensache. David empfiehlt neuere Spiegelreflexkameras oder moderne spiegellose Kameras, mit denen er inzwischen selbst bevorzugt arbeitet. Entscheidend sei, dass man die vier wichtigsten Einstellungen manuell vornehmen kann: Blende, Belichtungszeit, ISO-Zahl und Brennweite. David spricht hierbei vom magischen Fotoviereck. Trotz immer besserer Qualität eigne sich das Smartphone deshalb nur bedingt für die Polarlicht-Fotografie.
Für eine optimale Bilddaten-Qualität sollte die Kamera unbedingt Aufnahmen im RAW-Dateiformat zulassen. Ebenso wichtig ist ein möglichst lichtstarkes Objektiv – am besten mit Weitwinkel und mit einer Anfangsblendenöffnung von f/2,8 oder darunter. „Wer richtig gute Landschaftsfotos machen will, kommt an einer Kamera mit manuellen Einstellmöglichkeiten und austauschbarem Objektiv nicht vorbei“, betont David. „Die nötige Flexibilität, wenn man aktiv fotografiert, hat man beim Smartphone einfach nicht.“
Stativ und Funk- oder Selbstauslöser sind wegen der längeren nächtlichen Belichtungszeiten ein absolutes Muss. Ein wichtiges Detail am Rande: Reserve-Akkus trägt man am besten eng am Körper. „Bei der klirrenden Kälte entladen sie sich schnell“, weiß er.
Im Fokus: Die richtigen Einstellungen
Ein letzter Check, dann heißt es endlich: Rein in die warmen Klamotten und raus in die kalte Polarnacht. Jetzt zählt die richtige Kameraeinstellung. Für David ist die Belichtung die schwierigste Aufgabe bei der Polarlicht-Fotografie. Pauschale Empfehlungen gebe es nicht. Damit aber viel Licht auf den Sensor fällt, sollte die Blende so weit wie möglich aufgerissen werden. Das verkürzt die Belichtungszeit.
„Zu lange Belichtungen sind kritisch“, erklärt der Fotograf. Ab acht Sekunden drohe die Bewegung der tanzenden Polarlichter zu verschwimmen, ab 30 Sekunden würden auch die Sterne nicht mehr punktförmig abgebildet.
Um die Belichtungszeit zu minimieren, erhöht David im Zweifel die Lichtempfindlichkeit des Sensors über die ISO-Einstellung. Die meisten Polarlichter hat er zwischen ISO 800 und 3.200 fotografiert. Scheint der Mond, könnte die Belichtungszeit beispielsweise zwischen zwei und 15 Sekunden bei Blende 2,8 und ISO 800 liegen.
Das lichtstarke Objektiv sorgt für die nötige Schärfentiefe. Und damit wirklich alles scharf ist: Autofokus abstellen und manuell fokussieren. Klar dürfte auch sein: Der Blitz bleibt aus. Er funktioniert nur im Nahbereich.
Der Bildaufbau entscheidet
Nach den Kameraeinstellungen folgt der kreative Prozess. Vorbereitung, Equipment und Setup bringen herzlich wenig, wenn das Polarlicht nicht überlegt in Szene gesetzt wird. Doch mit dem nötigen Grundwissen ist die Bildkomposition kein Hexenwerk. So ist es sinnvoll, dass Polarlicht-Bild in drei Ebenen zu unterteilen: einen vorderen Teil, eine Mittelebene und einen Hintergrund.
Wer außerdem die bewährten Regeln für eine harmonische Bildkomposition befolgt, ist auf dem richtigen Weg. Neben den gängigen Grundregeln wie Goldener Schnitt, Drittel-Regel oder Dreieckskomposition bietet es sich an, das Bild in drei Ebenen zu unterteilen. Ein attraktiver Vordergrund: Natürliche Oberflächen wie Schnee oder Wasser, in denen sich das Polarlicht spiegelt
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Tricks zur Bildgestaltung: Linien leiten das Auge des Betrachters. Framing, also Bildumrahmung durch Felsen, Äste oder andere Gegenstände, verleihen Struktur. Kontraste von Farben und Formen sorgen für Dreidimensionalität.
Damit die Größenverhältnisse richtig zur Geltung kommen, baut David gern ein sogenanntes Referenzobjekt ins Bild ein – ein Motiv, dessen Dimensionen jeder Betrachter kennt. Das kann ein Haus sein, ein Zelt oder einfach ein Mensch. Und zu guter Letzt steht und fällt jede gelungene Landschaftsaufnahme buchstäblich mit einer geraden Ausrichtung des Horizonts.
Dieses Bild machte David auf Grönland, einem Hotspot für Aurora-Jäger.
Feinschliff im digitalen Labor
Sind die Bilder im Kasten, geht es ins digitale Labor. Für die Bildbearbeitung am Computer empfiehlt David, im RAW-Dateiformat zu fotografieren. Dabei werden die Kamerarohdaten praktisch unbearbeitet auf der Speicherkarte abgelegt – im Gegensatz zu den bereits automatisch vorbearbeiteten und stark komprimierten JPG-Dateien. Fotos im RAW-Format müssen also zunächst mit einer Bildbearbeitungssoftware „entwickelt“ werden.
Dafür liefern sie eine kompromisslose Qualität. Denn man behält die volle Kontrolle über das Foto. Weil sämtliche Bildinformationen vorliegen, kann man zum Beispiel dunkle Bildbereiche oder Spitzlichter gut korrigieren. Auch das lästige Bildrauschen durch hohe ISO-Werte lässt sich so beheben.
„So viel Bildbearbeitung wie nötig, so wenig wie möglich“, lautet Davids Leitsatz. Klar ist: Das Ausgangsmaterial muss stimmen. Ein schlechtes Foto nachträglich aufhübschen – das sollte nicht der Anspruch sein. Doch wer die Tipps des Aurora-Jägers aus Halle beherzigt, dem oder der werden mit etwas Übung und Ausdauer ohnehin atemberaubende Aufnahmen gelingen.
Noch mehr Tipps zum Thema Polarlichter fotografieren findet ihr auf Davids Internetseite rund um die Landschaftsfotografie.